Die Bundesregierung will die Vorgaben verschärfen, die Banken zu beachten haben, wenn sie Kredite zum Neubau oder zur Renovierung von Wohnimmobilien vergeben. Die restriktiven neuen Regeln sollen unmittelbar angewendet werden, wenn auf dem deutschen Immobilienmarkt eine Blase droht. Dass ist der Fall, wenn deutlich zu hohe Preise für Immobiliengezahlt werden oder immer mehr Kreditnehmer ihre Kredite nicht bedienen können.
Aus der Bundesregierung verlautete am Montagabend, die Bürger sollten weiter Zugang zu Krediten haben. Mit den restriktiven Auflagen solle aber verhindert werden, dass im Krisenfall die Finanzstabilität gefährdet werde, also Kredite nicht mehr bedient und damit Banken ins Rutschen kommen könnten.
Der Gesetzentwurf aus dem Bundesfinanzministerium sieht im wesentlichen vier Einschränkungen vor, die im Krisenfall gelten sollen. Danach darf die Finanzaufsicht festlegen, welcher Betrag beim Kauf einer Immobilie maximal fremdfinanziert werden darf, was prinzipiell auf eine Vorschrift über die Höhe des Eigenkapitals hinausläuft. Diese Obergrenze soll überregional gelten, die Unterschiede in der Finanzierung von Immobilien auf dem Land und in der Stadt werden nicht berücksichtigt. Statistiken zufolge finanzieren Städter ihre Immobilien meist mit einem höheren Kreditanteil, den sie wegen höherer Einkommen sicher abbezahlen können. Auf dem Land dagegen finanzieren die Bürger mit einem höheren Anteil an Eigenkapital.
Weiterhin sieht der Gesetzentwurf vor, Tilgungsfristen festzulegen. Die Banken können ihren Kunden vorgeben, in welchem Zeitraum sie einen Kredit tilgen sollen. Die Vorschrift soll nur für Neuverträge gelten, nicht für bereits abgeschlossene Kreditverträge.
Neu ist auch, dass Kreditnehmer nachweisen müssen, dass sie fähig sind, ihre Schulden aufgrund ihres Einkommens tragen zu können. Die "Fähigkeit zum Schuldendienst" muss über eine Untergrenze des Einkommens nachgewiesen werden. Schließlich sollen im Krisenfall tilgungsfreie Kredite abgeschafft werden. Banken müssen statt dessen eine Mindestrückzahlung vereinbaren. Wie hoch Kredit-Obergrenzen, Tilgungsfristen oder Mindestrückzahlungen ausfallen, soll erst im Krisenfall über eine Verordnung festgelegt werden.
Das Gesetz soll schon im kommenden Frühsommer verabschiedet werden
Um die Kreditvergabe nicht zu sehr einzuschränken, sind im Gesetzentwurf einige Ausnahmen vorgesehen. Es soll Bagatellgrenzen für Kleinkredite geben, damit die Banken nicht jeden noch so kleinen Kredit prüfen müssen und der bürokratische Aufwand in Grenzen gehalten werden kann. Ausgenommen werden auch die Darlehen zur Renovierung und zum Umbau von Wohnungen, ebenso wie Anschlussfinanzierungen für bestehende Wohnimmobilienkredite. Unberücksichtigt bleiben auch Kredite für den sozialen Wohnungsbau. Zusätzlich gibt es eine Ausnahmeklausel für Banken: Jedes Kreditinstitut soll in einem gewissen Umfang auch Kredite außerhalb dieser Krisen-Regeln vergeben können. Dazu ist ein spezielles Kredit-Kontingent geplant.
Das Bundesfinanzministerium hat den Gesetzentwurf an diesem Montag in die Ressortabstimmung gegeben. Er soll noch in dieser Legislaturperiode, also bis zum Frühsommer, verabschiedet werden. Zwar hat die Bundesregierung immer wieder betont, es gebe in Deutschland keine Anzeichen für eine Immobilienblase.
Dennoch habe sie beschlossen, den Empfehlungen des Ausschusses für Finanzstabilität zu folgen und Vorsorge zu treffen. Andere Staaten wie Irland, Großbritannien, die skandinavischen Länder oder die Niederlande haben planen ebenfalls vorsorgliche Kreditvorschriften - oder haben sie bereits erlassen. Dem Ausschuss für Finanzstabilität gehören Vertreter des Bundesfinanzministeriums, der Bundesbank und der Bafin an. Das Gremium ist eine Art Frühwarnsystem für Finanzkrisen. Es prüft turnusmäßig auch die Vergabe von Immobilienkrediten.