Hühnereier:Weniger Küken sollen sterben

Eine Lasertechnik soll früh erkennen, ob im Ei ein männliches Tier entsteht - und sie aussortieren, statt sie nach dem Schlüpfen zu töten. Jetzt kommen erste Eier mit neuer Prüfung in den Handel.

Von Markus Balser, Berlin

Täglich spielt sich in deutschen Ställen eines der ganz düsteren Kapitel der deutschen Landwirtschaft ab. Weil bei der Zucht und der Haltung von Legehennen kein Bedarf an männlichen Nachkommen besteht und die Tiere auch für die Mast nicht geeignet sind, werden männliche Küken nach dem Schlüpfen aussortiert. Die flauschigen Jungtiere landen entweder lebendig im Schredder oder werden mit Kohlendioxid vergast. Eigentlich sollte mit der umstrittenen millionenfachen Praxis längst Schluss sein. Doch bislang taten sich Industrie und Politik schwer mit dem Ausstieg. Nach Angaben des Landwirtschaftsministeriums steht nun eine Technik vor dem Durchbruch, die das Kükentöten beenden könnte. Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) stellte am Donnerstag ein neues Verfahren zur Geschlechtsbestimmung von Küken im Brutei vor. Das sogenannte Seleggt-Verfahren wurde von einer gleichnamigen Firma entwickelt, hinter der der Supermarktkonzern Rewe und ein Technologieunternehmen stehen. Per Laser wird über ein winziges Loch in der Eierschale eine Probe aus dem Ei entnommen und auf Anwesenheit bestimmter Hormone untersucht. Männliche Bruteier können dadurch bereits vor dem Ausbrüten aussortiert werden.

Nach Angaben von Seleggt ist das vom Landwirtschaftsministerium mit fünf Millionen Euro geförderte Verfahren marktreif und soll in einem nächsten Schritt zur Serienreife gebracht werden. Rewe will von November an alle seine Rewe- und Pennymärkte in Berlin mit Freiland-Eiern von Legehennen beliefern, die das neue Verfahren durchlaufen haben. Im kommenden Jahr soll das dann in sämtlichen Rewe- und Pennymärkten in Deutschland der Fall sein. Aus der Technik soll ein Geschäftsmodell werden, um das Verfahren allen Brütereien in Deutschland zur Verfügung zu stellen. Jedes Jahr werden dem Landwirtschaftsministerium zufolge in Deutschland etwa 45 Millionen männliche Küken nach dem Schlüpfen getötet, da sie später keine Eier legen und auch im Vergleich zu weiblichen Küken nicht genug Fleisch ansetzen.

Es sei keine Lösung, die Eier vor dem Schlüpfen auszusortieren, sagen Tierschützer

Umweltschützer üben weiter Kritik an dem Verfahren. BUND-Agrarexpertin Katrin Wenz forderte, nötig sei ein "grundsätzliches Umdenken". Eier der männlichen Küken noch vor dem Schlüpfen auszusortieren, sei keine Lösung im Sinne einer verantwortungsvollen Tierzucht, "denn Hennen müssen auch weiterhin Höchstleistung erbringen". Es sei sinnvoll, auf solche Hühnerrassen umzustellen, die sowohl zur Eier- als auch zur Fleischproduktion geeignet sind. Dann könnten auch männliche Küken aufgezogen und ihr Fleisch vermarktet werden.

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