HSBC:"Die sind mehr außer Kontrolle als unter Kontrolle"

HSBC: Die Zentrale der HSBC-Bank in der Canary Wharf in London

Die Zentrale der HSBC-Bank in der Canary Wharf in London

(Foto: imago stock&people)
  • Die von den Swiss-Leaks betroffene HSBC ist ein 150 Jahre altes Traditionshaus, das lange vor allem in Asien aktiv war.
  • Die HSBC steht schon länger in der Kritik, in mehreren Ländern wird ermittelt. In den USA musste sie eine Milliardenstrafe zahlen.
  • Die HSBC räumt Fehler ein und sagt, sie habe in den vergangenen Jahren ihre Geschäftspraktiken verbessert.
  • Experten zweifeln daran, dass der Wandel gelingt.

Von Bastian Brinkmann, Robert Gast und Charlotte Theile, Zürich/München

Sie bekommen nicht oft Besuch hier am Paradeplatz. Die beiden Männer im Anzug springen auf, wenn ein unangemeldeter Gast in die Filiale der Bank HSBC in Zürich kommt. Zutritt nur für Kunden, alles klar, adieu. Schön haben sie es hier, heller Marmor, dunkles Leder. In welch schmutzige Geschäfte die HSBC in den vergangenen Jahren verwickelt war, sehen die Besucher nicht, natürlich nicht. Aber in den Unterlagen des Swiss-Leaks sind Hunderte, wenn nicht Tausende dubiose Deals dokumentiert - die allesamt über die HSBC abgewickelt wurden. Was ist das für eine Bank?

Vielleicht gibt es sie drei Mal, diese HSBC. Da ist das Traditionshaus, gegründet 1865 in den britischen Kolonien, heute weltweit vertreten. HSBC ist die Abkürzung für Hongkong and Shanghai Banking Corporation. Sie wirbt mit Bronzelöwen, um zu zeigen, wie sicher und beschützt das Ersparte bei ihr ist.

Animierte Grafik: Hassân Al Mohtasib

Die zweite HSBC ist eine Bank, die Geschäfte mit Personen machte, die verstrickt waren in Terrorfinanzierung und Drogenschmuggel. Die bereits hohe Strafen zahlen musste. Deren Mitarbeiter Steuerhinterziehern halfen. In Frankreich, Belgien und Argentinien laufen Ermittlungen, unter anderem wegen Geldwäsche und Beihilfe zur Hinterziehung.

HSBC-Chefs predigen den Wandel

Und schließlich gibt es eine dritte HSBC, von ihr erzählen zumindest die Bank-Chefs: eine Bank, die in der Vergangenheit viele Fehler gemacht habe. Bei der jetzt aber alles besser werden soll. Weg vom Schattengeschäft, hin zum völlig legalen Vermögensverwalter.

Ein globales Finanzinstitut mit Geschichte, eine Hausbank für Kriminelle oder ein Großkonzern, der sich um einen Kulturwandel müht: welche ist denn nun die echte HSBC?

Der Ruf der Bank ist schlecht. Ihre Unternehmenskultur sei "seit Langem durch und durch verdreckt", urteilte ein amerikanischer Abgeordneter. Er arbeitete im Untersuchungsausschuss des US-Senats mit, der sich die Bank 2012 vorknöpfte und ihr schwerwiegende Vergehen nachwies. Die HSBC half demnach mexikanischen Drogenkartellen, Geld beiseitezuschaffen.

Beste Kontakte zur britischen Regierung

Sie machte Geschäfte mit Instituten, die Verbindung zu Terrorfinanzierern hatten. Und sie verstieß gegen Iran-Sanktionen. Die Bank zahlte fast zwei Milliarden Dollar Strafe, um die Sache zu beenden. Die Vorgänge fallen in die Zeit, als Lord Green of Hurstpierpoint die HSBC führte, die in London ihre Zentrale hat. Der Banker wurde später britischer Handelsminister in der Regierung von David Cameron.

Auch bei den jüngsten Bankenskandalen war die HSBC dabei. Ihre Händler sollen die Kurse von Währungen, den Goldpreis und einen wichtigen Bankenzinssatz zum Vorteil der HSBC beeinflusst haben. Für die Währungsmanipulation zahlte die Bank mehr als 200 Millionen Pfund Strafe an die britische Finanzaufsicht.

Vor allem in Asien läuft das Geschäft, auf dem deutschen Markt ist das Geldhaus weniger präsent. Hierzulande ist die Bank unter dem Namen HSBC Trinkaus & Burkhardt aktiv. Sie hat nur 18 Standorte in Deutschland, doch geriet die Bank vor einem Jahr in die Schlagzeilen, nachdem Nordrhein-Westfalen eine Steuer-CD des Geldhauses gekauft hatte.

Die Fahnder fanden in den Daten auch ein Konto ihres ehemaligen Dienstherren, des Ex-Finanzministers Helmut Linssen. Das Verfahren gegen ihn wurde eingestellt. Auf dem Konto waren keine Erträge angefallen, die Linssen hätte versteuern müssen. Trotzdem trat er als Bundesschatzmeister der CDU zurück.

Die HSBC schämt sich öffentlich für die Schweizer Geschäfte

Früher stritt die Bank ab, überhaupt ein Problem mit ihren Kunden zu haben. Seine Mitarbeiter müssten alle verdächtigen Fälle melden, doch das komme nicht oft vor, sagte der damalige Chef der HSBC Private Bank noch 2008 selbstbewusst. "Ich freue mich, dass ich sagen kann, dass es sich nicht um eine große Anzahl handelt", sagte er. Das war kurz nachdem die internen Dokumente aus Genf verschwunden waren, die Steuerhinterziehung im Milliardenbereich belegen.

Nun schämt sich die HSBC für die Geschäfte der Schweizer Tochter. Die Bank hat neue Regeln erlassen. Wenn ein Kunde jetzt mehr als 10 000 Dollar in bar abhebe, müsse er strenge Kontrollen über sich ergehen lassen. Kunden konnten früher verlangen, dass die Bank ihnen keine Post nach Hause schickt. Für Steuerfahnder ist das ein starkes Indiz, dass die Person das Schweizer Konto vor ihnen geheim halten will. Diese Praxis habe die Bank beendet. Sogar Briefkastenfirmen, die den Eigentümer eines Kontos verschleiern, wolle die HSBC loswerden.

Swiss-Leaks in der SZ

Die Süddeutsche Zeitung berichtet von der Montagsausgabe an in einer Serie über Swiss-Leaks. Die Seite Drei porträtiert den Informanten Falciani als "Robin not so good". Eine Doppelseite analysiert das Ausmaß des Datenlecks sowie die Rolle der HSBC und lässt den französischen Staatsanwalt zu Wort kommen, der über den entscheidenden Moment in den Ermittlungen spricht.

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Ein Papagei soll den Wandel bringen

Vor allem auf Druck der USA ändert die Bank interne Abläufe. Sie hat Tausende Mitarbeiter eingestellt, die sich darum kümmern sollen, dass Gesetze und Vorschriften auch eingehalten werden. Um die Bankberater einzubinden, installierte der Arbeitgeber neue Bildschirmschoner. Über die Monitore flackere nun die Ermahnung, die Angaben der Kunden zu hinterfragen. Wer die neue Ausrichtung vorbildlich mittrage, bekomme ein Zertifikat, das mit einem Papagei dekoriert sei. "Ich bin ein Vogel des Wandels", stehe auf dem Papier. So erzählten es zumindest HSBC-Angestellte der Finanzzeitung Wall Street Journal im Januar.

Die Frage ist: Reicht das?

Das Finanzinstitut behauptet, alle Probleme gelöst zu haben. "Wir haben heute nur noch Kunden, die einer umfassen- den Steuertransparenzprüfung genügen", lässt der Chef der HSBC Schweiz, Franco Morra, verbreiten. Sein Haus habe kein einziges steuerlich problematisches Konto mehr. "Alle anderen Kundenbeziehungen haben wir eingestellt", sagte er der Neuen Zürcher Zeitung am Sonntag. Ein Beleg sei der Rückgang der Anzahl der Konten. Es sind nach Angaben der Bank fast zwei Drittel weniger als noch im Jahr 2007. Somit sank auch die Summe des verwalteten Vermögens, von fast 120 Milliarden Dollar im Jahr 2007 auf zuletzt weniger als 70 Milliarden Dollar.

Aus der Schweiz nach Liechtenstein

Doch das Geld ist nicht verschwunden. Es ist nur woanders. Mehr als 30 Milliarden Dollar wanderten 2013 aus der Schweiz nach Asien, in die HSBC-Niederlassungen in Hongkong und Singapur. Das zeigt der Geschäftsbericht der Bank. Beide Städte gelten ebenfalls als Steueroasen.

Vergangenen Sommer verkaufte die HSBC Private Bank zudem einen großen Teil ihres Geschäfts an die LGT - also ausgerechnet an das Geldhaus des Fürstentums Liechtenstein, dessen Steueraffäre den damaligen Postchef Klaus Zumwinkel zu Fall brachte. Die LGT übernahm von der HSBC vor allem reiche Kunden aus Europa und Südamerika, die insgesamt mehr als zehn Milliarden Dollar eingezahlt hatten.

Weltweit betrachtet hat das verwaltete Vermögen der HSBC sogar deutlich zugenommen: von etwa 580 Milliarden Euro in 2007 auf zuletzt fast 670 Milliarden Euro.

Wie beim "Schwarzer Peter"

Die HSBC ist nicht alleine mit dem formulierten Anspruch, dreckiges Geld loszuwerden und sich auf legale Geschäfte zu konzentrieren. Die Schweizer Finanzbranche nennt das Weißgeldstrategie, um sich abzugrenzen vom Image des Schwarzgeldspeichers.

Das Schweizer Bankgeheimnis verbietet den Instituten aber weiterhin, ausländischen Fahndern Kundendaten zu übermitteln. Weil gerade viele Institute ihre heiklen Konten loswerden wollen, schieben sie sich die problematischen Kunden gegenseitig zu. "Es ist wie beim Kartenspiel Schwarzer Peter", sagte vor Kurzem ein HSBC-Manager auf einer Konferenz.

Die amerikanischen Behörden haben der Bank bis 2017 Zeit gegeben, um aufzuräumen. Das US-Justizministerium veröffentlicht im kommenden April einen Zwischenbericht. Er wird mutmaßlich nicht gut ausfallen, berichtet das Wall Street Journal. Die Bank habe noch viel zu tun.

Experten haben Zweifel am Kurs der Bank

Kenner der Branche zweifeln ebenfalls am Versprechen der Bank, sich ändern zu wollen. Monika Roth ist Professorin an der Hochschule Luzern und spezialisiert auf Finanzmarktrecht und Compliance, also auf die internen Kontrollmechanismen der Banken. "Bei der HSBC habe ich aufgrund vieler Vorfälle den Eindruck, dass eine wirkliche Compliance-Kultur zur Zeit nicht gegeben ist", sagt Roth. "International wird eine Weißgeldstrategie wohl eher nicht konsequent umgesetzt."

Dennis Lormel formuliert es drastischer. Er ist der ehemalige Leiter der Abteilung Finanzkriminalität des FBI. "Bei der HSBC kapieren es die Leute immer noch nicht", sagt Lormel. "Die sind mehr außer Kontrolle als unter Kontrolle."

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