Süddeutsche Zeitung

Steuerskandal:Razzia bei der früheren HSH Nordbank

Die Staatsanwaltschaft Köln durchsucht die Geschäftsräume der einst staatlichen Landesbank. Anlass ist die Cum-Ex-Affäre - die hatte die HSH eigentlich als längst erledigt erklärt.

Von Katharina Kutsche und Jörg Schmitt

Sie heißt zwar inzwischen Hamburg Commercial Bank, doch ihr Erbe als frühere HSH Nordbank wird sie nicht los: Nach Informationen von WDR, NDR und Süddeutscher Zeitung durchsuchen Fahnder der Staatsanwaltschaft Köln an diesem Dienstag die Geschäftsräume der Bank in Hamburg.

Die Staatsanwaltschaft Köln bestätigte die Durchsuchung der Bank auf Nachfrage des Rechercheverbunds ebenso wie das Geldhaus selbst. Während sich die Strafverfolger nicht zu Einzelheiten äußern wollten, betonte eine Sprecherin der inzwischen privatisierten Hamburg Commercial Bank AG: "Die Durchsuchung richtet sich nicht unmittelbar gegen die Bank, sondern diese wird als Dritte durchsucht." Bekannt ist zudem, dass die Maßnahmen in Zusammenhang mit Cum-Ex-Ermittlungen der Kölner Behörde steht.

Bei den sogenannten Cum-Ex-Deals handelt sich um einen der größten Steuerskandale in der Geschichte der Bundesrepublik. Banken, Börsenhändler und Betreiber von Kapitalanlagefonds hatten sich beim Handel von Aktien mit (cum) und ohne (ex) Dividende Kapitalertragsteuer mehrfach erstatten lassen, die sie jedoch nur einmal gezahlt hatten. Auch die HSH Nordbank, die aus einer Fusion der Hamburger und Schleswig-Holsteinischen Landesbanken entstanden war, mischte zwischen 2008 und 2011 bei Cum-Ex-Deals mit. Die Affäre hatte die Bank anschließend in einer Untersuchung aufgearbeitet.

Wie die Sprecherin der HSH-Rechtsnachfolgerin erklärt, habe man den "Sachverhalt" bereits 2013/2014 der Staatsanwaltschaft Hamburg und den Finanzbehörden angezeigt. "Die Bank kooperiert vollumfänglich mit den Behörden. Die erstattete Steuer ist vollständig zurückgezahlt. Auch der Staatsanwaltschaft Köln wurde der Bericht der externen Kanzlei nach Übernahme der Ermittlungen übermittelt." Die HSH hatte 2014 insgesamt 126 Millionen Euro an den Fiskus zurücküberwiesen, darunter 14 Millionen Euro an Zinsen.

Insgesamt mehr als zehn Milliarden Euro Steuerschaden durch Cum-Ex

Aber auch wenn das Steuerverfahren damit erledigt ist, dauern strafrechtliche Untersuchungen an. So ermittelt die Staatsanwaltschaft Köln gegen zwei ehemalige Mitarbeiter der Bank wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung. Ob die Razzia von Dienstag damit in einem Zusammenhang steht, ist derzeit nicht bekannt; sie kann sich auch auf andere oder neue Erkenntnisse stützen. Sie ist allerdings insofern eine Überraschung, als die Staatsanwaltschaft in Hamburg jahrelang keine Ermittlungen geführt hatte.

Die Beteiligung der HSH Nordbank an Cum-Ex war auch deswegen ein Aufreger für sich, weil das Institut im Zuge der Finanzkrise vom Staat gerettet werden musste und dafür drei Milliarden Euro aus den Landeskassen Hamburgs und Schleswig-Holsteins bekommen hatte. Und auch, wenn die Cum-Ex-Praxis 2012 wegen einer Gesetzesänderung endete - das Gebaren der Beteiligten wirkt bis heute nach.

Die Staatsanwaltschaft Köln ermittelt deutschlandweit gegen rund 900 Manager, Händler und Anwälte wegen Steuerhinterziehung. Der Schaden für die Steuerzahler wird auf mehr als zehn Milliarden Euro geschätzt. Im März 2020 wurden erstmals zwei britische Investmentbanker in einem deutschen Cum-Ex-Prozess verurteilt. Inwieweit das Urteil Bestand hat, darüber entscheidet der Bundesgerichtshof am Ende dieses Monats. Am 1. Juni dieses Jahres sprach das Landgericht Bonn einen deutschen Banker schuldig, er wurde zu einer Haftstrafe von fünfeinhalb Jahren verurteilt. In beiden Fällen ging es um die Privatbank M.M. Warburg, die ebenfalls in Hamburg sitzt.

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