Holcim und Lafarge:Zement-Konzerne planen Mega-Fusion

General Views of Housing Construction in Tijuana

Im mexikanischen Tijuana wird ein Wohnkomplex aus Beton hochgezogen

(Foto: Bloomberg)

Weil die Schwellenländer bauen und bauen, lässt sich mit Zement viel Geld verdienen. Die Konzerne Holcim und Lafarge wollen sich nun zum weltgrößten Baustoffproduzenten zusammenschließen. Die Zustimmung der Kartellbehören steht jedoch noch aus.

Von Wolfgang Koydl, Zürich

Zement hat zwar nicht denselben attraktiven Ruf wie Rohstoffe, kann aber auch die Börsen bewegen. Einerseits ist der Grundbaustoff genauso wichtig für die Weltwirtschaft. Außerdem steht die Branche vor der zweitgrößten Firmenfusion Europas - nach dem Zusammenschluss der Rohstoff-Konzerne Glencore und Xstrata - die Anleger sind begeistert.

Der schweizerische Zement-Weltmarktführer Holcim und die globale Nummer zwei, das französische Unternehmen Lafarge, wollen sich zusammenschließen, das gaben die beiden Konzerne an diesem Montag bekannt. Der neue Konzern hätte seinen Sitz in der Schweiz, brächte einen Börsenwert von 50 bis 60 Milliarden Franken auf und würde einen kombinierten Umsatz von 38 Milliarden Franken erzielen. Insgesamt würden mehr als 100 000 Menschen für die Firma arbeiten - vorausgesetzt, die Einsparungen und Stellenkürzungen, die sowohl Holcim als auch Lafarge seit Längerem umsetzen, werden eingestellt.

Die deutsche Heidelberg-Cement, bisher die Nummer drei in der Welt, würde zwar auf den zweiten Platz hinter dem neuen Giganten aufrücken. Ihr Umsatz von umgerechnet 17 Milliarden Franken wäre jedoch weniger als die Hälfte des neuen Konzerns. Auf der positiven Seite könnten Heidelberg und andere Konkurrenten der gebeutelten Branche freilich verzeichnen, dass der harte Preiskampf vermutlich ein Ende nehmen wird.

Abschiedsgeschenk vom Chef

Bevor die Fusion zustande kommt, müssen allerdings noch die Kartellbehörden zustimmen. In der Vergangenheit waren selbst kleinere Transaktionen in der Branche auf Widerstand der Wettbewerbshüter gestoßen. Doch ein Scheitern in letzter Minute gilt als unwahrscheinlich. Der scheidende langjährige Verwaltungsratschef Rolf Soiron will Holcim damit ein Abschiedsgeschenk machen. Auf der Hauptversammlung Ende April soll der Schweizer von Ex-Linde-Chef Wolfgang Reitzle ersetzt werden. Soiron war maßgeblich für den strammen Sparkurs verantwortlich, mit dem der Zement-Hersteller aus den mageren Zeiten herausgeführt werden sollte.

Schwellenländer, die angesichts des starken Bevölkerungswachstums besonders viel in den Wohnungsbau und in die Infrastruktur investieren, sind die eigentlichen Wachstumsmotoren der Zementhersteller. Holcim ist bislang vor allem stark in Lateinamerika, während sich die Franzosen traditionell in Afrika und im Nahen Osten engagiert haben. Die Branche hatte jedoch neben der Euro-Krise auch unter der Flaute der Volkswirtschaften in wichtigen Schwellenländern gelitten. Dadurch wurden Bauvorhaben storniert. Holcim hatte aber sehr große Kapazitäten aufgebaut.

Alles zusammen führte zu einer hohen Netto-Verschuldung von 9,5 Milliarden Franken bei Holcim und 10,3 Milliarden Euro bei Lafarge. Dessen Kreditwürdigkeit hat nur noch Ramsch-Niveau. Bei einem Zusammenschluss mit den Schweizern würden sie von deren besserem Kredit-Rating profitieren, die Zinsen würden sinken.

Der größte Holcim-Aktionär, Thomas Schmidheiny hat eine Stellungnahme zu den Verhandlungen noch am Wochenende - als die Fusion bereits im Raum stand - abgelehnt. Er hält laut Thomson Reuters etwa 20 Prozent. Zweitgrößter Aktionär ist der russische Zementmagnat Filaret Galtschew mit knapp elf Prozent Anteil. Schon vor Bekanntgabe des Schrittes reagierten die Anleger am Freitag euphorisch. Lafarge-Aktien gewannen bei weit überdurchschnittlichen Umsätzen 8,9 Prozent, Holcim 6,7 Prozent.

Inzwischen haben die Verwaltungsräte beider Konzerne laut einer Mitteilung dem Zusammenschluss einstimmig zugestimmt. Zudem hätten einflussreiche Aktionäre beider Unternehmen bereits ihre volle Unterstützung zugesichert.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: