Immobilien - Berlin:Höchstmiete bei Neuvermietung in Berlin soll 9,80 Euro sein

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Berlin (dpa/bb) - Wenige Tage nach der Einigung der rot-rot-grünen Koalition in Berlin auf einen bundesweit einzigartigen Mietendeckel steht nun auch die angekündigte Tabelle mit Obergrenzen fest. Demnach sollen Wohnungen in der Hauptstadt bei der Wiedervermietung künftig maximal 9,80 Euro kalt je Quadratmeter kosten dürfen.

Abhängig ist das von Baujahr und Ausstattung der Wohnung, nicht jedoch ihrer Lage. Bei Modernisierungen für Klimaschutz oder Barrierefreiheit sollen Vermieter maximal einen Euro je Quadratmeter draufschlagen können. Aktuell werden freie Wohnungen laut Portal Immowelt in Berlin im Durchschnitt für 11,60 Euro angeboten. Zum Vergleich: In München werden demnach 18,60 und in Frankfurt/Main 14,20 Euro aufgerufen.

Basis für die Obergrenzen ist der Mietspiegel 2013 plus 13,5 Prozent, die die allgemeine Preisentwicklung seither abbilden sollen. Sie sollen auch für Bestandsmieten Bedeutung haben. Denn diese dürfen in Zukunft um nicht mehr als 20 Prozent über den Obergrenzen liegen. Andernfalls sollen Mieter eine Absenkung auf diese Schwelle fordern können.

An diesem Dienstag will der rot-rot-grüne Senat den Mietendeckel für 1,5 Millionen vor 2014 gebaute Wohnungen beschließen, um so die sich seit Jahren drehende Aufwärtsspirale bei Bestandsmieten wie bei der Wiedervermietung zu stoppen. Im Kern geht es darum, die Mieten für fünf Jahre einzufrieren. Hinzu kommen Obergrenzen bei Neuvermietung. Das Gesetz soll bis Anfang 2020 endgültig vom Abgeordnetenhaus beschlossen sein und rückwirkend ab 18. Juni 2019 gelten. Die Mietsenkungsregel soll neun Monate später kommen, also voraussichtlich Ende 2020. Die Immobilienwirtschaft läuft Sturm gegen die Pläne, der Mieterverein spricht von einer historischen Chance.

Hohe Mieten und Knappheit bei preiswerten Wohnungen sind in vielen deutschen Metropolen ein Problem. Gleichwohl setzen andere Bundesländer und Städte zunächst nicht darauf, ähnliche Wege wie Berlin zu gehen, wie eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur ergab.

"Enteignungen und Mietenstopp führen nicht zu mehr Wohnraum, sondern untergraben die Investitionsbereitschaft für den Mietwohnungsbau", sagte Hamburgs erster Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD). Es sei fraglich, ob die Länder hier überhaupt Gesetzgebungskompetenz hätten, hieß es aus dem Wirtschaftsministerium Baden-Württembergs in Stuttgart. Auch Bayerns Landesregierung lehnt einen Mietendeckel ab. Allerdings läuft im Freistaat seit kurzem eine Unterschriftensammlung für ein Volksbegehren. Ziel ist, die Mieten in 162 bayerischen Städten und Gemeinden für sechs Jahre einzufrieren.

Nach Einschätzung von Städtetagspräsident Burkhard Jung können andere Großstädte das Berliner Vorgehen nicht einfach kopieren. "Die Städte könnten diesen Weg ohne die Länder gar nicht gehen. Ich glaube, dass wir andere Lösungen brauchen." Zwar könne er verstehen, dass Berlin wegen der schwierigen Situation auf dem Wohnungsmarkt neue Lösungen suche. Er befürchte aber, dass ein Mietendeckel nötige Investitionen in Wohnungen ausbremsen könne, so Leipzigs SPD-Oberbürgermeister.

Scharfe Kritik am Mietendeckel-Gesetz üben Verbände, Organisationen und Unternehmen aus der Berliner Bau- und Immobilienbranche in einem offenen Brief an den Senat. Zwei Dutzend Unterzeichner vom Architekten- und Ingenieur-Verein über die Glaser-Innung bis zur Berliner Volksbank warnten darin vor weitreichenden negativen Auswirkungen. "Das eigentliche Thema Neubau wird vernachlässigt", kritisierte Klaus-Dieter Müller, Präsident der Fachgemeinschaft Bau. "Mit dem Mietendeckel schaffen wir keine neuen Wohnungen."

Ursache steigender Mieten sei die Attraktivität Berlins, heißt es im Brief. Von 2012 bis 2017 seien rund 287 000 Menschen hinzugekommen, aber nur etwa 55 000 Wohnungen gebaut worden. Maren Kern vom Verband der Berlin-Brandenburgischen Wohnungsbau-Unternehmen (BBU) sagte voraus, es werde durch den Mietendeckel noch weniger Neubauten, weniger Modernisierung, Arbeitsplatzverluste und Steuerrückgänge geben.

Das Maklerunternehmen Engels & Völkers erklärte: "Der Berliner Mietendeckel wird die Investitionstätigkeit auf dem Berliner Wohnungsmarkt verringern." Eine Umfrage unter rund 260 Immobilieninvestoren habe ergeben, dass gut ein Viertel (28 Prozent) weniger als bisher im Wohnsegment investieren wollten. 81 Prozent sähen "mittelschwere bis schwere Auswirkungen" durch Mietendeckel auf ihre Investitionstätigkeit in der Hauptstadt.

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