Immobilien:Das kenn ich doch!

Es gibt einen Markt für Häuser oder Wohnungen, die durch Filme oder Fernsehserien berühmt geworden sind. Doch nicht immer bringt so ein prominenter Auftritt auch eine Wertsteigerung mit sich.

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Wer zum wohl meistfotografierten Einfamilienhaus der Vereinigten Staaten gelangen will - nach dem Weißen Haus freilich, aber da streiten die Leute, ob das wirklich als Wohnhaus gelten darf -, wer also dorthin gelangen will, der muss von Los Angeles aus nach Norden fahren, auf dem Freeway 101, vorbei am Griffith Observatory (wo James Dean in " ... denn sie wissen nicht, was sie tun" mit einem Messer kämpft) und dem Hollywood-Zeichen. Ausfahrt 12B, drei Mal rechts abbiegen, über das trockene Aquädukt des Los Angeles River (durch das Arnold Schwarzenegger in "Terminator 2" mit einem Truck rast), dann ist auf der rechten Seite dieses Anwesen mit der Adresse 11222 Dilling St, North Hollywood, zu sehen.

Es ist das Haus aus der TV-Serie "The Brady Bunch", und die Aufregung ist deshalb so groß, weil die Besucher zum ersten Mal seit Jahrzehnten nicht nur Fotos von der Straße aus machen dürfen, was laut Makler Ernie Carswell auch mehr als 40 Jahre nach der letzten Folge der Serie noch immer etwa 50 Leute pro Tag tun. Sie dürfen nun hinein, weil das Haus zum Verkauf steht. "Wir werden keinen Tag der offenen Tür veranstalten, das würde im Chaos enden", sagt Carswell, der einen Kaufpreis von 1,885 Millionen Dollar ausgerufen hat, 500 000 Dollar mehr als vergleichbare Immobilien in dieser Gegend: "Wir erwarten mehr als 500 Anrufe pro Tag und wir werden sicherlich nicht das erste Angebot annehmen."

"As Seen on TV", so werden in den USA gemeinhin Produkte feilgeboten, die zuvor im Fernsehen beworben worden sind. Seit einigen Jahren gibt es einen Markt für Häuser, die in Filmen und Serien zu sehen waren, sie gelten mittlerweile als mindestens so beliebt wie die Residenzen der Reichen und Schönen - zumal gerade die im TV gezeigten Häuser der Stars oftmals gar nicht die Häuser der Stars sind. Das Anwesen zum Beispiel, das in der Reality-Show "Keeping Up With The Kardashians" (KUWTK) zu sehen ist, liegt mehr als 30 Kilometer von der tatsächlichen Villa der Familie entfernt, und als der Rapper Kanye West kürzlich ein paar Fotos vom Interieur auf Twitter veröffentlichte, da beschwerte sich seine Ehefrau Kim Kardashian: "Wir hatten verabredet, unser Zuhause nicht auf sozialen Medien zu zeigen. Können wir jetzt also auch KUWTK dort drehen?"

Immobilien: Das angeblich meist fotografierte Privathaus der USA: 11222 Dilling St, North Hollywood. Hier wohnte die Brady-Familie in der TV-Serie „The Brady Bunch“.

Das angeblich meist fotografierte Privathaus der USA: 11222 Dilling St, North Hollywood. Hier wohnte die Brady-Familie in der TV-Serie „The Brady Bunch“.

(Foto: Anthony Barcelo/Ernie Carswell & Partners/AP)

Es gibt einige Orte in Los Angeles, die aufgrund legendärer Filmszenen so berühmt sind wie die Darsteller. Auf der Aussichtsplattform im Griffith Observatory etwa steht eine Büste von James Dean, am Terminator-Aquädukt werden Motorradtouren angeboten, im Hotel Beverly Wilshire gibt es einen "Pretty-Woman"-Erlebnistag. Und es gibt eben auch diese Häuser, die für Fans zu Sehenswürdigkeiten geworden sind: das sogenannte Beverly House zum Beispiel, in dem Jackie und John F. Kennedy ihre Flitterwochen verbracht haben. Marlon Brando hat dort in "Der Pate" von diesem Angebot gesprochen, das der andere nicht würde ablehnen können. Vor zwei Jahren war es auf dem Markt, für 195 Millionen Dollar, verkauft wurde es nicht. Danach wurde es immer wieder zur Miete angeboten, derzeit für 600 000 Dollar pro Monat.

