HRE-Prozess:Ein verschenkter Tag

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War am Mittwoch praktisch umsonst im Gericht: Georg Funke, der ehemalige Chef der Hypo Real Estate. (Foto: Michael Dalder/Reuters)

Im HRE-Prozess gibt es Verwirrung um die Aussage ehemaliger Wirtschaftsprüfer, die Zeugen werden wieder heim geschickt. Wer hat Schuld?

Von Stephan Radomsky

Petra Wittmann ist sauer, kein Zweifel. Dieser elfte Verhandlungstag gegen den ehemaligen Chef der Skandalbank Hypo Real Estate (HRE), Georg Funke, und Ex-Finanzvorstand Markus Fell ist eigentlich schon vorbei, bevor er wirklich begonnen hat: Erstens ist einer der Schöffen erkrankt, deshalb kann nicht verhandelt werden, das passiert; zweitens aber dürfen auch die Zeugen, die die Vorsitzende Richterin für diesen Mittwoch vor die 5. Strafkammer geladen hat nicht aussagen. Und das erbost Wittmann sichtlich.

Eigentlich wollte sie zwei Mitarbeiter der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG befragen. Die nahm auch 2008 alle Bilanzen der HRE ab und bestätigte ihre Richtigkeit. Es wäre also interessant zu hören, was die Mitarbeiter von damals zu den Berichten für das Jahr 2007 und das erste Halbjahr 2008 zu sagen haben. Denn Funke und Fell wird vorgeworfen, in beiden Dokumenten die Lage bei der HRE geschönt dargestellt zu haben.

Am Mittwoch erfährt das Gericht dazu allerdings nichts. Die heutige HRE, de facto nur noch eine leere Hülle mit ein paar Mitarbeitern, habe nicht alle KPMG-Leute von damals von deren Schweigepflicht entbunden, zürnt Wittmann, obwohl sich das Gericht "wirklich intensivst darum bemüht hat" und in der Sache schon seit Anfang Mai mit dem Institut in Kontakt gewesen sei. Das habe "nicht gerade zur Stimmungsaufhellung beigetragen".

Mauert also die HRE gegen eine Aufklärung? Ausgerechnet jene Bank, die 2008 erst mit Steuer-Milliarden vor dem Kollaps gerettet und später sogar ganz verstaatlicht werden musste?

Keineswegs, im Gegenteil, heißt es aus dem Umfeld des Instituts. Zunächst habe das Gericht bei der falschen ehemaligen HRE-Tochter um die Freigabe für die Rechnungsprüfer nachgesucht. Später dann habe die HRE die KPMG und ihre Leute soweit möglich von der Schweigepflicht entbunden. Das schließe, so sieht man es bei der HRE, nach den Regeln der Strafprozessordnung automatisch nicht nur die namentlich benannten Prüfer, sondern auch alle weiteren mit der HRE betrauten Mitarbeiter von damals ein. Dass Wittmann die geladenen KPMG-Männer dennoch heimschickte, sei, nun ja, ihr Fehler. Es war aber nicht die letzte Chance, die Prüfer zu befragen. Der Prozess wird wohl noch bis mindestens bis Anfang Oktober dauern. Zeit genug also, um alle Dokumente zusammenzubekommen und einen neuen Termin für die Aussage zu vereinbaren.

© SZ vom 29.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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