Hummer: Verkauf gescheitert:Je dicker, desto schlechter

Angst vor einem schlechten Image durch den Spritfresser: Der Verkauf der GM-Marke Hummer nach China ist missglückt.

Marcel Grzanna

Der Verkauf der Geländewagenmarke Hummer nach China ist gescheitert. Der Mutterkonzern General Motors (GM) kündigte an, dass mit der Abwicklung der verlustreichen Tochter begonnen werde. "Wir sind enttäuscht, dass das Geschäft mit Tengzhong nicht abgeschlossen werden konnte", sagte der zuständige GM-Manager John Smith am Mittwoch. General Motors und der Maschinenbauer Sichuan Tengzhong Heavy Industrial Machinery hatten im Oktober vergangenen Jahres die Übernahme vereinbart. In den vergangenen Tagen hatten sich aber die Zweifel gemehrt, dass es zu einem Abschluss kommt.

GM und der chinesische Spezialmaschinenbauer Sichuan Tengzhong hatten sich zunächst eine Frist bis zum 31. Januar gesetzt, um den Deal in trockene Tücher zu bringen. Weil die Genehmigung aus Peking nicht eintraf, wurde die Frist auf Ende Februar verschoben. Genutzt hat es nichts. Die chinesische Regierung sperrte sich, weil die spritdurstigen Hummer-Geländewagen das Ziel torpedieren würden, die Umweltverschmutzung zu senken. Der gewaltige Benzinverbrauch des Hummers und sein schlechtes Image als Luftverpester seien den Behörden ein Dorn im Auge, heißt es. Schließlich bastelt China an seinem Ruf als Auto-Nation mit Herz für die Umwelt. Eifrig arbeitet die Industrie am Durchbruch des Elektroautos. Wenn es eines Tages so weit sein sollte, will China weltweit Marktführer sein.

Fehlende Fachkenntnisse für den Spritschlucker

Das Desinteresse der Kommunistischen Partei hat aber auch noch einen anderen Grund: Das verantwortliche Ministerium zweifelt an der Sachkenntnis der wenig bekannten Maschinenbauer aus der Provinz Sichuan. "Das größte Hindernis ist, dass die Leute von Tengzhong keine Autobauer sind und im Management versagen könnten. Das Risiko ist der Regierung zu groß", sagen Experten. Tengzhong verdient sein Geld bisher mit dem Bau von Spezialmaschinen, etwa mit Kippern, Betonmischern und Dampfwalzen für die Bauwirtschaft. Autos befinden sich bisher nicht im Portfolio des Unternehmens.

Medienberichten zufolge sollen sich GM und Tengzhong im vergangenen Jahr auf einen Kaufpreis von geschätzt 150 bis 200 Millionen Euro geeinigt haben. Chinesische Medien hatten in den vergangenen Wochen darauf spekuliert, dass Tengzhong dringend auf Kredite angewiesen wäre, um das Geschäft abzuwickeln. Hätte die Regierung dem privaten Unternehmen die Lizenz zum Autobau also wider Erwarten erteilt, dann wäre zwangsläufig staatliches Geld als Kredit an das Unternehmen geflossen. Schließlich war die Bezirksregierung im höchsten Maße am Aufbau einer Produktionsstätte vor Ort interessiert, weil so Steuereinnahmen gewunken hätten. Für die örtliche Banken wäre es ein riskantes Geschäft gewesen, große Summen an Tengzhong zu verleihen, ohne die strategische Schwächen des Unternehmens zu berücksichtigen. Zumal sich der Branchenneuling bei Produktion und Vertrieb auf internationalem und deswegen auch unbekanntem Terrain hätte behaupten müsste.

Nach dem gescheiterten Verkauf der Kleinwagenmarke Saturn, die im Oktober 2009 zur Liquidation freigegeben wurde, ist Hummer der nächste Misserfolg des amerikanischen Autokonzerns. Der verlustreichen Geländewagen-Marke droht nun das gleiche Schicksal wie den Geschwistern Saturn und Pontiac: Sie soll abgewickelt werden. Eigentlich sollten die überdimensionalen Geländewagen vorerst weiter bei GM gebaut werden, 3000 Mitarbeiter sollten dadurch in Lohn und Brot bleiben. Gemeinsam mit ihnen, den Händlern und Zulieferern werde nun die Abwicklung angegangen, sagte GM-Manager Smith. Für Garantieleistungen und Service bei vorhandenen Wagen will GM weiter einstehen.

Statussymbol in Hollywood und anderswo

Der erste Hummer war ein ziviler Ableger des amerikanischen Militärtransporters Humvee. Dank seiner markanten Form entwickelte sich der teure Wagen schnell zu einem Statussymbol in Hollywood und anderswo. Die späteren Modelle H2 und H3 bekamen mehr Komfort und ein etwas weniger kantiges Äußeres. Der Anstieg der Ölpreise seit 2005 setzte dem Erfolg der Marke jedoch ein Ende.

Hummer gehört zu den Marken, von denen sich General Motors bei seinem Neustart trennte. Der Autobauer war im vergangenen Jahr in die Insolvenz gerutscht, aus dem er nur dank einer milliardenschweren staatlichen Finanzspritze einen Ausweg fand. Die US-Regierung kontrolliert das Unternehmen seitdem. Erst am Dienstag hatte GM den Verkauf der schwedischen Tochter Saab an den niederländischen Sportwagen-Hersteller Spyker erfolgreich über die Bühne gebracht. Bei der deutschen Tochter Opel ringt der Konzern gerade um staatliche Hilfe für die Sanierung.

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