IG-Metall-Chef Huber:Liebe geht durch den Magen

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IG Metall-Chef Berthold Huber steigt auf in die Bewirtungsklasse von Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann. Kanzlerin Angela Merkel spendiert ihm ein Abendessen - in Berlin.

Nico Fried

Berthold Huber blieb ruhig. Nach dem Wahlsieg von Union und FDP im September 2009 teilte der Chef der IG Metall mit: "Ich setze auf die Vernunft von Angela Merkel. Die Bundeskanzlerin hat bisher gegenüber Arbeitnehmern einen fairen Kurs gefahren." Umgekehrt lobt Merkel seit Monaten die Gewerkschaften für ihr verantwortliches Verhalten in der Wirtschaftskrise. Speziell den Tarifabschluss der Metaller, bei dem zugunsten von Arbeitsplatzsicherung nur geringe Lohnerhöhungen vereinbart wurden, nannte sie vorbildlich.

Die CDU-Kanzlerin und der Gewerkschaftsboss gehen überaus freundlich miteinander um. Am 17. März richtet Merkel zum 60. Geburtstag Hubers sogar ein Essen im Kanzleramt aus. Der IG Metall-Mann steigt auf in die Bewirtungsklasse von Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann, der 2008 eingeladen war. Das ist ehrenvoll für Huber, gut für das Image der Kanzlerin vor der Wahl in Nordrhein-Westfalen - und keine erfreuliche Nachricht für die SPD, deren Parteibuch Berthold Huber noch besitzt.

Das Verhältnis von SPD und Gewerkschaften leidet bis heute an der Agenda 2010. Merkels Vorgänger Gerhard Schröder hatte sich mit den IG-Metall-Chefs Klaus Zwickel und Jürgen Peters vor allem gestritten. Mit DGB-Chef Michael Sommer verscherzte es sich der Kanzler, als er 2004 am Ende eines Staatsbesuches auf dem Flughafen von Accra zum ghanaischen Präsidenten John Kufuor sagte, er könne den DGB-Chef dabehalten, der mache ihm sowieso nur Probleme. "Das war kein Frotzeln", erinnerte sich Sommer später. "Er wollte den anderen zeigen: Den schneiden wir jetzt!"

Schönen Dank, Frau Kanzlerin!

Auch in Zeiten der großen Koalition forderten die Gewerkschaften von der SPD politische Korrekturen, ließen sich aber von der Kanzlerin charmieren. Merkel gab ihnen das Gefühl, anders als bei den bösen Sozis würden sie von ihr freundlich behandelt und sogar ernst genommen. Noch kurz vor der Bundestagswahl bedankten sich die Gewerkschaftsbosse mit einem werbeträchtigen Gespräch samt Fototermin im Kanzleramt. Mit der SPD hingegen gerieten Huber und andere über Kreuz, weil sie in der Parteizeitung Vorwärts ungefragt als Unterstützer von Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier dargestellt wurden.

Den Regierungswechsel hat die neue Freundschaft gut überstanden. Nach den Koalitionsverhandlungen wurden Merkel und ihre Leute nicht müde zu berichten, wie heldenhaft die Union alle Forderungen der FDP abgewehrt habe, Arbeitnehmerrechte zu beschneiden. Die Gewerkschafter revanchieren sich nun mit Solidarität in der von Guido Westerwelle zu Merkels Verdruss losgetretenen Sozialstaatsdebatte. Am Donnerstag flötete Michael Sommer, die Kanzlerin und Arbeitsministerin Ursula von der Leyen bemühten sich um soziale Balance. Die FDP hingegen versuche, die Gesellschaft mit neoliberaler Politik zu spalten.

Auf so viel Gemeinsamkeit lässt sich bald anstoßen, denn Sommer und von der Leyen gehören zu den von Huber und Merkel gemeinsam auserwählten Gästen. Mit dabei auch Metall-Arbeitgeber Martin Kannegiesser, Siemens-Chef Peter Löscher und VW-Chef Martin Winterkorn. Zugesagt haben Betriebsräte großer Konzerne, unter ihnen Merkels absoluter Favorit unter den Arbeitnehmervertretern: Klaus Franz von Opel. Sogar Uwe Hück von Porsche kommt, der 2005 in einer legendären Rede auf dem Wahl-Parteitag der SPD noch gerufen hatte, die Union stelle den Sozialstaat und damit die Demokratie in Frage.

© SZ vom 06./07.03.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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