Masskrug-Diebstahl:"Bitte verzeihen Sie mir meine Taktlosigkeit"

Lesezeit: 2 Min.

Wie viele Krüge jedes Jahr aus dem Hofbräuhaus wegkommen, das bleibt geheim. (Foto: Florian Peljak)

Ein Masskrug-Dieb bekam es über 50 Jahre später mit seinem Gewissen zu tun und schickte eine Entschuldigung - und einen Dollarschein ans Münchner Hofbräuhaus.

Von Benjamin Emonts

Das Masskrug-Stibitzen ist in München eine Art Volkssport, eine Sünde mit jahrzehntelanger Tradition. Die Ein-Liter-Krüge mit ihren großen Augen und Brauerei-Wappen sind für (betrunkene) Touristen, aber auch manch Einheimische einfach zu verlockend, um sie nicht mal eben im Rucksack, unter der Jacke oder als Bierbauch getarnt unter dem Pullover verschwinden zu lassen. Besonders bei Chinesen und Amerikanern sollen die Krüge als Souvenir hoch im Kurs stehen.

Doch einen Rentner aus dem US-Bundesstaat Wyoming hat nun das schlechte Gewissen gepackt: Er hat per Brief ein Geständnis beim staatlichen Hofbräuhaus in München abgelegt. Er hatte bei einem Besuch im Jahr 1972, damals noch als College-Student, was die Tat vielleicht als Jugendsünde entschuldigen mag, einen Steinkrug aus dem Brauhaus gestohlen. Er stehe bis heute in dessen Haus in der amerikanischen Peripherie. Ob daraus noch Bier getrunken wird - unklar.

Der Rentner zahlt 50 Dollar Bußgeld

In seinem Brief schreibt der Rentner: "Ich entschuldige mich, dass ich das Hofbräuhaus mit einem bläulichen Steinkrug mit Ihrem Logo HB verlassen habe. Ich habe ihn mitgenommen, ohne dafür zu bezahlen." Als freiwilliges Bußgeld legte er dem Brief eine 50-Dollar-Note bei. "Ich glaube, dass der beigefügte Betrag die Kosten deckt. Bitte verzeihen Sie mir meine Taktlosigkeit." Er unterschreibt das Geständnis mit: "Ein dummer College-Student."

Das Geständnis und der 50-Dollar-Schein. (Foto: Hofbräuhaus)

Beim Bestohlenen kam das gut an, sagt Tobias Ranzinger vom Hofbräuhaus am Telefon. "Wir haben geschmunzelt und uns über die Ehrlichkeit gefreut." Als Dank schickte er dem Rentner einen Brief mit einer Freibiermünze. "Wir würden uns freuen, wenn er sich noch mal auf den Weg nach München macht und ein Bier bei uns trinkt."

Die Steinkrüge von damals gibt es heute nicht mehr, sie wurden im Jahr 1972 zu den Olympischen Sommerspielen in München auf Geheiß der Stadt durch Glaskrüge ausgetauscht. Die Gäste sollten so besser sehen, ob die Krüge sauber sind und das Bier ordentlich eingeschenkt wurde. Eine Rarität aber seien die Krüge trotz ihres Alters nicht, sagt Ranzinger. "Die sind nicht dramatisch viel wert, die 50 Dollar dürften locker reichen." Mit dem Geld sollen nun Schultüten für bedürftige Kinder besorgt werden.

Heute sind die Steinkrüge sicher

Wie viele Krüge jedes Jahr aus dem Hofbräuhaus wegkommen, bleibt jedoch geheim. Wenn der Ordnungsdienst Diebe erwische, nehme er ihnen den Masskrug höflich ab und schicke sie nebenan in den Souvenir-Shop, wo es die Krüge zu kaufen gibt. "Dann hat man auch kein schlechtes Gewissen 50 Jahre später." Denn dass Masskrug-Diebe gerade im Alter plötzlich Reue zeigen, ist kein Einzelfall. Zuletzt hatte eine ältere Frau per Paket einen Steinkrug zurück ans Hofbräuhaus geschickt. Auch sie kam aus den USA und hatte den Krug Ende der Sechzigerjahre geklaut.

Grundsätzlich haben heute nur noch Stammgäste Steinkrüge im Hofbräuhaus. Von den etwa 3500 können 616 ihre Steinkrüge in Fächern wegschließen mit einem Vorhängeschloss. Zumindest diese Krüge gelten als sicher.

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