Hochtief: Katar steigt ein:Der Scheich soll's retten

Coup in letzter Minute: Hochtief bewegt das Emirat Katar dazu, als Großaktionär einzusteigen. Doch es ist fraglich, ob das reicht, um die Übernahme durch den Rivalen ACS zu verhindern.

Stefan Weber

Seit knapp drei Monaten wehrt sich der größte deutsche Baukonzern Hochtief gegen eine Übernahme durch den spanischen Konkurrenten ACS. Alle Pfeile, die das Management bisher gegen den Angreifer abgeschossen hat, verfehlten ihr Ziel. Und als in der vergangenen Woche auch die Finanzaufsicht Bafin den Weg für das Übernahmeangebot der Spanier frei machte, schien die Sache klar: Hochtief wird schon bald eine Filiale des Unternehmens aus Madrid sein. Selbst der Aufsichtsrat hisste bereits die weiße Fahne und rief dazu auf, zu verhandeln anstatt sich weiter zu wehren. Schließlich sei die Entscheidung gegen Hochtief gefallen.

Merkel bereist die Golfregion

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Katars Premierminister und Außenminister Scheich Hamad Bin Jasim Al Thani im Gespräch.

(Foto: dpa)

Aber mit Katar als neuem Großaktionär ist Vorstandschef Herbert Lütkestratkötter und seinem Team jetzt ein Coup gelungen, den viele Beobachter nicht mehr für möglich gehalten hatten. Mit den Scheichs an seiner Seite hat der Hochtief-Konzern plötzlich wieder bessere Karten im Kampf um den Erhalt seiner Selbständigkeit. Denn nun muss ACS sehr viel mehr Kraft aufbringen, um seine Beteiligung über die angestrebte Marke von 30 Prozent zu hieven. Die finanziellen Mittel dazu haben die Spanier. Und angesichts des Elans, mit dem sie ihre Pläne bisher voran getrieben haben, ist zu erwarten, dass sie nun nicht Halt machen. Aber das Rennen ist plötzlich wieder ein wenig offener geworden.

Mit der angestrebten Beteiligung von 9,1 Prozent ist Katar ein mächtiger Aktionär von Hochtief, mehr nicht. Um tatsächlich in die Rolle des weißes Ritters zu schlüpfen, also zum Retter für den Essener Konzern zu werden, muss das Emirat mehr auf die Waage bringen. Die Voraussetzungen dafür sind gegeben: Hochtief hat die Möglichkeit, weitere Kapitalerhöhungen vorzunehmen, bei denen das Bezugsrecht der Altaktionäre ausgeschlossen ist. Auf diese Weise könnten die Scheichs ihren Anteil weiter aufstocken.

Rechtlich sind solche Kapitalmaßnahmen jedoch umstritten: Der Gesetzgeber untersagt eine Aufstockung der eigenen Mittel, wenn sie allein dem Ziel dient, einen unerwünschten Angreifer abzuwehren. Das ist auch der Grund, weshalb Hochtief-Chef Lütkestratkötter das Engagement von Katar sehr geschickt als strategische Entscheidung hinstellt - und nicht als Abwehrmaßnahme.

Dafür hat er tatsächlich gute Argumente - vor allem, seit klar ist, dass die Fußball-Weltmeisterschaft 2022 in Katar ausgetragen wird. Denn im Zuge dieses Ereignisses wird das Land noch mehr Milliarden in Bauprojekte investieren. Und das Unternehmen aus Essen ist in der Region seit langem ein geschätzter Partner. Da macht es in der Tat Sinn, dass der Baukonzern und das Emirat enger zusammenrücken.

Besser als eine Hauruck-Aktion

Vor allem die Arbeitnehmervertreter von Hochtief haben sich in den vergangenen Wochen heftig darüber beschwert, dass die Politik sie im Stich lasse, weil sie die Lücken im deutschen Übernahmegesetz nicht schließe. Aber indirekt haben Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundespräsident Christian Wulff doch geholfen, dass sich Hochtief im Abwehrkampf nun doch bessere Perspektiven bieten: Sie machten Lütkestratkötter im Oktober bei einem Empfang im Berliner Schloss Bellevue mit dem Wirtschaftsminister von Katar bekannt.

Das Ergebnis ist eine marktwirtschaftliche Lösung. Und das ist allemal besser, als wenn die Bundesregierung zum Schutz von Hochtief in einer Hauruck-Aktion das Übernahmegesetz korrigiert hätte.

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