HypoVereinsbank:"Nur noch eine wertlose Hülle"

Auf der außerordentlichen Hauptversammlung der HypoVereinsbank entlädt sich der Ärger der Aktionäre über die neuen Machthaber bei dem zerschlagenen Institut.

Caspar Busse

Für Alessandro Profumo ist es ein Kulturschock: In Italien dauern Hauptversammlungen in der Regel wenige Stunden; die Aktionäre, die sich ganz vereinzelt zu Wort melden, sparen meist nicht mit Lob. Am Ende werden auch komplizierte Sachverhalte, etwa milliardenschwere Kapitalerhöhungen, meistens problemlos durchgewunken.

HypoVereinsbank: Unangenehmer Termin: Unicredit-Chef Alessandro Profumo (links) und der Vorstandsvorsitzende der HypoVereinsbank Wolfgang Sprißler bei der außerordentlichen Hauptversammlung am Mittwoch in München.

Unangenehmer Termin: Unicredit-Chef Alessandro Profumo (links) und der Vorstandsvorsitzende der HypoVereinsbank Wolfgang Sprißler bei der außerordentlichen Hauptversammlung am Mittwoch in München.

(Foto: Foto: dpa)

Ganz anders in Deutschland: Fassungslos saß der mächtige Unicredit-Chef am Mittwoch auf dem Podium im Internationalen Congress Center in München. Bei der Hauptversammlung der HypoVereinsbank (HVB) sparten die Aktionäre nicht mit harter Kritik am Vorgehen der Italiener.

Elegant im dunklen Anzug

Profumo hatte elegant im dunklen Anzug und mit silbergrauen Haaren in der Mitte der Bühne Platzgenommen. Was er per Simultandolmetscher über Kopfhörer anhören musste, war in der Tat wenig erfreulich.

Daniela Bergdolt von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) beispielsweise sprach von einem weiteren traurigen Kapitel für die HVB. ,,Ich werde das Gefühl nicht los, dass die HVB ausgeschlachtet wird'', sagte die streitbare Aktionärsschützerin und Rechtsanwältin.

Unicredit löse die Filetstücke aus dem Münchner Bankkonzern heraus, zurück bleibe doch ,,nur noch eine wertlose Hülle'', sagte sie unter dem anhaltenden Applaus der etwa 600 versammelten Aktionäre. Andere sprachen von Ausplünderung oder von der Legalisierung des Banküberfalls.

Lange Rednerliste

Im nicht einmal halb vollen großen Saal des Kongresszentrums war die Unzufriedenheit förmlich zu spüren. Die Liste der Redner war lang.

Versammelt hatten sich die letzten HVB-Aktionäre, der große Teil hatte dagegen im vergangenen Jahr das Angebot angenommen und seine Papiere in solche von Unicredit getauscht. Derzeit kontrolliert Unicredit 93,9 Prozent der HVB-Aktien.

Um neun Uhr - eine Stunde früher als üblich -hatte die Hauptversammlung begonnen. Profumo ist zwar Vorsitzender des Aufsichtsrats, er hatte die Versammlungsleitung aber an Aufsichtsratskollege Lothar Meyer abgegeben, weil er selbst kaum deutsch spricht.

Ängstlicher Verhandlungsführer

Ob das eine gute Wahl war, ist zweifelhaft. Der Chef des Erstversicherers Ergo, in der Führung schwieriger Hauptversammlungen nicht erfahren, agierte anfangs vorsichtig, fast ängstlich, ging stark auf die zahlreichen Zwischenrufe der Aktionäre ein, die es mit Provokationen offensichtlich auf einen Abbruch der Veranstaltung anlegten.

Bloß keine Verfahrensfehler, damit die Hauptversammlung nicht angefochten werden kann, lautete das Motto. Mehrmals beugte sich ein Anwalt zu Meyer herunter und flüsterte ihm ins Ohr. ,,Der ist wahnsinnig unsicher, der kann es einfach nicht'', kritisierte ein Aufsichtsratskollege, der die Bühne zwischendurch mal kurz verlassen hatte.

Schon der dritte Aktionär forderte eine Vertagung der Hauptversammlung. Daraufhin musste die Veranstaltung unterbrochen werden, schließlich hatten die Aktionäre darüber abzustimmen und lehnten den Antrag ab. Das Ganze verzögerte sich immer weiter - so lagen am Nachmittag noch 15 Wortmeldungen vor, die Redezeit wurde daraufhin begrenzt.

"Nur noch eine wertlose Hülle"

Fast alle wollten die Pläne von Unicredit ablehnen und dagegen auch vor Gericht ziehen. ,,Lassen Sie sich das so nicht gefallen'', wiegelte Bergdolt die übrigen Aktionäre auf.

Das Aktionärstreffen hatte im Kern nur ein Thema: Die HVB verkauft das gesamte Osteuropa- und Österreichgeschäft an die Italiener und erhält dafür rund 14 Milliarden Euro. Die Bewertungsgutachten hatten die Wirtschaftsprüfer von PricewaterhouseCoopers erstellt.

Geschrumpft

Damit schrumpft die HVB auf ein auf Deutschland spezialisiertes Kreditinstitut. Bankchef Wolfgang Sprißler kündigte das Interesse an Zukäufen an. ,,Ich versichere Ihnen, dass wir derzeit einige Optionen sehr genau prüfen'', sagte er.

Zuletzt hatte er etwa Interesse an der zum Verkauf stehenden Landesbank Berlin signalisiert. Mittelfristig seien auch Zukäufe in den Benelux-Ländern und Skandinavien denkbar.

Die Aktionäre gaben sich mit diesen Ankündigungen allerdings nicht zufrieden. Sie forderten mehr Informationen, auch zur geplanten Eingliederung des konzernweiten Investment-Bankings in die HVB. Dafür müssen die Münchner voraussichtlich eine hohe Summe wieder zurück an Unicredit überweisen. Die Milliarden würden also nur formal an München gezahlt, hieß es.

"Ausverkauf"

Andere Anteilseigner sprachen von einem ,,Ausverkauf'', die HVB-Aktionäre würden nur über den Tisch gezogen. Auch dass es keine Sonderdividende gebe, wurde kritisiert. Andere verwiesen auf die lange Leidensgeschichte der HVB. Jetzt, wenn die Geschäfte endlich besser liefen, könne man nicht daran teilhaben.

Die HVB hatte bis zur 20-Milliarden-Euro-Übernahme durch Unicredit etwa sechs MilliardenEuro Verlust angehäuft. Mitten in der Krise mussten die Aktionäre auch noch eine Kapitalerhöhung hinnehmen.

Unicredit kann mit der Mehrheit alle Beschlüsse durchbringen. Die angekündigten Aktionärsklagen können allerdings wenig bewirken. Sie haben mit hoher Wahrscheinlichkeit keine aufschiebende Wirkung, verhindern die Unicredit-Pläne also nicht.

"Squeeze-out nicht geplant"

Die HVB geht davon aus, dass die Verkäufe bis Jahresende ins Handelsregister eingetragen werden. Ein Squeeze-out, also eine zwangsweises Herausdrängen der freien Aktionäre, sei nicht geplant, sagte Sprißler. Vielleicht aber überlegt sich Profumo das angesichts des Ärgers mit den deutschen Kleinaktionären nochmal.

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