HNA:Deutsche Finanzaufsicht prüft chinesischen HNA-Konzern

HNA: Symbolisiert das globale Geschäftsmodell: Eine lichte Skulptur im Foyer der Deutschen Bank in Frankfurt. Weniger transparent sind die Großaktionäre des Geldhauses.

Symbolisiert das globale Geschäftsmodell: Eine lichte Skulptur im Foyer der Deutschen Bank in Frankfurt. Weniger transparent sind die Großaktionäre des Geldhauses.

(Foto: mauritius images)
  • Dem chinesischen HNA-Konzern, einem der größten Aktionäre der Deutschen Bank, könnte eine Prüfung durch die deutsche Finanzaufsicht Bafin bevorstehen.
  • Fragen wirft vor allem die Eigentümerstruktur des Konglomerats auf, hier könnten wichtige Informationen verschwiegen worden sein.
  • Findet die Aufsicht dafür Beweise, könnte das für HNA unangenehme Folgen haben - und auch für die Deutsche Bank.

Von Christoph Giesen und Meike Schreiber, Wuzhen/Frankfurt

Es ist noch nicht allzu lange her, da häuften sich die Meldungen, dass HNA, dieser nimmersatte Konzern aus China, wieder zugeschlagen hat. Für 50 Milliarden Dollar kaufte sich das Unternehmen weltweit ein: Die Hilton-Hotels, der Regionalflughafen Hahn, Großaktionär bei der Deutschen Bank und so weiter. Alles auf Pump.

Die Einkaufsmeldungen haben abgenommen, keine großen Deals mehr, keine spektakulären Übernahmen, dafür aber Hiobsbotschaften, und die in hoher Taktzahl. Bei zwei Anleihen musste HNA Rekordzinsen versprechen, um an frisches Geld zu kommen. Anfang November für eine knapp einjährige Anleihe von 300 Millionen Dollar 8,875 Prozent. Und jetzt die Tochterfirma Yunnan Lucky Air: 8,2 Prozent für eine Anleihe mit nur 270 Tagen Laufzeit.

Die Ratingagentur S&P senkte deshalb die Bonität. "Wegen der aggressiven Finanzpolitik" und "des Risikos, der sich verschlechternden Liquidität", wie es zurückhaltend in einer Mitteilung heißt.

Peinliche Vorwürfe aus der Schweiz

Vor gut einer Woche meldete sich dann eine Behörde aus Zürich zu Wort. "Unwahr bzw. unvollständig" seien die Angaben von HNA bei der Übernahme des Schweizer Airline-Caterers Gategroup im Mai 2016 gewesen, teilte die Schweizer Übernahmekommission mit. Die Kontrolle des Konzerns liege in Wirklichkeit in Händen von sechs eng miteinander verbundenen Einzelaktionären um HNA-Gründer Chen Feng. Die vermeintlichen Großaktionäre, die HNA vor anderthalb Jahren in der Schweiz gemeldet hatte, gebe es schlicht nicht. Sie waren Strohmänner für die sechs Herren aus China. Ein peinlicher Vorgang, wenngleich auch erst einmal folgenlos. 50 000 Franken Verfahrenskosten. Mehr nicht.

Das könnte sich ändern. Nach SZ-Informationen prüft nun die deutsche Finanzaufsicht Bafin, ob HNA korrekte Angaben gemacht hat, als sich der Konzern im Frühjahr 2017 schrittweise bei der Deutschen Bank eingekauft hatte und mit 9,9 Prozent zum bedeutendsten Aktionär von Deutschlands größtem Geldhaus aufgestiegen war.

Als Geldgeber in der Not war HNA zunächst willkommen, auch aus Sicht der Finanzaufsicht, doch nach der Verfügung aus Zürich will man bei der Bonner Behörde offenbar nicht einfach zur Tagesordnung übergehen und sich die Sache genauer anschauen. Offiziell will sich die Bafin dazu nicht äußern.

Wer hat eigentlich die Macht bei HNA?

Was nach einer Formalie klingt, könnte schwerwiegende Folgen haben. Wie in vielen anderen Ländern gilt auch in Deutschland: Sobald Aktionäre mehr als drei Prozent an einem börsennotierten Unternehmen halten, müssen sie per Stimmrechtsmitteilung angeben, welche Gesellschaften oder bedeutenden Einzelaktionäre dort das Sagen haben. Das soll etwa verhindern, dass sich Anteilseigner heimlich zulasten anderer Minderheitsaktionäre absprechen und die Strategie eines Unternehmens beeinflussen. Melden musste HNA die komplette Konzernstruktur.

