Hoher Preis:Versicherer geht als Start-up an die Börse

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Ein Zahnarztbesuch kann schnell teuer werden. Die Krankenkassen übernehmen oft nur einen Teil der Rechnung bei Zahnersatz. (Foto: Hans Wiedl/dpa)

Die Familienversicherung vergleicht sich eher mit Lemonade als mit der Allianz.

Von Herbert Fromme, Köln

Bis zum 9. November 2018 will die Deutsche Familienversicherung (DFV) in Frankfurt Angebote von Investoren für seine Aktie einholen, ab dem 14. November soll das Papier im Prime Standard der Frankfurter Börse gehandelt werden. Das wäre der erste Versicherungs-Börsengang seit sechs Jahren. Am 2. Oktober 2012 wurde die Aktie des Hannoveraner Talanx-Konzerns zum ersten Mal in Frankfurt und Hannover gehandelt.

Die DFV-Aktie soll zwischen 17 Euro und 23 Euro kosten. Gründer und Firmenchef Stefan Knoll will zwischen 68 Millionen Euro und 92 Millionen Euro einsammeln - für 32 Prozent der Firma, die auf gerade mal 71 Millionen Euro Prämieneinnahmen kommt. Neben einer Kapitalerhöhung plant Knoll dabei auch den Verkauf eigener Aktien. Er hält 32 Prozent.

Erzielt die DFV diesen Preis, hätte die Firma einen Börsenwert zwischen 212 Millionen Euro und 288 Millionen Euro, das Drei- bis Vierfache des Umsatzes. Zum Vergleich: Die Allianz kommt auf 78 Milliarden Euro Börsenwert, das sind gerade mal 62 Prozent des Umsatzes. Der operative Allianz-Gewinn betrug im vergangenen Jahr 11 Milliarden Euro, der Jahresgewinn sieben Milliarden Euro. Die Börsenkapitalisierung der Allianz beträgt also das Siebenfache des operativen Gewinns und das Elffache des Jahresgewinns. Die DFV erreichte einen Gewinn vor Steuern von 2,1 Millionen Euro - sie sieht ihren Wert beim 100-Fachen, ein kühnes Unterfangen.

"Wir vergleichen uns aber nicht mit der Allianz, sondern eher mit Lemonade", sagt ein Sprecher des Unternehmens dazu. Lemonade ist ein amerikanisches Start-up, das auf rund 80 Millionen Dollar Jahresumsatz kommt und immer noch tief in den roten Zahlen steckt. Lemonade hat bislang von Investoren 180 Millionen Euro erhalten und wird auf einen Gesamtwert von über 500 Millionen Dollar geschätzt.

Knoll positioniert sein Unternehmen als Start-up im Versicherungsbereich, im Branchenjargon Insurtech, und nicht als normalen Versicherer. Sonst könnte er den hohen Preis für die Aktie kaum aufrufen.

Das Unternehmen bietet Zahnzusatzpolicen an sowie Zusatzversicherungen für die ambulante Arztbehandlung, den Krankenhausaufenthalt und die Pflege. Wie üblich bei solchen Policen werden sie weitgehend digital verarbeitet. Bei der Schadenregulierung setzt das Unternehmen auf Künstliche Intelligenz, um eine hohe Geschwindigkeit und Betrugssicherheit zu erreichen. Die DFV will Marktführer bei Zusatzpolicen werden. Folgerichtig plant die Firma, den größten Teil - nämlich 46 Millionen Euro - der Summe aus dem Börsengang für Vertriebs- und Marketingzwecke ausgeben, "insbesondere durch die Erhöhung der Werbebudgets für Google, Bing und für moderne Fernsehsender".

© SZ vom 06.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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