Im EU-Urlaub versichert:Alles oder nichts

In den neuen EU-Ländern gelten sehr unterschiedliche Zuzahlungsregelungen. Je nachdem müssen Patienten alles zahlen — oder auch nichts.

Von Wolfgang Büser

Zwar wird das nicht für alle der am 1. Mai in die Europäische Union aufgenommenen neuen Mitglieder gelten. Doch dürfte die Neugier bei vielen Deutschen groß genug sein, zumindest während eines Kurzurlaubs einmal zu testen, wie es sich jenseits der nun weiter geöffneten Grenzen leben lässt.

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(Foto: Foto: AP)

Damit der Besuch durch eine Krankheit nicht zum Ärgernis wird, sollte man sich aber vorher über den Krankenversicherungsschutz im jeweiligen neuen Beitrittsstaat informieren. Hier ein Überblick:

Estland

Wer zum Arzt muss, kann sich direkt an einen Vertragsarzt wenden, der auf "Krankenschein" behandelt. Für bestimmte Fachärzte wird die Überweisung eines Allgemeinmediziners benötigt. Zahnärzte behandeln junge Patienten bis zum Alter von 18 Jahren kostenlos. Erwachsene müssen bezahlen — vom Zahnziehen abgesehen.

Arztrezepte werden in Apotheken eingelöst. Allerdings muss es sich um Arzneien handeln, die auf der offiziellen Medikamentenliste stehen. Die Krankenhausbehandlung wird auf ärztliche Verordnung übernommen — in Notfällen auch mit dem in Deutschland erhältlichen Auslandskranken-schein E 111.

Zuzahlungen fallen beim Allgemeinarzt nicht an. Bei Hausbesuchen sind bis zu 50 Estnische Kronen (ein Euro entspricht derzeit etwa 15,65 EEK) fällig, ebenfalls beim Facharzt. Medikamente kosten je nach Diagnose und Personenkreis zwischen 20 und 50 EEK plus zehn bis 50 Prozent der Kosten. Im Krankenhaus werden 25 EEK pro Tag für maximal zehn Tage fällig. Patienten unter 18 Jahren brauchen keine Eigen-beteiligungen zu leisten.

Lettland

Zur Behandlung haben sich die Bürger direkt an einen Vertragsarzt in einem Krankenhaus oder einer Poliklinik zu wenden. Überweisungen zum Facharzt werden von Allgemeinmedizinern ausgestellt. Die zahnärztliche Behandlung ist für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren kostenlos.

Rezepte können in jeder Apotheke eingelöst werden, gegen volle Bezahlung. Anschließend kann ein Teil von der lettischen Gesundheits-behörde erstattet werden (gegebenenfalls aber auch von der Heimatkrankenkasse) — nach lettischem Recht. Die Krankenhaus-behandlung wird auf ärztliche Verordnung von der nationalen Krankenversicherung übernommen, notfalls per Formular E 111.

Zuzahlungen werden wie folgt fällig: Für die Behandlung beim Arzt 0,5 Lettische Lats (ein Euro ist etwa 0,65 LVL), je Hausbesuch zwei LVL. Die in der Apotheke bezahlten Medikamente werden — je nach Art und Schwere der Erkrankung — zu 75 bis 100 Prozent ersetzt.

Im Krankenhaus werden fünf LVL "Aufnahmegebühr" fällig, vom zweiten Tag an 1,5 LVL für "Kost und Wohnung" — maximal 15 LVL pro Aufenthalt. Unter 18-Jährige sind generell zuzahlungsfrei.

Alles oder nichts

Litauen

Wer eine ärztliche Behandlung braucht, wendet sich direkt an einen Vertragsarzt der örtlichen Krankenkasse. Die meisten Zahnärzte arbeiten aber auf eigene Rechnung.

Rezepte können in jeder Apotheke eingelöst werden. Entsprechend einer Medikamentenpreisliste werden von der Krankenkasse 50 bis 100 Prozent der Kosten übernommen; die Differenz geht direkt an den Apotheker. Nicht in der Liste notierte Arzneien sind voll zu bezahlen.

Krankenhausbehandlungen werden auf ärztliche Verordnung übernommen — im Notfall per E 111-Schein. Die Klinik verlangt die Vorlage des Personalausweises. Zuzahlungen werden fällig für Medikamente (zehn bis 50 Prozent): Einige Arzneien werden voll übernommen, andere gar nicht.

Malta

Zur ärztlichen Behandlung können sich Bürger direkt an eine öffentliche medizinische Einrichtung wenden. Zahnärztliche Behandlung ist im Regelfall keine Leistung nach dem maltesischen Krankenversicherungs-recht.

Rezepte gehen üblicherweise zu Lasten der Patienten — nur was während einer stationären Behandlung und in den ersten drei Tagen danach benötigt wird, bezahlt die Krankenkasse.

Krankenhausbehandlungen werden auf ärztliche Verordnung übernommen — notfalls per E 111. In privaten Kliniken entstandene Kosten werden nicht ersetzt.

Zuzahlungen im herkömmlichen Sinn fallen nicht an: Die Behandlungskosten werden entweder vollständig oder gar nicht übernommen.