"Es gibt zwei Seiten der Medaille", sagt Joe Maddalena vom Auktionshaus Profiles in History, das auf Memorabilien von Prominenten und Devotionalien aus Filmen spezialisiert ist: "Es gibt einerseits den Coolness-Faktor, ein Stück Filmgeschichte zu besitzen - das Haus aus 'The Brady Bunch' gehört zu den bekanntesten Immobilien in diesem Land. Andererseits kauft man damit auch Aufmerksamkeit." Violet McCallister, Eigentümerin des Brady-Bunch-Hauses, sei recht gleichmütig mit den vielen Touristen umgegangen, ihre Kinder dagegen wollten das Haus nach dem Tod der Mutter lieber verkaufen.

Das Anwesen aus dem Film "Scarface" wollte niemand für 35 Millionen Dollar kaufen

Es kann sich lohnen, sein Eigenheim für einen Film, eine Serie oder auch nur der Werbeindustrie zur Verfügung zu stellen. Die Mindestmiete in Los Angeles liegt bei 1500 Dollar pro Drehtag, bei speziellen Anforderungen (im Film "2 Guns" etwa demolierte ein Hubschrauber die Vorderseite des Hauses) können es bis zu 40 000 Dollar werden, die Produktionsfirma bezahlt Reinigung, Reparatur und Renovierung. Danach sehen womöglich Millionen von Menschen dieses Haus, was sich auf den Wert auswirken kann.

Das umweltfreundliche Haus in der McKinley Avenue in Venice Beach zum Beispiel, bekannt aus der Serie "Californication", ist im vergangenen Jahr für 14,6 Millionen Dollar verkauft worden - so viel hat noch kein Einfamilienhaus in dieser Gegend gekostet. Gar nicht weit entfernt, in der 609 Venezia Avenue, gibt es den Apartmentkomplex aus dem Klassiker "The Big Lebowski" mit Jeff Bridges, in dem die Hauptfigur, der Dude (Bridges), eine Wohnung hat, mit einem Teppich, der sie erst richtig gemütlich macht. Vor ein paar Jahren kosteten die sechs Wohnungen in dem Komplex insgesamt knapp 2,3 Millionen Dollar, mittlerweile wird der Wert auf mehr als vier Millionen Dollar geschätzt.

The Beverly Wilshire Hotel

Ein Touristenmagnet ist auch das Beverly Wilshire Hotel in Los Angeles, bekannt aus dem Streifen „Pretty Woman“.

(Foto: oh)

"Ein Auftritt in einem Film bedeutet aber nicht automatisch eine Wertsteigerung", sagt der Makler Jesse Dougherty: "Neben den üblichen Faktoren wie Lage und Zustand ist auch wichtig, in welchen Produktionen das Anwesen zu sehen war." Das Anwesen aus dem ziemlich brutalen Film "Scarface" mit Al Pacino, das nicht - wie der Regisseur glauben ließ - in Florida, sondern zwei Autostunden nördlich von Los Angeles liegt, sollte vor drei Jahren mehr als 35 Millionen Dollar kosten und wurde schließlich für nur 12,3 Millionen Dollar verkauft. Und eine Villa im Tudorstil in den Arlington Heights, bekannt aus Serien wie "American Horror Story", "Buffy" und "Grey's Anatomy", wurde vor drei Jahren für 17 Millionen Dollar angeboten, Kaufpreis am Ende: 3,2 Millionen Dollar.

Das soll dem Brady-Bunch-Haus nicht passieren, auch wenn die Fans der Serie vom Interieur enttäuscht sein dürften. Es sieht überhaupt nicht so aus wie in "The Brady Bunch", was freilich auch daran liegt, dass sämtliche Szenen, die im Haus spielen, gar nicht dort, sondern im Studio gefilmt worden sind. "Es sieht aus wie eine Postkarte aus den 1970er-Jahren", sagt Makler Carswell. Mal sehen, ob das reicht, damit jemand fast 1,9 Millionen Dollar für dieses - zugegeben sehr schnucklige - Haus bezahlen will.

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