Hobbybrauer:Wie Kuchen backen

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Da war die Pandemie noch weit weg: Leere Glasflaschen stecken zu Dekorationszwecken in einer Wand. Gesehen auf der Brau Beviale vor sechs Jahren. (Foto: Daniel Karmann/dpa)

Immer mehr Menschen stellen im eigenen Keller oder in ihrer Garage Biersorten her - Unikate, manche sogar preisgekrönt.

Von Uwe Ritzer, Nürnberg

Er las Bierführer mit Begeisterung, klapperte mit seiner Frau die darin beschriebenen Brauereien ab, machte eigens Reisen durch Bierregionen und beschloss schließlich, sein Bier selbst zu brauen. Also räumte Max Luttner, Polizeibeamter von Beruf, seine Garage im bayerischen Schrobenhausen leer, richtete sie sauber her, verlegte Strom- und Wasserleitungen, bestellte sich im Internet eine kleine, professionelle Anlage ("Ich wollte nicht mit Plastikeimern rummachen") - und legte los. Anfang 2017 war das erst, aber seit einer Woche kennt ihn wahrscheinlich die gesamte Szene. Bei der größten Brau- und Getränkemesse dieses Jahres, der Brau-Beviale vorige Woche in Nürnberg, war der 54-jährige Familienvater einer der Stars.

Max Luttner steht für einen Trend. Es gibt immer mehr Hobbybrauer in Deutschland. Wie viele genau, trauen sich nicht einmal Insider wie Michael Mihm schätzen. Der Autoschlosser ist Vorsitzender der Vereinigung der Haus- und Hobbybrauer (VHD) in Deutschland, dem 700 Mitglieder angehören. "Früher kamen 20 bis 30 neue pro Jahr dazu, inzwischen sind es 50 bis 60", sagt Mihm. Auch die Maschinenbauer haben längst reagiert; immer mehr Hersteller bieten professionelle Einsteiger-Minianlagen an, die billigsten für mehrere Hundert, die besseren für wenige Tausend Euro. Wichtig, sagt Mihm, seien auch die Zutaten, vor allem Hopfen und Braugerste. Und verständnisvolle Nachbarn, denn: "Wenn einer Bier braut, dann riecht man das."

Ein Hexenwerk sei Bierbrauen allerdings nicht, sagt Mihm. "Man kann es lernen wie Kuchen backen." Max Luttner fragt bei Bedarf seinen Sohn, der nach einer Brauerlehre gerade Brauereiwesen in Weihenstephan. Vater Max hat motiviert, dass gleich der erster Sud Anfang 2017 in seiner zur Mini-Brauerei umfunktionierten Garage hervorragend gelang.

Das Gesetz setzt dem Hobbybrauen Grenzen, ähnlich wie dem Schnapsbrennen. Maximal 200 Liter pro Jahr sind erlaubt, jeder Sud muss einzeln beim zuständigen Hauptzollamt angemeldet werden. Den Spaß trübt das nicht. "Mit einem Braugang hat man vier Wochen Freude", sagt Luttner. Die beginne mit der sorgfältigen Zusammenstellung der Zutaten und reiche über das eigentliche Brauen bis zum Abfüllen in Fässer oder Flaschen. "Wenn man dann das erste Bier von einem neuen Sud verkostet ist das einfach nur toll", sagt Luttner, "ein ganz großes Glück."

Zwangsläufig ist jedes Bier ein Unikat, denn Hobbybrauer müssen nicht über längere Sicht stets den gleichen Geschmack liefern. So war es auch mit Luttners Weizenbock, den er zunächst für seine Schafkopfrunde braute. Nachdem die begeistert reagierte und sein Sohn ihn motivierte, setzte er mit den Hopfensorten Smaragd und Mandarina Bavaria einen Weizen-Doppelbock an, bewarb sich beim Hobbybrauerwettbewerb im Vorfeld der Brau Beviale - und gewann prompt. Eine Expertenjury befand, der Twin Peak getaufte, süffige und hefetrübe Trunk (7,7 Prozent vol. Alc) besteche mit einem intensiven Aroma, nach reifer Banane, Nelke und Vanille.

Als Gewinner durfte Luttner seinen Doppelbock bei der Profi-Brauerei Maisel & Friends in Bayreuth in größerer Menge nachbrauen. Er selbst will allerdings nicht expandieren. Das überlässt er gerne anderen. "Mehr als Hausbrauer will ich gar nicht sein", sagt er. Dazu hängt er zu sehr an seinen Unikatbieren.

© SZ vom 21.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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