Hollywood:Star Wars - nur noch Rekorde

Das Wahnsinnswochende macht deutlich: Star Wars dürfte Disney langfristig astronomische Einnahmen bescheren.

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Nein, J.J. Abrams sitzt nun nicht in seiner Villa in den Pacific Palisades und reibt sich zufrieden die Hände. Der Regisseur von "Star Wars: The Force Awakens" hat überhaupt keine Zeit dazu, er ist auch nach dem Filmstart noch ein bedeutsames Rädchen in der gewaltigsten Marketingmaschine in der Geschichte dieser Galaxie.

Seine Darsteller lässt Abrams in Late-Night-Shows gegen einen sieben Jahre alten Fan zum Quiz antreten oder Star-Wars-Melodien a cappella vortragen, er selbst hetzt von Auftritt zu Auftritt und versucht rührend, jeder einzelnen Veranstaltung ein neues, exklusives Detail zu gönnen: dass er das Ende der Spannung wegen gekürzt hat, dass er höchstselbst die Idee zum kinnladenherunterklappenden Moment des Films hatte, dass ehemalige Darsteller wie Ewan McGregor und Alec Guinness als Stimmen auftauchen. Solche Sachen eben.

"Unglaubliches Wochenende"

Vielleicht hat Abrams am Montag während des Sprints zum nächsten Termin dann doch erfahren, dass er sich, sollte diese monströse Kampagne jemals enden, die Hände reiben darf. Der siebte Teil der Sternenkrieg-Reihe legte das erfolgreichste Start-Wochenende der Geschichte hin, weltweit spielte der Film 528,9 Millionen US-Dollar ein und überholte damit "Jurassic World", das im Sommer 524,9 Millionen Dollar erlöst hatte. "Es war ein unglaubliches Wochenende", sagte Disney-Chef Robert Iger, dessen Unternehmen vor drei Jahren für vier Milliarden Dollar die Produktionsfirma Lucasfilm und damit die Rechte an Star Wars gekauft hatte und nun eine satte Rendite dafür erwartet.

Natürlich war dem Film ein grandioses Start-Wochenende prognostiziert worden, schließlich hat sich Disney die Vermarktung (225 Millionen Dollar) mehr kosten lassen als die Produktion des Films (200 Millionen Dollar).

Die nun veröffentlichten Zahlen allerdings übertreffen die Erwartungen und deuten darauf hin, dass "The Force Awakens" die weltweiten Erlöse von "Avatar" (3,1 Milliarden Dollar) übertreffen und damit der erfolgreichste Film der Geschichte werden könnte.

"Wir brechen gerade einen Rekord nach dem anderen", sagt Dave Hollis, bei Disney verantwortlich für den Vertrieb. Etwa: meiste Vorführungen weltweit an einem Tag (mehr als 110.000), höchste Erlöse an einem Sonntag (61 Millionen), größter Rückgang der Internetnutzung wegen einer Filmpremiere (11,7 Prozent in Deutschland).

In Hollywood wird der gewaltige Erfolg als Zeichen dafür gewertet, dass die Filmindustrie zurückschlägt und die Macht im Blockbuster-Kino wieder erwacht. Das ist dringend notwendig, schließlich sind für die kommenden Jahre nicht nur Star-Wars-Fortsetzungen (im Wechsel jeweils eine neue Episode der Original-Saga und eine außerhalb stattfindende Geschichte) geplant, sondern auch neue Filme der Franchises Indiana Jones, Avatar, Jurassic Park - und natürlich Superhelden-Monster-Spektakel wie "Batman v. Superman" oder das Duell zwischen King Kong und Godzilla.

Mehr als nur ein Film

"Dieses Wochenende legt den Grundstein, langfristig noch viel mehr Einnahmen generieren", sagt Iger: "Ich habe schon immer gesagt, dass 'Star Wars' viel mehr ist als nur ein Film." Es heißt, dass Disney innerhalb der kommenden zwölf Monate mehr als fünf Milliarden Dollar über Star-Wars-Merchandise-Artikel einnehmen könnte. "Es ist die wertvollste Mythologie unserer Zeit", sagt Iger, der für den Zukauf von Lucasfilm harsch kritisiert worden ist und sich nun mit Dollarzeichen in den Augen die Hände reiben darf: "Es war für uns immer mehr als nur das Geschäft mit einem Film - es ging stets um viel mehr: Bücher, Spiele, Attraktionen in Freizeitparks. Wir wussten, dass wir für diese Erlöse gute Filme brauchen würden."

Das ist Abrams gelungen. Es gibt noch eine Zahl vom vergangenen Wochenende, die Meta-Kritik-Seite Rotten Tomatoes hat sie veröffentlicht und dürfte für ein Lächeln bei Abrams und Iger sorgen. Laut der Analyse fielen 95 Prozent aller Kritiken zu "The Force Awakens" positiv aus. Das ist ein außerordentlicher Wert und Hinweis darauf, dass sich nicht nur der Marketing-Marathon lohnt, sondern dass der Film auch künstlerisch erfolgreich ist. Und dass die Menschen auch die Fortsetzungen sehen und weiterhin Spielzeug kaufen werden.

Dennoch muss Abrams seine Vermarktungs-Tournee fortsetzen. Die wird ihn im neuen Jahr nach China führen - was das Einspielergebnis an diesem Wochenende übrigens noch faszinierender werden lässt. Weil alle 34 Plätze für ausländische Filme in diesem Jahr schon vergeben waren, wird "The Force Awakens" auf dem zweitgrößten Filmmarkt der Welt erst am 9. Januar gezeigt und soll dort mehr als 500 Millionen Dollar erwirtschaften. Abrams muss sich also mit dem Herumsitzen und Händereiben noch ein bisschen gedulden. Oder wie Disney-Vertriebsschef Hollis sagt: "Kollabieren können wir dann im Februar."

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