ifo-Geschäftsklimaindex:Die Stimmung schwindet

Der Aufschwung in Deutschland verliert an Tempo. Ein vielbeachteter Stimmungsindikator für die Wirtschaft sank im September überraschend deutlich.

Die Finanzmarktkrise hat die Stimmung in der deutschen Wirtschaft auf den tiefsten Stand seit anderthalb Jahren gedrückt. "Erste konjunkturelle Bremsspuren sind sichtbar", sagte Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn am Dienstag zum Ifo-Geschäftsklimaindex im September.

Das viel beachtete Konjunkturbarometer sank auf 104,2 Punkte nach 105,8 im Vormonat. Den vierten Rückgang in Folge werteten Experten als Hinweis darauf, dass der robuste Aufschwung weiter an Fahrt verliert. Die Exportwirtschaft zeigte sich trotz des jüngsten Euro-Höhenflugs allerdings weiter in guter Form.

"Die Exporterwartungen der Unternehmen sind weiter positiv", sagte Ifo-Konjunkturexperte Hans Günter Russ zu Reuters. Die Weltkonjunktur stütze den Export. Sorgen bereitet der Euro nahe seinem Rekordhoch von über 1,41 Dollar aber dem Industrieverband BDI.

"Je höher der Euro steigt, desto mehr leiden bei uns die Margen und die Erträge", sagte BDI-Präsident Jürgen Thumann in Berlin. Verunsichert sind die deutschen Unternehmen dem Ifo zufolge auch wegen der US-Hypothekenkrise und deren Auswirkungen.

Die Sorgen der 7.000 befragten Unternehmen sind dabei noch stärker gewachsen als von Fachleuten erwartet: Von Reuters befragte Analysten hatten im Schnitt nur mit einem Rückgang des Ifo-Index auf 105,0 Zähler gerechnet.

Pessimistisch wie Ende 2005

Die Firmen beurteilten sowohl ihre Lage als auch ihre Geschäftsaussichten schlechter als im August. Der Lageindex fiel auf 109,9 Punkte von revidiert 111,4. Auch bei den Geschäftserwartungen ging es abwärts: Der Index fiel auf 98,7 von 100,4 Punkten im August und rutschte damit erstmals seit knapp einem Jahr unter die 100-Punkte-Marke.

Seit Ende 2005 haben die Unternehmen nicht mehr derart pessimistisch in die Zukunft geschaut. Experten hatten bei den Erwartungen und der Lagekomponente jeweils einen geringeren Rückgang erwartet.

Die Industrie schätzt ihre Situation trotz leichter Einschränkungen weiter günstig ein, blickt aber deutlich verhalten nach vorne. Spürbar verschlechterte sich das Geschäftsklima im Einzelhandel, während sich die Stimmung im Großhandel aufhellte.

Viele Experten rechnen wegen der Turbulenzen und der Vertrauenskrise mit eingetrübten Aussichten für die Wirtschaft. "Wir sehen aber keine dunklen Wolken am Konjunkturhorizont aufziehen", sagte Alexander Krüger von der WestLB.

"Die Wirtschaft schwächt sich zwar ab, ist aber weiter robust." Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) hält trotz des Höhenflugs des Euro an seiner Wachstumsprognose fest. 2007 rechnet der Verband mit bis zu 2,8 Prozent Wachstum, für 2008 mit rund zwei Prozent.

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