Sparkassen:Dieser Blick in den Maklervertrag kann sich so richtig lohnen

Sparkassen: Der BGH hat bestimmte Makler-Formulare für ungültig erklärt, betroffene Kunden können sich Zehntausende Euro zurückholen.

Der BGH hat bestimmte Makler-Formulare für ungültig erklärt, betroffene Kunden können sich Zehntausende Euro zurückholen.

(Foto: Hans Blossey/Imago)

Der BGH verwirft Verträge, mit denen die Makler der Sparkassen bis vor Kurzem noch gearbeitet haben. Die Käufer können sich nun viel Geld zurückholen - und die Immobilie dennoch behalten.

Von Stephan Radomsky

Der Preis im Inserat ist nur der Anfang. Wer ein Haus oder eine Wohnung kauft, für den werden auch noch Grunderwerbsteuer, Notar- und Grundbuchkosten fällig - und ziemlich oft will auch ein Makler bezahlt werden. Dessen Provision richtet sich in der Regel nach dem vereinbarten Kaufpreis, oft kommt dann noch einmal Zehntausende Euro obendrauf. Geld, das sich etliche Immobilienkäufer derzeit aber zurückholen können, zumindest wenn sie vor kürzerer Zeit eine Immobilie über die Sparkasse gekauft haben. Und wenn sie sich beeilen.

Denn zumindest in Bayern waren die Widerrufsbelehrungen, die von der Makler-Tochter der Sparkassen an die Kunden ausgereicht wurden, ungültig. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) bereits im vergangenen Dezember entschieden (Az. I ZR 28/22), das Urteil ist aber erst kürzlich bekannt geworden und bisher weitgehend unbeachtet geblieben. Zum Schaden wohl etlicher Kunden: Denn wenn die Widerrufsbelehrung fehlerhaft ist, kann der Maklervertrag nicht nur 14 Tage lang widerrufen werden, sondern ein Jahr und 14 Tage. In dieser Frist können betroffene Käufer die gezahlte Provision zurückverlangen - auch dann, wenn sie tatsächlich ein Haus oder eine Wohnung gekauft haben.

Der BGH hatte im Fall eines Paares aus Erlangen entschieden, das sich für eine Eigentumswohnung hatte vormerken lassen. Zusammen mit dem Exposé schickte der Makler auch gleich die verpflichtende Widerrufsbelehrung. Darin war aber nicht nur eine Adresse genannt, an die ein möglicher Widerruf gerichtet werden sollte, sondern gleich zwei: die der Sparkasse oder die der Makler-Tochter. Derart "widersprüchliche Angaben" erfüllten die gesetzlichen Vorgaben nicht, entschied der BGH, es fehle an "der gebotenen Klarheit". So sei für Verbraucher nicht genau erkennbar, mit wem sie überhaupt den Vertrag haben und damit auch, wann die Widerrufsfrist genau beginnt. Die Belehrung sei daher "insgesamt unklar" und damit unwirksam.

Der Vertrag darf nicht im Maklerbüro geschlossen worden sein

Welche und wie viele der zahlreichen Immobilien-Töchter der deutschen Sparkassen genau die fehlerhaften Formulierungen genutzt haben, ist unklar. Der BGH hatte in seinem Urteil lediglich ein Formular der Sparkassen-Immobilien-Vermittlungs-GmbH aus München geprüft. Vom Deutschen Sparkassen- und Giroverband (DSGV), der bundesweiten Dachorganisation der Sparkassen und Landesbanken, heißt es dazu auf Anfrage, es gebe "keinen zentralen Überblick über die verwendeten Vertragsformulare".

Damit Immobilienkäufer von der BGH-Entscheidung profitieren, muss der Maklervertrag außerhalb der Geschäftsräume geschlossen worden sein: also entweder, wie im Fall vor dem BGH, per Internet oder Telefon oder beispielsweise vor Ort im Kaufobjekt. Sowohl beim DSGV als auch vom Sparkassenverband Bayern heißt es, wie viele Verträge genau von der Panne im Formular betroffen sind, könne man nicht genau sagen. Allerdings dürfte es sich demnach lediglich "um Einzelfälle" handeln.

"Einzelfall" könnte allerdings ein dehnbarer Begriff sein: Marktbeobachter gehen davon aus, dass die verschiedenen Sparkassen-Töchter und Landesbausparkassen zusammengenommen mit weitem Abstand die größten Immobilienmakler im Land sind. Allein in Bayern vermittelte beispielsweise die Sparkassen-Immobilien-Vermittlungs-GmbH, von der die verworfene Widerrufsbelehrung stammte, vergangenes Jahr nach eigenen Angaben Häuser und Wohnungen für fast drei Milliarden Euro.

Der Anwalt mahnt zur Eile - jeden Tag verfallen Ansprüche

"Mit jedem Tag verlieren potenziell Hunderte Verbraucher ihr Widerrufsrecht, weil die Zeit abläuft", sagt dagegen der Münchner Anwalt Florian Pahl, der sich auf Immobilien- und Maklerrecht spezialisiert hat. Genaue Zahlen hat er zwar nicht, er vermutet aber, dass sie hoch sein könnten. Er rät deshalb zum prüfenden Blick in die eigenen Unterlagen - und zur Eile. Denn die Kunden können nur Verträge widerrufen, die vor maximal einem Jahr und zwei Wochen geschlossen wurden. Danach haben Käufer keine Chance mehr. Aktuell können also nur noch Verträge widerrufen werden, die seit Mitte April vorigen Jahres geschlossen wurden. Und nachdem der BGH sein Urteil am 1. Dezember gefällt hatte, wurden die verworfenen Passagen nach Auskunft der Sparkassen umgehend angepasst.

Den Kunden rät Pahl zu Selbstbewusstsein. Zwar sei der konkrete Fall noch einmal zurückverwiesen worden. Eigentlich aber gebe es am Urteil wenig zu deuteln: "Der BGH lässt den Sparkassen mit seiner Entscheidung sehr wenig Spielraum, die Sache ist eigentlich klar." Wer in seinen Unterlagen ebenfalls die falschen Angaben findet, sollte deshalb umgehend eine Rückerstattung einfordern und sich nicht hinhalten lassen: Wenn das Geld nicht innerhalb von zwei Wochen da sei, müssten Kunden "auch keine Scheu vor einem Rechtsstreit haben", sagt Pahl.

Welche Leistungen Makler genau in Rechnung stellen dürfen und wie, beschäftigt die Gerichte immer wieder. Und oft geht es zugunsten der Kunden aus. In der vergangenen Woche hatte beispielsweise derselbe BGH-Senat entschieden, dass Makler auch keine Gebühr verlangen dürfen, wenn sie einem Interessenten zusagen, ihm ein Objekt für eine gewisse Zeit zu reservieren (Az. I ZR 113/22). Wer dafür Geld gezahlt hat, darf die Summe nun ebenfalls zurückverlangen. So ein Haus zu kaufen, ist schließlich schon teuer genug.

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