Höchstrichterliche Entscheidung:Verfassungsrichter erlauben Flashmobs als Streikmittel

Die Gewerkschaft Verdi ließ Streikende in einem Supermarkt einkaufen und legte ihn so lahm. Arbeitgeber klagten. Nun hat das Bundesverfassungsgericht Flashmobs als Streikmittel für rechtens erklärt.

Die Gewerkschaft Verdi organisierte 2007 per Telefon und SMS 40 Streikende. Die versammelten sich in einem Supermarkt, in dem Streikbrecher arbeiteten, kauften Cent-Artikel ein oder ließen vollgepackte Einkaufswagen in den Gängen stehen. Die Folge: Blockade an der Kasse, Chaos im Laden. Der Handelsverband Berlin-Brandenburg wollte solche Flashmobs daraufhin verbieten und klagte gegen Verdi.

Nun hat das Bundesverfassungsgericht entschieden: Im Arbeitskampf dürfen Gewerkschaften auch zu Blitzaktionen aufrufen. Die Verfassung begrenze Arbeitskämpfe nicht grundsätzlich auf traditionelle Mittel wie Streik und Aussperrung, Flashmobs seien als Streikmittel mit dem Grundgesetz vereinbar, heißt es in der Entscheidung des Gerichts.

Die Grundrechte des Arbeitgebers seien nicht verletzt, Blitzaktionen als Arbeitskampfmittel erlaubt, wenn sie gewerkschaftlich getragen und auf Tarifverhandlungen bezogen seien.

Die Richter bestätigten damit ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts: Dieses hatte Flashmobs als Mittel des Arbeitskampfes 2009 grundsätzlich gebilligt. Die Blitzaktionen müssten aber als Teil eines gewerkschaftlichen Arbeitskampfes erkennbar sein, hieß es damals.

Der nationale Handelsverband Deutschland (HDE), in dem auch der Berlin-Brandenburger Verband vertreten ist, reagierte enttäuscht auf das Urteil: Die Rechtsprechung der Gerichte zum Arbeitskampf liefere Arbeitgeber gewerkschaftlichen Aktionen zunehmend hilflos aus.

Die Verfassungsrichter haben aber geurteilt, dass sich das Bundesarbeitsgericht insbesondere mit den Gefahren eines Flashmobs und den Reaktionsmöglichkeiten der Arbeitgeber ausreichend auseinandergesetzt habe.

Ein Sprecher von Verdi begrüßte den Beschluss. "Das Bundesverfassungsgericht stärkt die Arbeitskampfmittelfreiheit der Gewerkschaften. Wir sind nicht darauf verpflichtet, Streiks immer nur mit Trillerpfeifen und Transparenten durchzuführen."

© Süddeutsche.de/dpa/sana - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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