WohnungsbauMilliarden für die Regierung – steigende Zinsen für Häuslebauer

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Der Wohnungsbau steckt in der Krise, und jetzt steigen auch die Darlehenszinsen wieder.
Der Wohnungsbau steckt in der Krise, und jetzt steigen auch die Darlehenszinsen wieder. (Foto: Monika Skolimowska/dpa)

Union und SPD wollen im großen Stil neue Schulden aufnehmen: für die Bundeswehr, für die Infrastruktur, für Steuerentlastungen. Noch ist nichts beschlossen, aber die Nebenwirkungen bekommen Immobilienkäufer schon zu spüren.

Von Stephan Radomsky

Geld spielt, möchte man glauben, keine Rolle. Jedenfalls nicht in Berlin. Dort werden zwischen Union und SPD gerade kaum vorstellbare Summen durch die Verhandlungsräume geworfen: 500 Milliarden Euro sollen allein in ein Sondervermögen für die Infrastruktur und andere Projekte fließen, außerdem sollen Ausgaben fürs Militär weitgehend von der Schuldenbremse ausgenommen werden. Die Kosten könnten sich mittelfristig bis auf eine Billion Euro summieren, schätzen Ökonomen. Das ist eine Eins gefolgt von zwölf Nullen. Oder anders: mehr als dreimal Elon Musk.

Fragt sich: Wurde also unter dem Kanzleramt Öl gefunden? Oder verläuft knapp unterhalb des Reichstags eine bisher unentdeckte Goldader? Nein, das Geld muss sich der nächste Finanzminister am Finanzmarkt besorgen, in Form neuer Schulden. Der Preis dafür: steigende Zinsen – und zwar nicht nur für den Staat, sondern auch für Wohnungskäufer und Häuslebauer, und das nicht erst später, sondern schon jetzt.

So haben die Zinsen für Immobiliendarlehen schon in den vergangenen Tagen einen regelrechten Sprung nach oben gemacht, wie eine Auswertung der Analysten von Barkow Consulting zeigt: 3,69 Prozent mussten Kunden demnach für Baugeld mit einer zehnjährigen Zinsbindung zahlen, das ist ein Drittel Prozentpunkt mehr als noch in der Vorwoche. Im Dezember hatte der durchschnittliche Zinssatz den Daten zufolge sogar nur knapp über drei Prozent gelegen. Nun aber werde der höchste Stand seit sieben Monaten markiert – und der stärkste Anstieg binnen einer Woche seit der globalen Finanzkrise vor 18 Jahren.

Der Kreditvermittler Interhyp kommt in seiner eigenen Auswertung zwar auf geringfügig niedrigere Durchschnittszinsen, der Trend aber ist auch hier klar: tendenziell aufwärts. Die Kosten für Darlehen würden „nach oben gehen“, im weiteren Jahresverlauf wohl bis an die Vier-Prozent-Marke heran. Das Zinsumfeld bleibe weiterhin volatil.

Dabei hatte die Europäische Zentralbank doch erst in der vergangenen Woche ihren Leitzins erneut gesenkt, auf nunmehr 2,5 Prozent. Und beschlossen ist in Berlin noch nichts, weder die neuen Schulden noch die neue Koalition. Warum also verlangen die Banken schon jetzt mehr?

Entscheidend ist, was die Bundesanleihen machen

Weil die Börse bereits vorwegnimmt, womit die meisten Beobachter für die kommenden Wochen rechnen: nämlich dass, erstens, Friedrich Merz (CDU) als Kanzler einer schwarz-roten Regierung übernimmt, die dann, zweitens, auch über enorme schuldenfinanzierte Mittel verfügt. In dieser Erwartung stieg die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe seit Anfang März von knapp 2,4 auf zuletzt gut 2,8 Prozent. Das mag nach wenig klingen, ist es aber nicht: Solche Ausschläge in so kurzer Zeit gab es zuletzt nach dem Fall der Berliner Mauer und der Wiedereinigung Deutschlands.

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Und gerade Immobiliendarlehen orientierten sich hauptsächlich an den langfristigen Renditen der deutschen Schuldentitel und weniger an den kurzfristigen Vorgaben der EZB. Denn vor allem die Bundesanleihen bestimmen die Konditionen, zu denen sich die Banken Geld am Finanzmarkt besorgen können. Nun sei der jüngste Ruck zwar vielleicht „ein Stück weit übertrieben“ gewesen, sagt Steffen Sebastian, der an der Uni Regensburg als Professor für Immobilienfinanzierung lehrt. Die Ausgangslage aber bleibe: In ganz Europa werde mit einem höheren Finanzbedarf der Staaten gerechnet, was wiederum die Erwartung einer höheren Inflation schüre und die Renditen tendenziell steigen lasse. Hinzu komme außerdem noch die wirtschaftliche Unsicherheit, die von der US-Regierung unter Donald Trump ausgehe.

Bleibt die Frage, was das für die Kaufpreise bedeutet. Als die Zinsen ab Mitte 2022 in kurzer Zeit steil anstiegen, war der größte Preisverfall seit Jahrzehnten die Folge am deutschen Immobilienmarkt. Zuletzt aber hatte sich der Markt wieder stabilisiert, auch weil die Zinsen auf Immobilienkredite im vergangenen Jahr tendenziell wieder fielen. Ende 2024 waren Häuser und Wohnungen dann sogar wieder teurer als im Vorjahr, wie die jüngsten Zahlen zeigten.

Könnten nun die Preise erneut im großen Stil nachgeben, wenn die Zinsen anziehen? Ökonom Sebastian ist da eher skeptisch. Neubauten würden höchstwahrscheinlich nicht billiger, „da ist keine Luft drin“. Zumal der Bund mit den geliehenen Milliarden ja nicht nur Straßen und Brücken bauen will, sondern auch Kitas, Schulen oder Krankenhäuser. Menschen, Maschinen und Material blieben damit knapp, „das hat Auswirkungen auf die Preise“, so Sebastian.

Die Preise für Häuser und Wohnungen im Bestand könnten dagegen vielleicht unter Druck geraten und sinken, sicher sei aber auch das nicht. Schon jetzt klagen gerade die Ballungsräume über fehlenden Wohnraum für die wachsende Bevölkerung, zugleich fiel die Zahl der neuen Baugenehmigungen zuletzt aber auf den niedrigsten Stand seit 2010. Offen, welcher Trend am Ende stärker ist: die steigenden Kosten für die Finanzierung oder die wachsende Not am Wohnungsmarkt. Er jedenfalls, sagt Steffen Sebastian, „würde nicht auf fallende Preise setzen, sondern auf steigende Zinsen“. Wer schon ein Objekt im Auge habe, solle deshalb besser jetzt kaufen, als abzuwarten.

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