Es gibt kaum ein Entkommen. Ein Kühlschrank soll nicht bloß kühlen und das mit möglichst wenig Energieverbrauch. Er soll auch smart sein. Waschmaschinen, Kaffeeautomaten, die Beleuchtung, die Heizungssteuerung - bei nahezu jedem Hersteller auf der Ifa in Berlin prangt am Stand ein Slogan, in dem die Wörter smart, connected oder etwas Ähnliches vorkommen. Hersteller, Industrieverbände, Marktforscher - sie alle sagen seit Jahren voraus, dass weltweit schon bald Milliarden netzwerkfähiger Geräte mit dem Internet verbunden sein werden. Marketingleute nennen so etwas einen Hype, eine gesteigerte Erwartungshaltung also, die zur Erfüllung der eigenen Prophezeiung werden kann. Oder - wie etwa beim 3-D-Fernsehen - nach einer kurzen Zeit der werbegetriebenen Begeisterung sang- und klanglos verschwindet. Wie ist das beim Internet der Dinge (IoT) und dem vernetzten Heim?
In einem Punkt sind sich alle einig: Die Bedienung der Geräte muss einfach sein
Dazu müsste man zumindest wissen, was das überhaupt sein soll, ein smartes, vernetztes Heim. Ist das Hausautomation, also die Fernsteuerung von Heizung, Jalousien, Licht und dergleichen? Ist es Sicherheit, etwa durch Kameras, Bewegungsmelder und Fenstersensoren? Oder gehört dazu auch, Videodateien durchs Haus zu jagen, ohne dass die am Bildschirm ruckeln? Je nachdem, wen man fragt, fallen die Antworten sehr verschieden aus. In einem sind sich zwar alle Experten einig: Die Geräte fürs smarte Heim dürften nicht übermäßig teuer und ihre Bedienung müsse einfach sein.
Aber davor steht auch noch die Frage, ob die eine oder andere Funktion wirklich unverzichtbar oder wenigsten besonders nützlich ist: "Der Kunde ist ja nicht doof", sagt Urban Bastert vom Berliner Netzwerkspezialisten AVM, "der überlegt sich schon, was er braucht und was nicht." Aber, warnt Stefan Hartung, Geschäftsführer von Bosch, Haushaltsgeräte habe man zehn, 15 Jahre. Es wäre also ein Fehler, wenn man heute beim Kauf eines neuen, hochwertigen Gerätes auf Vernetzbarkeit verzichtet - wenn man sie dann in einigen Jahren gerne hätte, steht man dumm da.
Bei den deutschen Nutzern hat sich bisher vor allem ein Anwendungsfall herauskristallisiert: Sicherheit. Zerfetzt der Hund daheim schon wieder das Sofa? Oder - schlimmer noch - plündern Einbrecher die Wohnung, während man selber in der Arbeit ist? Das interessiert viele Verbraucher, auch wenn die große Mehrheit mit dem Begriff Smart Home noch gar nichts anzufangen weiß.
Deshalb hat zum Beispiel die Berliner Firma Smartfrog darauf ihren ersten Schwerpunkt gelegt. Eigentlich will Smartfrog eine "universelle Plattform für das Internet der Dinge" sein, wie Geschäftsführer Charles Fränkl sagt. Aber er weiß eben auch, dass die meisten davon noch nie gehört haben. Also setzten er und sein Team zunächst einmal auf das, was den Menschen am meisten auf den Nägeln brennt. Denn eines wollte man vermeiden: "Perfekte Produkte für nichtexistente Probleme zu entwickeln", wie Andreas Haug vom Risikokapitalgeber eVentures sagt. Seine Firma hat in Smartfrog investiert. An den Ideen für die nächsten Produkte wird bereits gearbeitet.
Viele Systeme können nicht miteinander sprechen
Das Bremer Start-up Coqon ist da schon einen Schritt weiter. Auch hier ist der Ansatz ähnlich, es geht um ein möglichst universelles System, denn eines der Probleme beim derzeitigen Stand der Technik ist der Wirrwarr der Standards. Das eine System spricht nicht mit dem anderen, jeder Anbieter stellt die Vorteile des eigenen Systems heraus. Coqon hat bereits mehr als 80 unterschiedliche Geräte im Angebot. Darunter sind solche, die die Endnutzer selbst in Betrieb nehmen können, und zwar "sehr einfach", wie Coqon-Chef Andreas Kadler verspricht. Aber sein Unternehmen verkauft auch Geräte, die nur Fachleute einbauen können - oder wenigstens sollten.
Kadler ist es wichtig, dass die Nutzer sich nicht auf das System einstellen müssten, sondern dass sich das System ihren jeweiligen Vorlieben anpasst. "Wir wollen nicht, dass die Menschen das Licht mit dem Smartphone einschalten müssen", sagt er, die beste Benutzeroberfläche dafür sei doch noch immer ein Schalter. Auch wenn der aussieht wie ein ganz gewöhnlicher Lichtschalter, aber eben vernetzt und programmierbar ist, kann das gewohnte Bedienungselement viel mehr als ein gewöhnlicher Schalter.
Menschen wollen Komfort, Sicherheit - und Energie sparen
Noch einen Schritt weiter geht Conrad Connect, das interne Start-up des Elektronikspezialisten Conrad. Die Truppe um Andreas Bös hat eine Software entwickelt, die andere Systeme abfragen kann. Das besondere daran: So kann jedes Gerät eingebunden werden, das seine Daten ans Internet weiterreichen kann. Conrad Connect bekommt dann nur die Erlaubnis, diese Daten zu nutzen.
"Sie können ihr Licht mit Amazon Alexa einschalten und mit Google Home aus", sagt Bös und demonstriert damit: Nahezu alles, was auf dem Markt geboten wird, vom Fenstersensor bis zur Jalousiesteuerung, lässt sich verknüpfen und sogar, falls gewünscht, zu ziemlich komplexen Systemen verbinden, bei denen mehrere Aufgaben mit einem einzigen Befehl ausgelöst werden. Dergleichen spricht zwar eher den traditionell technikaffinen Conrad-Kunden an, die Einrichtung ist aber auch kein Hexenwerk, die Nutzung des Conrad-Dienstes im Netz zudem kostenlos.
Noch aber braucht es Überzeugungsarbeit bei den Kunden, sagt Stefan Hartung von Bosch. "Einiges verkauft sich gut, anderes zäh", gibt er zu. Die Datensicherheit ist bei der Vernetzung ein sehr wichtiger Aspekt, hebt Hartung hervor. Sie müsse wegen der teils langen Nutzungsdauer von Geräten sorgfältig umgesetzt werden. Als Hauptmotivation für die Smart-Home-Nutzer von heute sieht er Sicherheit, Komfort und den Wunsch, mit schlauer Technik Energie zu sparen.