Süddeutsche Zeitung

Hotelimmobilien:Griff nach den Sternen

Die Objekte sind bei Investoren begehrt. Besonders die Luxusklasse hat es ihnen angetan. Aber gute Häuser zu finden wird schwieriger.

Von Sabine Richter

Hotels in Deutschland sind bei Investoren seit Jahren begehrt, ob als Einzelstück oder im Paket. Zum ersten Halbjahr dieses Jahres hat sich diese Anlageklasse sogar an die Spitze des gewerblichen Investmentmarktes gesetzt und Büro, Einzelhandel und Logistik hinter sich gelassen. Mit 2,16 Milliarden Euro liegt das Transaktionsvolumen etwa 45 Prozent über dem sehr guten Resultat aus dem vergleichbaren Vorjahreszeitraum, ermittelte BNP Paribas Real Estate.

Laut CBRE summiert sich in der ersten Jahreshälfte das deutsche Hotelimmobilien betreffende Transaktionsvolumen auf 2,02 Milliarden Euro, plus 39 Prozent. Ein so hohes Quartals- wie auch Halbjahresergebnis habe es seit Aufzeichnungsbeginn nicht gegeben. JLL ermittelte zwei Milliarden Euro (plus 35 Prozent), Colliers International 2,1 Milliarden Euro (plus 40 Prozent). Knapp 43 Prozent des Ergebnisses entfallen nach Angaben von BNPPRE auf Portfolios. Das größte gehandelte Paket war das ehemalige Interhotel Portfolio mit neun Hotels, die die Private Equity Unternehmen Starwood Capital, USA, und Brookfield, Kanada, an den französischen Investor Foncière des Régions verkaufte. Größte Einzeltransaktionen im zweiten Quartal waren das Maritim Hotel Dresden an Frasers Hospitality Trust und das Projekt Holiday Inn HafenCity in Hamburg an Union Investment. "Während bei den Portfolios der erneute Verkauf des Interhotel-Pakets den Umsatz beflügelt hat, war es im Einzelsegment vor allem die Vielzahl an Transaktionen, die deutlich über dem Vorjahresniveau liegt und alle Größenklassen umfasst", sagt Alexander Trobitz, Head of Hotel Services der BNP Paribas Real Estate GmbH.

Der Kauf des Interhotel Portfolios war auch entscheidend für den mit 62 Prozent hohen Anteil ausländischer Investoren am gesamten Volumen (Erstes Halbjahr 2015: 30 Prozent). Gemessen an der Anzahl der Transaktionen geben aber deutsche Investoren den Ton an.

Wie bereits im Vorjahr waren 4-Sterne-Hotels besonders beliebt (1,14 Milliarden Euro Umsatz), errechnete Colliers International. Dahinter reihten sich wieder die 3-Sterne-Hotels ein (570 Millionen Euro). Mit Hotels der 5-Sterne-Kateorie wurden knapp 270 Millionen Euro umgesetzt, mit der 2-Sterne-Kategorie 82 Millionen Euro. 1-Sterne-Hotels erreichten im ersten Halbjahr 24 Millionen Euro. Über die Hälfte der Transaktionen (54 Prozent) wurde wie auch im Jahr zuvor in den sieben wichtigsten Hotelstandorten Deutschlands - Berlin, Frankfurt, Hamburg, Düsseldorf, Köln, München und Stuttgart - getätigt.

Die Fachwelt setzt auch weiterhin auf ein reges Marktgeschehen. "Das Interesse an deutschen Hotelimmobilien wird hoch bleiben", sagt Sheima Salloum, Head of Capital Markets der JLL Hotels & Hospitality Group Germany. Dafür sprächen die starke Hotelperformance, das Zins- und wirtschaftliche Umfeld sowie die positive Gästeentwicklung. In den vergangenen fünf Jahren konnten die deutschen Hoteliers jeweils Übernachtungsrekorde feiern. Ein immer größerer Investorenkreis, insbesondere Private-Equity-Firmen sowie ausländische Käufer auch aus dem asiatischen Raum, zeige Interesse für großvolumige Hotelinvestments.

Dank umfangreicher Bautätigkeit sei die Pipeline gut gefüllt, dennoch sei es aufgrund der starken Nachfrage häufig schwierig, passende Angebote zu finden. "Investoren kaufen vermehrt auch Projektentwicklungen, auch solche, deren Fertigstellung mehrere Jahre in der Zukunft liegt", sagt die Hotelexpertin. Bei den klassischen Anlageprodukten seien aber keine signifikanten Preissteigerungen zu erwarten, meint Salloum.

"Weil der Markt in den traditionellen Bereichen gesättigt ist, interessieren sich die großen Player derzeit verstärkt für alles, was auf der Betreiberseite im Trend oder im Kommen ist", so Salloum. Das seien primär die Bereiche Serviced Apartments, der studentische Wohnungsmarkt und individuelle Budget-Konzepte mit "Erlebnisgewinn", die vor allem junge Reisende ansprechen, die das etwas andere Hotel ohne Tourismusgefühl suchen. Die Zimmer seien zumeist einfach, sogar Mehrbettzimmer seien im Kommen. "Dafür versprechen schicke große Küchen, Gemeinschaftsflächen mit Billardtisch und Tischfußball oder ein Keller, der in einen Klub umfunktioniert werden kann, Kommunikation und Gemeinschaftserlebnisse", sagt Salloum.

Die lockere Stimmung, die diese Häuser bieten, hat einen handfesten Hintergrund. Die Hostels, beispielsweise der schnell wachsenden Ketten A&O Hostels oder B&B, stehen in Konkurrenz zu Angeboten wie Airbnb, Wimdu oder 9flats.com, die mit wachsendem Erfolg in aller Welt Privatzimmer vermieten, und dieses gern mit Familienanschluss.

Auf der anderen Seite stehe eine große Gruppe vor allem deutscher und kontinentaleuropäischer Reisender, die kein Risiko eingehen wollen und ein sauberes, solides Hotelzimmer mit vernünftigem Preis-Leistungsverhältnis haben wollen. Diese Karte spielten die traditionellen Ketten mit ihren 2- bis 4-Sterne Hotels sehr erfolgreich, sagt Sheima Salloum. Der Grund, weshalb diese Hotelkategorie mit entsprechenden Pachtvertragsverhältnissen ein begehrtes Produkt für Investoren sei.

Auch der 5-Sterne-Bereich mit seinem traditionell-klassischen Luxus findet nach wie vor Liebhaber unter den Investoren, dieses seien allerdings zumeist sogenannte Trophy-Käufer, bei denen Prestige, emotionale Gründe und die Lokalität vor der Rendite rangierten.

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SZ vom 30.09.2016
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