Frankfurt/Main (dpa) - Angesichts kräftig gestiegener Zinsen und Baupreise schlägt das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) ein Bündel von Maßnahmen für Kostensenkungen im Wohnungsbau vor. Wegen der schwierigen Lage am Bau sei es wichtig, die Rahmenbedingungen zu verbessern, heißt es in einem neuen IW-Gutachten. „Es drohen Insolvenzen bei Projektentwicklern und Bauwirtschaft, die die Kapazitäten dauerhaft reduzieren könnten“, warnen die Autoren. Viele Einsparungen seien möglich, wenn es in Politik, Verwaltung und Wirtschaft einen Konsens über die Bedeutung des Wohnungsbaus gebe.
Um die Einflussfaktoren auf Neubaupreise zu schätzen, hat das IW etwa 210.000 Kauf- und 365.000 Mietangebote von Neubauwohnungen mit zwei bis fünf Zimmern analysiert. Sie wurden zwischen Januar 2018 und Ende Juli 2023 inseriert. Neben den Preisen nahm das IW Daten zu Ausstattung, Qualität und Lage unter die Lupe. Die Autoren betrieben keine Kostenanalyse, sondern untersuchten, welche Preisaufschläge und -abschläge mit verschiedenen Wohnungsmerkmalen verbunden waren.
Keine teure Ausstattung, Verzicht auf Tiefgaragen
Konkret sieht das IW Chancen für Kosteneinsparungen bei der Ausstattung. Für einfache Ausstattungen im Vergleich zur üblichen hochwertigen Ausstattung gab es in den Inseraten Preisabschläge von etwa 7,5 Prozent bei Mietangeboten und bis zu 15 Prozent bei Kaufinseraten. Das biete viel Potenzial, „zumal einfache Ausstattungen im Neubau die typischen Standards im Bestand oft weit übertreffen“. Der Verzicht auf Tiefgaragen sei zudem konservativ geschätzt mit Preisabschlägen von 4 bis 9 Prozent verbunden, der Verzicht auf einen Keller wirke sich mit bis zu 2,5 Prozent aus.
Auch könnten kleinere Wohnungen die Neubaukosten senken, schreiben die IW-Autoren Michael Voigtländer und Christian Oberst. „Kleinere Wohnungen sind zwar mit höheren Quadratmeterpreisen verbunden, führen jedoch absolut zu deutlich geringeren Preisen je Wohneinheit.“ Eine andere Option könnten Wohnungen sein, die sich für Wohngemeinschaften eigneten - für junge Menschen in Studium und Ausbildung, aber auch für Senioren, so das IW. Generell biete der Verzicht auf Fläche den größten Hebel für geringere Kauf- und Mietpreise.
Kostenhebel Grunderwerbsteuer
Auch die öffentliche Hand könne etwas tun, so das IW. „Ein Absenken der Baulandpreise beziehungsweise die günstigere Abgabe öffentlicher Flächen um 10 Prozent ist mit einem Preisabschlag von knapp 2 Prozent bei Kaufangeboten insgesamt verbunden“, heißt es im Gutachten. In den Städten sowie bei Mieten betrage der Effekt aber nur etwa 1 Prozent.
Ein weiterer Hebel seien Steuererleichterungen. „Eine Aussetzung der Grunderwerbsteuer für Neubauten wäre mit EU-Recht vereinbar und angemessen, um den Wohnungsneubau zu stärken.“ Dies würde je nach Bundesland die Kosten um bis zu 6,5 Prozent reduzieren. Die Grunderwerbsteuer wird von den Bundesländern erhoben, die damit Milliarden einnehmen - der Anreiz für eine Senkung ist daher gering.
Der Wohnungsbau in Deutschland stockt seit längerem. Das Ifo-Institut schätzt, dass 2024 lediglich 225.000 Wohnungen fertig gestellt werden nach geschätzt 270.000 im vergangenen Jahr. Bis 2025 könnte die Zahl der jährlichen Fertigstellungen noch weiter auf 200.000 Wohnungen fallen, glaubt die DZ Bank. Das wäre nur halb so viel, wie sich die Ampel-Koalition vorgenommen hatte. Bauministerin Klara Geywitz (SPD) gab sich zuletzt optimistisch. Der Wohnungsmarkt werde sich wohl Ende 2024, Anfang 2025 aufhellen, sagte sie.
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