Süddeutsche Zeitung

Hypo Real Estate:Aufräumen in Irland

Ein komplizierter Deal mit Wertpapieren der Skandalbank Hypo Real Estate könnte Millionen einbringen - zugunsten der Steuerzahler.

Von Stephan Radomsky

Fernbeziehungen sind tückisch: Sie fangen aufregend an, alles ist Abenteuer, vieles Hals über Kopf. Schnell zieht dann aber der Alltag ein und mit ihm die Mühen. Es folgen die Entfremdung und dann, oft erst nach ziemlich langer Zeit, eine profane Trennung. Meist sind dann alle froh, wenn's vorbei ist.

So ähnlich dürfte es auch mit der deutsch-irischen Beziehung zwischen der damaligen Hypo Real Estate (HRE) aus München und der Depfa-Bank aus Dublin enden - und das vielleicht schon ziemlich bald. Jedenfalls kommen beide Seiten der Trennung gerade wieder ein bedeutendes Stück näher. Ohnehin existiert die alte HRE seit Jahren nicht mehr, in der Finanzkrise drohte sie ausgerechnet an der Beziehung zur Depfa zu zerbrechen und musste vom Staat genau davor bewahrt werden. Seit 2010 kümmert sich die FMS Wertmanagement als staatliche Bad Bank um die Abwicklung der HRE-Überreste, seit 2014 gehört dazu auch die Depfa.

In einem komplizierten Verfahren soll die irische Tochter nun in der kommenden Woche einst von ihr selbst ausgegebene Wertpapiere im Nennwert von etwas mehr als einer Milliarde Euro von der FMS Wertmanagement zurückkaufen. Dem hat die irische Zentralbank als zuständige Aufseherin nun zugestimmt. Die Papiere stammen zum großen Teil aus einem Paket von Anleihen im Nennwert von 1,2 Milliarden Euro, das die Münchner 2015 aufgekauft hatten. Hinzu kommt ein Portfolio sogenannter Nachrangdarlehen im Nennwert von 360 Millionen Euro, das ebenfalls an die Depfa zurück geht.

Noch ist nicht entschieden, ob die Depfa abgewickelt oder verkauft wird

Die Papiere hatte die FMS Wertmanagement über die Jahre am Finanzmarkt aufgekauft, allerdings längst nicht für den vollen Preis. So zahlte die Bad Bank beispielsweise 2015 nur 741 Millionen Euro für das 1,2-Milliarden-Paket, das entspricht knapp 62 Prozent des Nennwerts. In einer ersten Transaktion aus dem Portfolio waren im November 2018 bereits Anleihen im Nennwert von 500 Millionen Euro von München nach Dublin verkauft worden - und zwar zu einem deutlich besseren Preis: Gut 90 Prozent des Nennwerts überwies die Depfa an die FMS Wertmanagement. Unter dem Strich machten die Münchner damit allein an dieser Transaktion einen Gewinn von 144 Millionen Euro.

In München ist man nun zuversichtlich, dass auch der zweite, größere Teil des Geschäfts kommende Woche ähnlich gut laufen wird. In diesem Fall könnten dann nochmals deutlich mehr als 200, vielleicht sogar an die 300 Millionen Euro Gewinn für die Bad Bank herausspringen - und damit am Ende auch für den deutschen Steuerzahler. Wie hoch genau die Quote genau ausfällt, entscheidet sich allerdings erst kommende Woche. Weil es für die Papiere selbst praktisch keinen Markt mehr gibt, muss ein externer Gutachter den Preis auf Basis aktueller Marktdaten festlegen.

Egal wie hoch die Quote am Ende genau ausfällt, in jedem Fall kommt die Trennung von Depfa und FMS Wertmanagement mit dem Geschäft weiter voran. Noch ist nicht entschieden, ob das Institut in Dublin ganz und gar abgewickelt und geschlossen wird - oder 2020 doch noch an einen Investoren geht. In jedem Fall müssen vorher aber die Wertpapierportfolios entflochten und vor allem ein großer Teil des Kapitals abgezogen werden, das die Iren in den vergangenen Jahren angehäuft haben. Durch Gewinne aus der Abwicklung alter Geschäfte sind das inzwischen fast 1,9 Milliarden Euro.

Lange schien es undenkbar, dass sich noch einmal Geld aus der HRE holen lässt

Dass dieses Geld nun überhaupt zurück an den Staat fließen kann, ist auch ein politischer Erfolg der damaligen schwarz-roten Bundesregierung. Die hatte 2014 erst nach langem Streit entschieden, dass die Depfa für insgesamt 323 Millionen Euro an die FMS Wertmanagement geht - und nicht an amerikanische Finanzinvestoren. Die hatten den Kaufvertrag zu diesem Zeitpunkt fast schon in der Tasche, dann aber sagte Berlin das Geschäft plötzlich ab. Zu groß war damals die Sorge, die Depfa könnte am Ende vielleicht doch viel mehr wert sein - ein Verdacht, der sich inzwischen bestätigt hat.

16,9 Milliarden Euro

hat der Bankenrettungsfonds des Bundes bisher in die HRE und ihre Überreste gesteckt. Davon flossen allein 13 Milliarden Euro an die FMS Wertmanagement, weitere 1,2 Milliarden Euro gingen direkt an die Depfa. Vielleicht aber gibt es doch noch ein Happy End in Dublin: Die FMS hat inzwischen Berater für einen Verkauf des Instituts engagiert. Damit der überhaupt Möglich wird, müssen die Bücher der Depfa aber noch weiter aufgeräumt und überschüssiges Kapital abgezogen werden. Läuft alles nach Plan, könnte das 2020 erledigt sein.

Dass sich noch einmal Geld aus der skandalumwitterten HRE - seinerzeit immerhin die drittgrößte Bank im Land und Dax-Mitglied - holen lässt, schien lange undenkbar. In der Finanzkrise 2008, nur wenige Monate nachdem sie die HRE die Depfa übernommen hatte, drohte die neue Tochter den gesamten Konzern in den Abgrund zu reißen. Damals wurde das Geschäftsmodell der Iren zum unlösbaren Problem: Sie gaben langfristige, höchst komplexe Finanzierungen aus, die sie immer und immer wieder kurzfristig am Finanzmarkt refinanzierten. Als sich die Banken nach dem Finanz-Crash aber gegenseitig misstrauten und sich nur noch gegen hohe Zinsen Geld liehen, drohte der Zusammenbruch - und der Staat sprang ein.

Bis heute hat die Aktion den Bankenrettungsfonds des Bundes fast 17 Milliarden Euro gekostet. Es war der mit Abstand größte Schadensfall der Finanzkrise in Deutschland. Zwar macht die FMS Wertmanagement seit einigen Jahren stabile Gewinne und auch der Verkauf der Pfandbriefbank PBB aus den HRE-Überresten brachte etwas ein. Dass sie die Verluste komplett ausgleichen, scheint aber ausgeschlossen. Schmerzen wird die Trennung von der HRE am Ende also doch.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4683628
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 16.11.2019
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.