Vorbild Österreich:Bundesrat will den Benzinpreis bremsen

Wie lassen sich überzogene Preissteigerungen an den Zapfsäule verhindern? Thüringen hat eine Bundesratsinitiative eingebracht und will den Tankstellenbetreibern verbieten, die Preise öfter als einmal am Tag zu erhöhen. Außerdem sollen Verbraucher über eine Datenbank im Internet jederzeit sehen können, wie viel Super oder Diesel jeweils kostet. Die Chancen, dass der Vorschlag im Bundesrat durchkommt, stehen gut.

Diesel 1,54 Euro, Super E10 1,67 Euro, Super 1,70 Euro - der Blick auf die Tankanzeige dürfte bei Autofahrern dieser Tage schlechte Laune verursachen. In zahlreichen Bundesländern beginnen an diesem Freitag die Osterferien - und es ist jedes Mal die gleiche Diskussion: Nutzen die Mineralölkonzerne den Ferienbeginn und den stärkeren Reiseverkehr für zusätzliche Preiserhöhungen?

Benzinpreise steigen weiter

Benzinpreis-Bremse. Im Bundesrat wird an diesem Freitag über einen Vorschlag beraten, um Preissteigerungen an den Zapfsäulen zu begrenzen.

(Foto: dapd)

Zwar liegt der Rohölpreis mit etwa 125 Dollar pro Barrel für die Sorte Brent derzeit sehr hoch, doch Experten sehen die derzeitigen Rekordpreise nur zum Teil dadurch gerechtfertigt. Eine wissenschaftliche Studie im Auftrag der Grünen hatte gezeigt, dass die aktuellen Preiserhöhungen nur zu einem kleinen Teil durch die Entwicklung an den Rohölmärkten gedeckt sind. Demnach ist der Preis etwa für Superbenzin um 4,7 Cent pro Liter zu hoch.

Auch der ADAC wettert seit Jahren gegen die Preispolitik der Konzerne. Jüngst hatte der Autoklub bei Stichproben an 33 Tankstellen in elf Städten kräftige Preisschwankungen an den Zapfsäulen gemessen. Demnach kostet ein Liter Super E10 im Schnitt abends 2,6 Cent weniger als am Morgen. Diesel sei abends im Schnitt 3,3 Cent je Liter günstiger. Extreme Preisaufschläge gebe es nachts - den größten in München mit zwölf Cent. Die häufigen Sprünge sind nach Einschätzung des ADAC Teil einer Verwirrungstaktik und sollen den Autofahrern das Vergleichen der Preise unmöglich machen.

Doch jetzt will die Politik willkürliche Preissteigerungen der Mineralölkonzerne offenbar erschweren: Thüringen hat eine Bundesratsinitiative eingebracht, die an diesem Freitag in der Länderkammer beraten wurde. Danach sollen die Tankstellenbetreiber die Kraftstoffpreise künftig nur noch einmal am Tag erhöhen dürfen. Außerdem ist geplant, dass Verbraucher über eine Datenbank im Internet den für sie günstigsten Benzinpreis ermitteln können.

Von Österreich lernen

Der Wirtschafts- und der Verbraucherschutzausschuss hatte bereits zuvor über die Vorlage beraten und dem Plenum empfohlen "die Entschließung in modifizierter Form zu fassen", also im Klartext, die Benzinpreis-Bremse zu beschließen und höchstens einige Detailänderungen zu erwägen.

Der Bundesrat forderte nun, die Regierung auf, ein Gesetz auszuarbeiten, um Preissprünge an den Tankstellen zu unterbinden. Auch in den Fraktionen von CDU/CSU und FDP gibt es zahlreiche Befürworter einer Benzinpreis-Bremse. Bis es zu einer Regelung kommt, dürfte es aber mehrere Monate dauern, zudem ist das Bundeswirtschaftsministerium skeptisch. Solche Regulierungen seien "potentiell preissteigernd und daher kontraprduktiv", sagte der Parlamentarische Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, Hans-Joachim Otto (FDP). Die Bundesregierung setze auf "wirksamen Wettbewerb und nicht auf Regulierung".

Vorbild für die Preisbremse sind zwei andere Länder: Österreich und Australien. In Österreich gilt seit April 2011 die Regel, dass Preiserhöhungen nur einmal am Tag, nämlich genau um zwölf Uhr Mittags zulässig sind. Außerdem gibt es eine vom Wirtschaftsministerium in Wien finanzierte Internet-Datenbank die Autofahrern helfen soll, beim Tanken Geld zu sparen. In Westaustralien dagegen müssen die Tankstellenbetreiber ihre Preise für den kommenden Tag jeweils am Vortag um 14 Uhr melden und dürfen ihn über den ganzen nächsten Tag nicht mehr verändern.

Sowohl Wirtschaftsausschuss als auch Verbraucherschutzausschuss weisen dabei darauf hin, dass das österreichische Modell nicht zu den erhofften Preissenkungen geführt habe. Hintergrund ist, dass die Tankstellen im Nachbarland die Preise zwar nur einmal am Tag erhöhen, aber beliebig oft wieder senken dürfen. Das birgt die Gefahr, dass die Konzerne die Preise einmal pro Tag kräftig anheben, um sie dann in mehreren kleinen Schritten wieder herunterzuschrauben. Eine Entlastung der Verbraucher sei deshalb nicht garantiert.

Abhilfe schaffen könnte nur eine Regelung, die jegliche Preisänderung, also sowohl Erhöhung als auch Senkung, nur einmal am Tag gestattet. Der Wirtschaftsausschuss des Bundesrates hat sich deshalb für eine Lösung wie in Westaustralien ausgesprochen, während der Ausschuss für Verbraucherschutz angeregt hat, auch noch andere Alternativen zu prüfen.

Denn auch die australische Regelung stößt bei Experten auf Kritik. "Das Modell könnte Preisabsprachen Tür und Tor öffnen", sagte ein ADAC-Sprecher. Wichtiger sei es, durch mehr Wettbewerb den Druck für möglichst niedrigere Preise zu erhöhen. Auch die freien Tankstellen lehnen das Modell einer stärkeren staatlichen Regulierung und die Untersagung häufiger Preisanpassungen ab: "Vor allem das sogenannte westaustralische Modell hilft nur den Mineralölkonzernen und ist bestens geeignet, die freien Tankstellen aus dem Markt zu drängen", sagte das Vorstandsmitglied der Mittelständischen Energiewirtschaft, Deinhard Dittert.

Verbraucherschützer unterstützen die Forderungen nach einer sogenannten Benzinpreis-Bremse", warnen aber vor zu großen Erwartungen. Ottmar Lell, Verkehrsexperte beim Bundesverband der Verbraucherzentralen, sagte der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung: "Man gewinnt damit eine bessere Überschaubarkeit und und Vorhersehbarkeit der Benzinpreise, aber sinken werden die Preise damit nicht".

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