Wolf-Peter-Korth, 64, ist seit etwa 40 Jahren Unternehmer aus Leidenschaft. Morgens ist der Chef der Koblenzer Logistikgruppe ITC Logistics oft früh um sechs der Erste im Büro und abends der Letzte, wenn er noch mit Kunden telefoniert, mit seinen Fahrern redet oder sich um Ein- und Ausfuhrgenehmigungen bemüht. Die diversen Produkte für die Industrie müssen ja pünktlich und punktgenau, korrekt verzollt, europa- und weltweit zugestellt und abgeholt werden. Korth ist ein bisschen "Workaholic", der sich selbst viel abverlangt - aber umgekehrt auch von anderen Leistung verlangt, wenn sie dafür bezahlt werden. "Ich habe ein gutes Gefühl für Gerechtigkeit", sagt er.
Nur so kann man vermutlich verstehen, warum der Koblenzer Unternehmer schon seit Jahren mit seiner Industrie- und Handelskammer (IHK) im Clinch liegt - trotz seiner 75-Stunden-Woche. Aber er ärgert sich nun mal darüber, wie die Kammern arbeiten und wirtschaften. Der Unternehmer hält sie für "bürokratisch" und "ineffizient". Er kritisiert "hohe Pensionsleistungen" genauso wie "teure Prunkbauten". Und für die "Selbstbedienungsmentalität" sowie die "überzogenen Gehälter von Kammer-Geschäftsführerin ohne unternehmerische Verantwortung" hat er erst recht kein Verständnis. Vor allem wünscht er sich, dass nicht nur seine IHK mit dem Geld ihrer Mitgliedsunternehmen respektvoller umgeht. "Ich bin nicht gegen die IHK an sich, aber gegen die Zwangsmitgliedschaft und dagegen, wie die mit unseren Mitgliedsbeiträgen haushalten. Ich möchte selbst entscheiden, welche Dienste ich in Anspruch nehme und dafür mein Geld ausgebe", sagt er.
Die entscheidende Frage ist: Haben die Kammern zu viel Vermögen gebildet?
Sein Feldzug begann vor mehr als sechs Jahren, als er durch alle Instanzen gegen die IHK Koblenz vor Gericht zog und sogar vor dem Bundesverwaltungsgericht gewann. Das höchste deutsche Verwaltungsgericht erklärte damals die Rücklagen der Koblenzer Kammer für überhöht und forderte sie auf, die überhöhte Rücklage "auf ein zulässiges Maß" zurückzuführen. Eigentlich waren nun alle Kammern mit überhöhten millionenschweren Rücklagen gezwungen, ihre Beiträge zu senken. Das passierte teilweise, oft nach Darstellung des kammerkritischen Bundesverbands für freie Kammern (BFFK) aber auch nicht. Dieser geht davon aus, dass nach wie vor Jahr für Jahr mehr als eine Million Beitragsbescheide bundesweit herausgehen, die zu hoch sind. Doch nur, wenn sich ein IHK-Mitgliedsunternehmen dagegen wehre, würde die jeweilige IHK solche Bescheide aufheben. Und genau hier setzt Korth jetzt zusammen mit dem BFFK an.
Der Koblenzer Unternehmer hat nach eigenen Angaben einen "sechsstelligen Betrag" investiert, um ein Internetportal (www.ihk-einspruch.de) entwickeln zu lassen, das im Prinzip wie Flightright oder wenigermiete.de funktioniert. IHK-Beitragszahler können dort prüfen lassen, ob ihr Bescheid korrekt ist. Ist das nicht der Fall, wird gegen den Bescheid vorgegangen, falls das Mitglied dies wünscht. Das Portal kassiert für diese Dienstleistung nur im Erfolgsfall 15 bis 30 Prozent der Erstattungssumme. Das könnte so manche der bundesweit 79 IHKs aufrütteln, hofft Korth.
Dem Unternehmer geht es aber nicht darum, mit dem Portal unbedingt Geld zu verdienen. "Da treibt mich eher so etwas wie sportlicher Ehrgeiz", sagt er. "Sollte ich es so schaffen, dass die Kammern mit dem Geld ihrer Mitglieder künftig sorgsamer umgehen, habe ich schon viel erreicht."