Immobilienmarkt:Niedrige Zinsen und niedrige Kaufpreise – das gibt es selten

Lesezeit: 3 Min.

Seit Anfang des Jahres steigen die Kaufpreise für Immobilien wieder leicht an. (Foto: Peter Kneffel/dpa)

Wer eine Immobilie sucht, hat derzeit einige Vorteile. Das spüren auch potenzielle Käufer, zeigt eine Studie. Auf noch niedrigere Preise sollten sie aber wohl nicht hoffen.

Von Lisa Nguyen, München

Es ist eine Wende, die man vor einiger Zeit nicht erwartet hätte: Die Deutschen gehen den Hauskauf optimistischer an als in den vergangenen Jahren. Das hat die sogenannte Leistbarkeitsstudie des Baukreditvermittlers Interhyp ergeben. Auf die Frage, wie gut man sich eine Immobilie in seiner Region leisten kann, sagte mehr als die Hälfte der Befragten „mittel“ oder „leicht“. Ein Zuwachs von neun Prozentpunkten im Vergleich zum Vorjahr.

Dabei gab es in vergangener Zeit allen Grund, verunsichert zu sein. Nach der Zinswende 2022 fielen zwar die Immobilienpreise, zeitgleich stiegen aber Zinsen, Inflationsrate und Baukosten stark an. Diese Stimmung hat sich auch auf die Leistbarkeitsstudie 2023 niedergeschlagen: Damals hat noch jeder zweite Befragte den Markt als „überdreht oder überhitzt“ bezeichnet. In diesem Jahr war es nur jeder dritte.

Es ist das dritte Mal, dass die Interhyp eine solche Studie ausgeführt hat, befragt wurden mehr als 1000 Menschen im Mai dieses Jahres. Die Gruppe bildet demnach repräsentativ die deutsche Bevölkerung zwischen 25 und 65 Jahren ab, die in den vergangenen fünf Jahren eine Immobilie gekauft haben, derzeit auf der Suche sind und in den nächsten zwei Jahren kaufen wollen oder dieses Unterfangen in den vergangenen ein bis zwei Jahren versucht haben.

„Selten so attraktiv wie aktuell“

Die Zinsen sind zwar immer noch höher als vor 2022, aber deutlich niedriger als im vergangenen Jahr. Ein glücklicher Zeitpunkt, meint Interhyp-Vorstandschef Jörg Utecht: „Seit der Zinswende war der Immobilienmarkt selten so attraktiv wie aktuell.“ Dafür gibt es seiner Ansicht nach vor allem zwei Gründe. Zum einen liegt der Zins für ein zehnjähriges Darlehen derzeit bei 3,69 Prozent, im vergangenen Herbst befand er sich noch bei 4,23 Prozent. Das macht auch bei der Zinszahlung einen Unterschied: Wer 2024 ein Darlehen von 320 000 Euro aufgenommen hat – und nicht etwa im Vorjahr – spart jährlich ungefähr 1600 Euro.

Auch die Immobilienpreise sind vergleichsweise niedrig geblieben. In Großstädten ist der Kaufpreis um 5,8 Prozent niedriger als zu Höchstwerten im Frühjahr 2022. Doch die Käufer sollten aber nicht auf weiter fallende Preise hoffen, sagt Utecht. Seit Jahresbeginn ist der Immobilienpreis um zwei Prozent gestiegen. Während im ersten Quartal 2024 der durchschnittliche Kaufpreis inklusive Nebenkosten bei 449 000 Euro lag, hat eine vergleichbare Immobilie im zweiten Quartal 456 000 Euro gekostet.

Obwohl sich höhere Kaufpreise andeuten, wollen Kaufinteressenten allerdings nicht sofort zugreifen. Demnach wartet jeder vierte potenzielle Käufer auf einen Glückstreffer. „Doch die Chance auf einen Glückstreffer sollte man auch ein Stück weit durch eigenes Zutun erhöhen“, sagt Utecht. Dazu gehört auch eine Analyse der eigenen Finanzen. Nur 34 Prozent der Befragten haben sich professionell beraten lassen. Deutlich zu wenige Menschen, findet Utecht.

Mehr Verhandlungsspielraum bei Bestandsimmobilien

Er empfiehlt zudem, sich nicht von unsanierten Bestandsimmobilien zurückzuschrecken. Ein solcher Kauf kommt nämlich für 53 Prozent der Befragten überhaupt nicht infrage. Unkalkulierbare Kosten und ein viel zu hoher Aufwand für die Instandhaltung werden dabei als Gründe genannt – trotz der vergleichsweise niedrigeren Preise.

Der Kauf eines älteren Hauses kann laut Utecht auch Vorteile mit sich bringen. Verkäufer dieser Immobilien seien in der Regel eher bereit zum Verhandeln. Doch bevor man ins Gespräch gehe, müsse man seine Finanzen geklärt und sich von einem Sanierungsexperten beraten lassen haben. „Das ist die Basis, um anschließend erfolgreich einen Preisabschlag zu erzielen“, sagt Utecht. Außerdem böten immer mehr Kreditinstitute Zinsrabatte an, wenn sich durch eine Modernisierung die Energieklasse verbessert.

Nicht alles ist aber rosig, das gibt Utecht zu: „Manche Herausforderungen, wie der nach wie vor viel zu schleppende Neubau, sind unverändert da“. Doch die Kombination aus niedrigen Zinsen und niedrigen Kaufpreisen habe er „selten gesehen“. Und seiner Prognose nach werden sich die Zinsen für zehnjährige Immobilienkredite in der kommenden Zeit zwischen 3,5 und vier Prozent bewegen. Wer also über einen Kauf nachdenkt, soll Utecht zufolge nicht zu lange zögern: „Es ist ein günstiges Zeitfenster, mit dem man arbeiten kann.“

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusSAP-Chef im Interview
:„Wenn alle sich gegenseitig auf die Schulter klopfen, bringt das niemanden weiter“

Nur noch Lob vom Chef, Home-Office und gleiches Gehalt für alle? Nicht mit Christian Klein. Der SAP-Chef erklärt, worauf es ihm jetzt ankommt: mehr Leistung, mehr Selbstkritik und mehr Präsenz im Büro.

Interview von Tobias Bug, Alexander Mühlauer

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: