Hochkarätiges Gutachten:Porsche will sich reinwaschen

Ein Gutachten soll nach Informationen der Süddeutschen Zeitung den früheren Porsche-Chef Wiedeking vom Verdacht illegaler Börsenspekulationen entlasten.

Thomas Fromm und Klaus Ott

Der 20. August war für Wendelin Wiedeking kein guter Tag. Alles war so schnell gegangen in den letzten Monaten. Zuerst hatte er die Übernahmeschlacht gegen VW verloren. Dann war sein Chefposten bei Porsche weg. Und nun standen auch noch Ermittler vor der Tür.

Hochkarätiges Gutachten: Da war die Welt noch in Ordnung: Wendelin Wiedeking (links) und Holger Härter im Jahr 2008. Inzwischen sind beide bei  Porsche draußen.

Da war die Welt noch in Ordnung: Wendelin Wiedeking (links) und Holger Härter im Jahr 2008. Inzwischen sind beide bei Porsche draußen.

(Foto: Foto: dpa)

Sie durchsuchten die Porsche-Zentrale in Zuffenhausen und Wiedekings Privathaus in dem badenwürttembergischen Bietigheim. Die Staatsanwälte gehen seither dem Verdacht nach, Wiedeking und sein früherer Finanzchef Holger Härter hätten im Übernahmedrama zwischen Porsche und VW an der Börse manipuliert.

Auch im fernen Wolfsburg ein Thema

Porsche soll als Großaktionär von VW den Wert der VW-Aktie künstlich stabil gehalten haben, weil ein zu starkes Auf und Ab des Kurses wegen riskanter Optionsgeschäfte von Porsche mit VW-Papieren den Sportwagen-Hersteller sonst viel Geld gekostet hätte.

Die Ermittlungen sind nicht nur am Porsche-Stammsitz in Zuffenhausen ein heißes Thema, sondern auch im fernen Wolfsburg. Denn hier bei VW bereitet man sich auf die Übernahme von Porsche vor. "Juristische Zeitbomben im Keller kann man da nicht gebrauchen", heißt es aus Konzernkreisen.

Sollte die Justiz zu dem Ergebnis kommen, Wiedeking und Härter hätten den Aktienkurs von VW manipuliert, dann wäre mit Schadenersatzforderungen von VW-Aktionären gegen Porsche in Milliardenhöhe zu rechnen.

Nach vollzogener Übernahme von Porsche könnte eines Tages VW selbst für diese Schadenersatzforderungen haften müssen. Für den Autobauer ein Horrorszenario, für das man sich "rein vorsorglich absichern müsse", heißt es im Konzern.

Neuerdings gibt man sich in Wolfsburg wie auch in Zuffenhausen etwas gelassener. Der Grund: Ein umfangreiches, von Porsche in Auftrag gegebenes Gutachten, das die Stuttgarter Staatsanwaltschaft davon überzeugen soll, beim Handel mit den VW-Aktien sei alles mit rechten Dingen zugegangen.

Angefertigt hat die Expertise der Tübinger Juraprofessor Joachim Vogel, gleichzeitig Richter am Oberlandesgericht Stuttgart. In seinem Gutachten beschreibt Vogel, warum die Anschuldigungen gegen den früheren Porsche-Chef und gegen Härter nicht zuträfen.

Die Unternehmen hoffen, mit Vogels Expertise die Vorwürfe entkräften zu können - und dass damit einer kompletten Übernahme Porsches durch VW nichts mehr im Wege stehe. Das Gutachten gilt als hilfreich. "Vogel ist nicht irgendwer", heißt es aus Finanzkreisen. "Der wäre für ein Gefälligkeitsgutachten nicht zu haben."

Staatsanwaltschaft bestätigt Eingang

Porsche bestätigte am Donnerstag, dass man die Expertise in Auftrag gegeben habe. Über den Inhalt schweigt sich der Konzern wegen der "laufenden Ermittlungen" aus.

Porsche hat das Vogel-Papier inzwischen bei der Stuttgarter Staatsanwaltschaft eingereicht. "Wir haben die gutachterliche Stellungnahme erhalten und werten sie aus", bestätigte die Staatsanwaltschaft. Mehr sagt auch die Ermittlungsbehörde nicht. Ein schnelles Ende ist trotz der Vogel-Expertise aber nicht in Sicht. Das Verfahren wird mindestens mehrere Monate dauern.

Dennoch planen Porsche und VW bereits emsig ihre gemeinsame Zukunft. Am 3. Dezember sollen die VW-Aktionäre bei einer außerordentlichen Hauptversammlung einer Kapitalerhöhung von zunächst vier Milliarden Euro zustimmen, um so den Porsche-Deal zu ermöglichen.

Und bis Ende 2014, so die Vorlage für die Aktionäre, sollen Aktien im Wert von insgesamt über zehn Milliarden Euro auf den Markt gebracht werden können.

VW will bei Porsche schnell vorankommen. Bis Ende 2009 soll knapp die Hälfte der Porsche-Anteile übernommen werden, 49,9 Prozent genau. Und bis Mitte 2011 wollen die Wolfsburger den Sportwagen-Hersteller ganz aufkaufen und Porsche als zehnte Marke in den VW-Konzern integrieren.

"Wenn man der Meinung wäre, dass es noch ernsthafte Probleme gibt, hätte man noch nicht zur Hauptversammlung eingeladen, sondern noch eine Weile gewartet", sagen mit dem Vorgang vertraute Kreise. Seit Monaten werde die Lage "von Juristen beobachtet und analysiert".

Inzwischen aber sei man "der Meinung, dass hier wohl keine großen Gefahren mehr drohen". Blockiert werden könnte die vollständige Übernahme von Porsche durch VW allerdings nicht nur durch die Ermittlungen in Stuttgart.

Steuerproblematik

Nach wie vor nicht vollständig gelöst ist nach Angaben aus Porsche-Kreisen ein Problem mit den Finanzbehörden, das Mitte des Jahres aufgetaucht war. Bei einer Übernahme von Porsche durch VW könnten nach derzeitigem Stand, so Porsche-Kreise, Steuern in Höhe von ein bis zwei Milliarden Euro fällig werden.

Vor einigen Monaten war sogar von möglichen Steuerforderungen in Höhe von bis zu drei Milliarden Euro die Rede gewesen. Aber auch da ist man in Wolfsburg und Zuffenhausen zuversichtlich. Man werde dafür ebenfalls eine Lösung finden.

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