Tech-Industrie:Wie Huawei die Europawahl für sich nutzt

Lesezeit: 2 min

Sieht wie ein Wahlplakat aus, ist aber Werbung für Huawei. (Foto: mati)

Der Tech-Konzern wirbt in Brüssel mit großen Kampagnen für sich. Die Strategie dahinter: Europa soll sich von den USA emanzipieren und weiter mit Huawei Geschäfte machen.

Von Matthias Kolb, Brüssel

An Wahlplakate haben sich die Menschen in Brüssel längst gewöhnt: Parallel zur Europawahl am Sonntag werden Abgeordnete für die föderalen und regionalen Parlamente bestimmt, weshalb überall Köpfe und Slogans zu sehen sind. Eine Kampagne sticht heraus und sie fällt nur jenen auf, die den Flughafen der EU-Hauptstadt nutzen. "Beim Wählen geht es nicht nur um Kandidaten, sondern auch um Werte", prangt in großen Lettern auf den digitalen Bildschirmen, umgeben von Gesichtern freundlicher Menschen, die für die Vielfalt Europas stehen: Alte, Junge, eine Frau mit Kopftuch.

Erst der zweite Slogan enthüllt, was hinter der Aktion steckt: "Vote for 5G". Auftraggeber ist der chinesische Technologiekonzern Huawei, den US-Präsident Donald Trump zum Symbol des Handelsstreits zwischen Washington und Peking gemacht hat, und der nun an allen Fronten in Brüssel um Sympathie wirbt. "Huawei liegt ein starkes, geeintes Europa am Herzen", versichert Abraham Liu, der oberste Repräsentant des Konzerns in Brüssel. Er steht im Cybersecurity-Zentrum, das Huawei vor kurzem im Zeichen seiner Transparenz-Offensive eröffnet hat, und schildert in gutem Englisch Chinas Narrativ: "Dies ist nicht nur ein Angriff auf Huawei, das ist ein Angriff auf die liberale, regelbasierte Weltordnung."

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Das Land scheut vor einer weiteren Eskalation im Handelsstreit nicht zurück. Die Regierung schwört die Bevölkerung sogar bereits darauf ein - denn sie hat einiges in der Hand, was den USA schaden kann.

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Liu versucht den Vorwurf zu entkräften, Huawei sei ein Sicherheitsrisiko und würde sensible Daten an Chinas Einparteienstaat weiterleiten. "Was ist mit dem hochheiligen Prinzip der Unschuldsvermutung geschehen?", fragt er. Die Gründerväter der Vereinigten Staaten wären "alarmiert" über Trumps Verhalten. Dessen Regierung sei ein "Störenfried", und Huawei eben dessen aktuellstes Opfer, warnt Liu: "Was heute mit Huawei passiert, kann morgen jeder anderen internationalen Firma passieren."

Pathetisch verweist Liu auf Robert Schuman, den Vater der europäischen Einigung und dessen Vision für ein friedliches Europa. 5G, das superschnelle Mobilfunknetz, sei die beste Gelegenheit, "Schumans Erbe zu bewahren". Wie das eine mit dem anderen zusammenhängt, bleibt nach zwölf Minuten Rede schleierhaft, aber die Strategie ist klar: Europa soll sich von den USA emanzipieren und weiter mit Huawei Geschäfte machen.

Wenn die EU vor Trump einknicke, leide ihr Ruf, so ein Huawei-Vertreter

Es ist eine besondere Situation: Der Vertreter eines Milliardenkonzerns aus einem autokratischen Staat, in dem nie eine demokratische Wahl stattgefunden hat, beschwört in Reden und auf Anzeigetafeln jene Werte und Regeln, die zuhause kaum gelten: Gleichwertiger Marktzugang für europäische Firmen in China existiert nicht. Den "media friends" versichert Liu, sein Unternehmen habe so viel mit Chinas Machthabern zu tun wie British Telecom mit der Regierung in London. Er betont, dass Huawei 12 200 Menschen in Europa beschäftige ("70 Prozent davon EU-Bürger") und 2018 Güter und Dienstleistungen im Wert von mehr als 5,6 Milliarden Euro produziert hätte. Und er sagt, dass seine Firma eine "andere Alternative" nutzen werde, wenn Trumps Dekret dazu führen sollte, dass Huaweis Nutzung von Googles Android-Betriebssystem blockiert werde.

Zur Charmeoffensive gehört auch, dass Huawei als Sponsor eines neuen "EU China Journalistenpreises" auftritt, den ein Brüsseler Presseclub vergibt. "Es ist wichtig zu zeigen, was uns verbindet - und nicht was uns trennt", meint der PR-Mann. Ein anderes Argument bringt der nächste Huawei-Vertreter an: In Chinas öffentlicher Wahrnehmung stünden die USA für ein Traumland, in dem sich beste Geschäfte machen ließen. Europa sei hingegen "der Kulturraum, in dem Regeln und Gesetze etabliert" worden seien. Wenn die EU vor Trump einknicke, leide ihr Ruf. Die Worte klingen, als könne dann auch eine Anzeigenkampagne nichts mehr retten.

© SZ vom 23.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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