Häuserpreise:Bundesbank warnt vor Immobilienblase

Häuserpreise: Immer weniger Haushalte mit Durchschnittseinkommen können sich überhaupt noch ein eigenes Haus oder eine Eigentumswohnung leisten.

Immer weniger Haushalte mit Durchschnittseinkommen können sich überhaupt noch ein eigenes Haus oder eine Eigentumswohnung leisten.

(Foto: Marijan Murat/picture alliance/dpa)

Die Währungshüter halten Häuser und Wohnungen für zunehmend überteuert. Und die Kosten dürften weiter steigen.

Von Markus Zydra, Frankfurt

Der Preisanstieg am deutschen Immobilienmarkt ist nach Ansicht der Bundesbank stark übertrieben. In den Städten lagen die Wohnimmobilienpreise 2021 zwischen 15 und 40 Prozent über dem auf Basis von soziodemografischen und wirtschaftlichen Fundamentalfaktoren gerechtfertigten Niveau, teilte die deutsche Notenbank in ihrem am Montag veröffentlichten Monatsbericht mit. Die Überbewertungen bei Wohnimmobilien hätten damit im vergangenen Jahr sogar noch zugenommen. Als Grund nannten die Experten die weiterhin hohe Nachfrage und Lieferengpässe, die zu deutlich gestiegenen Materialkosten beim Wohnungsneubau geführt hätten. Die Währungshüter warnen schon länger vor einer Immobilienblase. Inzwischen steigen die Preise aber nicht mehr nur in den Ballungszentren, sondern auch in mittelgroßen Städten und deren Peripherien.

Auch in anderen EU-Staaten nehmen die Preise eine ungesunde Entwicklung. Der Europäische Ausschuss für Systemrisiken (ESRB) nannte in seinem aktuellen Bericht Österreich, Bulgarien, Kroatien, Ungarn und Deutschland und empfahl den zuständigen Aufsichtsbehörden, die lockere Kreditvergabe der Banken zu unterbinden - etwa dadurch, dass Häuslebauer mehr Eigenkapital für den Kredit beibringen müssen. Der nach der Finanzkrise 2011 gegründete ESRB analysiert, wie stabil das Finanzsystem ist und von welchen Sektoren Gefahren drohen. Die deutsche Finanzaufsicht Bafin hat angeordnet, dass Banken ihre Verlustpuffer bei Immobilienkrediten erhöhen müssen - allerdings gewährte die Aufsicht eine Umsetzungsfrist bis Februar 2023.

Die Banken haben in den vergangenen Jahren gerne und oft Immobilien finanziert. Infolge der wirtschaftlichen Unsicherheit steigen aber die Risiken, dass Kreditnehmer ihre Raten nicht mehr bezahlen können. Schließlich hat die Omikron-Welle die deutsche Wirtschaft nach Einschätzung der Bundesbank zu Jahresbeginn ausgebremst. "Im Winterquartal 2022 dürfte die deutsche Wirtschaftsleistung erneut spürbar zurückgehen", hieß es im Monatsbericht weiter. Dazu dürften neben den Einschränkungen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie auch Arbeitsausfälle aufgrund der Omikron-Variante beigetragen haben. Für das Frühjahr erwarten die Bundesbanker allerdings einen kräftigen Konjunkturaufschwung - "sofern das Pandemiegeschehen abebbt und die Lieferengpässe weiter nachlassen".

Die hohe Inflation könnte bald zu steigenden Zinsen führen

Die wirtschaftliche Unsicherheit ist das eine. Darüber hinaus wird die EZB wohl noch in diesem Jahr den Leitzins erhöhen. Hintergrund der Zinswende sind die steigenden Inflationsraten in der Euro-Zone. Zuletzt betrug die Teuerung 5,1 Prozent, der höchste Wert in der Geschichte der Währungsunion. Die EZB hat bislang gezögert, ihre Nullzins-Politik zu beenden, man glaubte, der Preisanstieg werde von selbst enden. Doch so kam es nicht.

Höhere Leitzinsen verteuern den Preis für Kredite in der Gesamtwirtschaft. Das gilt auch für den Immobilienmarkt: Finanzierungen könnten insgesamt teurer werden. Die Geldpolitik der EZB betrifft damit unmittelbar solche Kreditnehmer, die sich mit einem variablen Zins refinanziert haben. In Deutschland tut das zwar nur eine Minderheit - doch auch fest verzinste Darlehen laufen irgendwann aus. Wenn der Darlehensnehmer dann die verbleibende Restschuld deutlich teurer refinanzieren muss, ist die ursprüngliche Kalkulation schnell hinfällig. Einige Haushalte in Deutschland haben sich hoch - womöglich zu hoch - verschuldet, um sich den Traum von einem Eigenheim zu erfüllen. Die Banken müssen daher mit Ausfällen rechnen, weshalb die Aufsichtsbehörden nun höhere Verlustpuffer einfordern.

Die hohen Preise für Eigenheime haben zudem auch eine soziale Konsequenz. Immer weniger Haushalte mit Durchschnittseinkommen können sich überhaupt noch ein eigenes Haus oder eine Eigentumswohnung leisten, vor allem in den Großstädten. Und dieser Preiseffekt könnte sich weiter verstärken. Die Ampelkoalition will die Mindestanforderungen für die Energieeffizienz bei Neubau und Sanierung deutlich anheben. Das bedeutet zusätzliche Ausgaben - und das in einer Situation, in der das Bauen aufgrund von Lieferengpässen, Rohstoffknappheit und der erhöhten Nachfrage sowieso deutlich teurer geworden ist. So sind die Erzeugerpreise für einzelne Baustoffe wie Holz und Stahl laut Statistischem Bundesamt im Jahresdurchschnitt 2021 so stark gestiegen wie noch nie seit Beginn der Erhebung 1949: Konstruktionsvollholz verteuerte sich demnach beispielsweise um 77,3 Prozent, Dachlatten um 65,1 Prozent und Bauholz um 61,4 Prozent.

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