Historische Entscheidung:EZB beschließt Milliardenkredite und Strafzins für Banken

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Skyline von Frankfurt: EZB senkt Leitzins auf Rekordtief

(Foto: AFP)

Mario Draghi hat seine Ankündigungen wahr gemacht: Der Leitzins in der Euro-Zone fällt von 0,25 auf ein Rekordtief von 0,15 Prozent, Banken müssen künftig zahlen, wenn sie Geld bei der Europäischen Zentralbank parken. Zudem bekommen Geldhäuser auch ein Kreditpaket in Höhe von 400 Milliarden Euro.

Von Bastian Brinkmann

  • Die EZB senkt den Leitzins auf 0,15 Prozent.
  • Parken Banken Geld bei der EZB, müssen sie künftig dafür bezahlen: Der Einlagenzins sinkt auf -0,1 Prozent.
  • EZB-Chef Mario Draghi verkündet weitere Maßnahmen, die nicht zur traditionellen Geldpolitik gehören, um die Kreditvergabe vor allem in Südeuropa zu steigern (hier im Livestream).
  • Für die Banken legt die EZB ein neues Kreditpaket in Höhe von zunächst rund 400 Milliarden Euro auf.

Leitzins sinkt erneut

Bis zur Null ist nicht mehr viel Spielraum: Der Leitzins in der Euro-Zone fällt auf 0,15 Prozent, wie die EZB mitteilt. Der Wert gilt ab 11. Juni, bis dahin liegt er wie bisher bei 0,25 Prozent.

Negative Zinsen für geparktes Kapital

Das gab es in der Geschichte der EZB noch nie: Die EZB führt einen Strafzins für Banken ein. Der sogenannte Einlagenzins sinkt auf -0,1 Prozent. Seit Juli 2012 lag er bereits bei 0,0 Prozent. Lagerten Banken Geld bei der Zentralbank, bekamen sie also keine Zinsen - nun müssen sie sogar einen Aufschlag zahlen. Damit will die EZB erreichen, dass die Banken ihr Geld woanders investieren. Vor allem in den Krisenstaaten in Südeuropa werden wenige Kredite vergeben.

Milliardenkredite für Banken

Die Geldinstitute vergeben aus Sicht der EZB zu wenige Kredite. Deswegen bekommen sie nun Hilfe aus Frankfurt: Die Zentralbank legt ein riesiges Kreditpaket auf. Es soll zunächst rund 400 Milliarden Euro betragen, teilt die EZB mit. Die Banken müssen das Geld erst in vier Jahren zurückzahlen. Haben die Banken mehr Geld zur Verfügung, vergeben sie auch mehr Kredite, hofft die EZB. Und nur mit Krediten können Unternehmen investieren, neue Maschinen kaufen, Arbeitnehmer einstellen - und so dabei helfen, die Krise zu überwinden.

Draghi kündigt an, Kreditpapiere zu kaufen

Manchmal reichen bei einer Zentralbank nur Worte. Nachdem die EZB ankündigte, notfalls unbegrenzt Staatsanleihen der Krisenländer zu kaufen, sank der Druck der Finanzmärkte auf die betroffenen Länder. Die EZB hat bisher keinen Euro für dieses Programm ausgegeben. Nun kündigt EZB-Präsident Draghi eine weitere Maßnahme an: Wieder wolle die EZB an den Finanzmärkten aktiv werden und Wertpapiere aufkaufen. Diesmal sind es nicht Staatsanleihen, sondern ABS-Papiere. Das steht für Asset Backed Securities. Es handelt sich also um Papiere, die auf anderen Finanzwerten basieren. Banken können Kredite, die sie vergeben haben, zu ABS bündeln. Die EZB sagt nun, dass sie sich darauf vorbereite, diese Papiere zu kaufen. Das Ziel ist das gleiche wie bei den anderen Maßnahmen: Die Kreditvergabe der Banken befeuern.

Börsenhändler sind erfreut

Die Finanzmärkte begrüßen den Schritt der EZB. Die Aktienkurse gehen hoch. Der Dax erreicht deswegen erstmals in seiner Geschichte einen Wert über 10 000 Punkten. Mehr dazu hier...

Inflation ist sehr niedrig

Seit 9 Uhr lief im EZB-Turm in Frankfurt eine entscheidende Sitzung: Wie reagiert die Zentralbank auf die niedrige Inflation? Zuletzt lag die Preissteigerung in der Euro-Zone nur noch bei 0,5 Prozent. Das ist langfristig zu niedrig. Ein bisschen Inflation ist nötig, damit die Wirtschaft läuft (dazu hier mehr...). Deswegen peilt die EZB eine Preissteigerung von knapp zwei Prozent an - von der ist die Euro-Zone im Moment weit entfernt.

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