Im Fokus der Untersuchung steht nun die Frage, ob HNA in der Mitteilung an die Aufsicht auch die Männer um Gründer Chen Feng hätte angeben müssen, da sie möglicherweise das Unternehmen beherrscht haben. Normalerweise ist ein solcher Zusammenschluss kaum nachzuweisen. Im aktuellen Fall aber hat die Schweizer Behörde schon beachtliche Vorarbeit geleistet und im Abschlussbericht kurz und bündig dargelegt, warum sie die Investoren um Chen Feng, die zumindest bis Sommer 2017 gemeinsam mehr als 70 Prozent der HNA-Anteile kontrollierten, für eine "beherrschende Gruppe" halten.

Ende Juli dieses Jahres etwa wurden knapp 30 Prozent der Anteile, die ein Strohmann aus Peking für die Firmengründer hielt, an eine Stiftung in den Vereinigten Staaten verschoben. Wer wie viele Aktien übertrug, ist nicht ersichtlich. Ein Indiz für ein Konsortium. Ebenfalls merkwürdig: Im September 2016 gaben die sechs Herren angeblich 4,75 Prozent ihrer Anteile an Manager des Konzerns weiter. Wieder ist unklar, wer wie viele Aktien abgetreten hat.

Die Deutsche Bank ließ HNA bereits durchleuchten

HNA lässt dazu mitteilen: "Die Stimmrechtsmitteilungen von HNA in Bezug auf die Deutsche Bank waren und sind korrekt. Darüber hinaus äußern wir uns grundsätzlich nicht zu unserem Austausch mit den Aufsichtsbehörden."

Sollte die Bafin dennoch zu dem Ergebnis kommen, dass HNA falsche Angaben gemacht hat, womöglich sogar wissentlich, droht HNA ein sogenannter "Rechtsverlust" als Aktionär bei der Deutschen Bank. Das könnte bedeuten, dass HNA die letzte Dividende zurückzahlen muss, die in diesem Jahr allerdings recht mager ausgefallen ist. Auch deren Abstimmung auf der Hauptversammlung im Mai 2017 könnte für ungültig erklärt werden.

Eine Bafin-Überprüfung könnte auch für die Deutsche Bank unangenehm werden: Aufsichtsratschef Paul Achleitner hätte bei einem Anfangsverdacht als Leiter der Hauptversammlung womöglich die Pflicht gehabt, die Verhältnisse intensiv zu prüfen. Hinweis und Spekulationen gab es bereits. Im Frühjahr 2017 machten erste Presseberichte die Runde, wonach HNA zu weiten Teilen von Strohmännern gehalten werde. Von New York aus twitterte ein chinesischer Milliardär im Exil in schöner Regelmäßigkeit Anschuldigungen gegen HNA. Sein Kernvorwurf: HNA sei fremdgesteuert, die Familie des ehemaligen obersten Anti-Korruptionsbekämpfers Wang Qishan führe Regie. Bislang lassen sich für diese Vorwürfe keine Belege finden. Wurde diesen Vorwürfen je nachgegangen? Hätte die Deutsche Bank gar wissen können, dass die Stimmrechtsmeldung möglicherweise nicht korrekt war?

Bereits Mitte Februar hat die Bank bei den hauseigenen Investmentbankern eine Untersuchung des neuen Großaktionärs in Auftrag gegeben. Damals war HNA zunächst mit gut drei Prozent eingestiegen. Kostenpunkt der Studie: 1,7 Millionen Euro. Das geht es aus einer internen Aufstellung hervor, die der SZ vorliegt. Welches Ergebnis der Bericht hatte, dazu will sich die Bank nicht äußern.

Für HNA ist der Imageschaden ohnehin bereits gewaltig und die Bafin-Überprüfung noch nicht einmal die größte Herausforderung. Die Bankenaufseher der Europäischen Zentralbank überlegen seit dem Sommer, ob sie HNA einem sogenannten Inhaberkontrollverfahren unterziehen sollen. Im schlimmsten Fall könnte HNA sogar gezwungen werden, die Anteile an der Deutschen Bank teilweise zu verkaufen.

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