Polen

Arztbesuche können beim Vertragsarzt oder einem öffentlichen Gesundheitszentrum erfolgen. In diesen Zentren kann man sich direkt an Fachärzte wenden, in deren Praxen nur auf Überweisung von einem Allgemeinmediziner.

Jeder Arzt und jedes Zentrum verfügt über ein Budget, aus dem die Leistungen finanziert werden. Reichen die Mittel nicht aus, so sind die Ärzte berechtigt, auch gesetzlich Krankenversicherten Privatrechnungen auszustellen. Die zahnärztliche Behandlung beschränkt sich auf eine einfache Grundversorgung "nach Liste". Darüber hinausgehende Behandlungen und Materialien gehen zu Lasten der Patienten.

Arztrezepte werden in jeder Apotheke eingelöst. Die Krankenhausbehandlung kann auf Überweisung durch einen Arzt oder notfalls mit dem aus Deutschland mitgebrachten E 111-Schein beansprucht werden.

Zuzahlungen fallen gegebenenfalls für Arztbehandlungen an, ferner für Medikamente. Je nach Kategorie ist ein Festbetrag, eine prozentuale Beteiligung oder die volle Kostenübernahme durch die Patienten vorgesehen.

Alles oder nichts

Slowakei

Wer zum Arzt muss, wendet sich direkt an einen Vertragsarzt. Fachärzte behandeln, von Notfällen abgesehen, nur auf Überweisung. Für Zahnärzte gilt dasselbe wie für Allgemeinmediziner. Arztrezepte werden in jeder Apotheke eingelöst. Die Krankenhausbehandlung kann auf ärztliche Verordnung oder im Notfall mit dem E 111-Formular beansprucht werden.

Zuzahlungen sind wie folgt zu leisten: Für die ärztliche und fachärztliche Behandlung: 20 Slowakische Kronen (ein Euro entspricht rund 41 SKK), für den Zahnarzt ebenso. Auch für Medikamente gilt eine Zuzahlung von pauschal 20 SKK — je nach Art des Mittels werden die übersteigenden Kosten voll, anteilig oder gar nicht übernommen. Im Krankenhaus werden täglich 50 SKK für maximal 21 Tage fällig.

Slowenien

Zur Behandlung kann sich der Bürger an die nächstgelegene Gebietseinheit der Slowenischen Krankenversicherungsanstalt wenden. Danach geht´s zu einer der öffentlichen medizinischen Einrichtungen oder einem Vertragsarzt (im Notfall auch unmittelbar).

Arztrezepte werden in jeder Apotheke eingelöst. Eine Krankenhaus-behandlung kann auf ärztliche Verordnung oder im Notfall unmittelbar in Anspruch genommen werden.

Zuzahlungen sind wie folgt zu leisten: Für den Arzt fünf bis 20 Prozent der Behandlungskosten; für Medikamente bis zu 25 Prozent der Mittel, die auf der "Positivliste" stehen, bis zu 100 Prozent für andere Arzneien. Im Krankenhaus werden bis zu 15 Prozent fällig.

Tschechien

Erste Anlaufstelle sollte eine der Krankenversicherungsanstalten sein. Dort werden Adressen von Ärzten genannt und ein tschechischer Krankenschein ausgestellt. Im Notfall können Patienten unmittelbar zum Vertragsarzt gehen.

Arztrezepte können in jeder Apotheke eingelöst werden. Die Einlieferung ins Krankenhaus erfolgt auf ärztliche Verordnung, notfalls per E 111.

Zuzahlungen sind nur für Medikamente zu leisten. Hierfür gelten Festbeträge. Wird ein Mittel ausgegeben, dessen Preis den Festbetrag übersteigt, so sind die Mehrkosten vom Patienten zu tragen.

Ungarn

Zur Behandlung kann der Patient direkt ein Krankenhaus beziehungsweise eine Poliklinik aufsuchen oder einen Vertragsarzt. Anschriften können bei der nächstgelegenen Regionalstelle des Krankenversicherungsfonds erfragt werden.

Arztrezepte werden in den Vertragsapotheken eingelöst. Die Krankenhausbehandlung kann auf Überweisung eines Arztes in Anspruch genommen werden, in Notfällen unmittelbar auf E 111-Schein. Wer ohne diese Scheine stationär behandelt wird, dem blüht eine Rechnung, die vom Krankenhaus frei festgesetzt werden kann. Zuzahlungen werden nur für Medikamente fällig — bis zu 100 Prozent der Kosten.

Zypern (griechischer Teil)

Wer zum Arzt muss, geht direkt zu einer staatlichen medizinischen Einrichtung. Für den Zahnarzt gilt dasselbe.

Arztrezepte werden in jeder staatlichen Apotheke eingelöst. Die Aufnahme ins Krankenhaus erfolgt mit der Überweisung eines Arztes, notfalls unmittelbar mit dem E 111-Schein.

Zuzahlungen werden nur für ärztliche und zahnärztliche Behandlung fällig - mit einem Zypern-Pfund (Ein CYP ist circa 0,60 Euro) je Konsultation.

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