Hilfe für Kleinunternehmer:Laden zu, Umsatz weg

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Fördergeld für Mieten, ein Fonds, um laufende Kosten zu bezahlen: Die Bundesregierung will kleinen Unternehmen und Selbständigen noch mehr beistehen. Auch die EU erweitert ihre Hilfen. Jetzt sollen viele Milliarden Euro fließen.

Von Michael Bauchmüller, Björn Finke und Cerstin Gammelin, Berlin

Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hat für diese Woche zusätzliche Maßnahmen angekündigt, um die wirtschaftlichen Folgen für weitere Branchen und Berufe zu mildern, die von der Corona-Ausbreitung betroffen sind.

Sie sollen besonders den fünf Millionen Menschen helfen, die in Deutschland als Kleinunternehmer oder als Solo-Selbständige arbeiten. Unter anderem gibt es Überlegungen, einen bei der staatseigenen Förderbank KfW angesiedelten Fonds für Härtefälle einzurichten, aus dem kleine Firmen laufende Kosten bezahlen können. Scholz sagte, es werde ein Programm für diejenigen geprüft, denen die bereits bereitgestellten Kredite der staatseigenen Förderbank nicht helfen. Das betrifft kleine Unternehmer, die schon bisher keine Rücklagen bilden konnten und wegen der verordneten Einschränkungen jetzt gar keine Umsätze mehr machen, weil etwa die Geschäfte geschlossen sind. Fördergeld könnte helfen, um die Mieten zu bezahlen. Selbständige sollten leichteren Zugang zum Grundsicherungssystem bekommen.

Ungeklärt ist bislang, wer für entgangene Buchungen und stornierte Reisen haftet, die auf die Maßnahmen der Bundesregierung und der Länder gegen die Ausbreitung des Virus zurückgehen. Der Krisenstab der Bundesregierung soll sich in dieser Woche auch mit Haftungs- und Regressfragen beschäftigen.

Am Montagnachmittag nahm Scholz an einer Videokonferenz der EU-Finanzminister teil. Sie tauschten sich über die nationalen Hilfspakete aus. Insgesamt seien in der EU bereits Ausgabenprogramme im Wert von einem Prozent der Wirtschaftsleistung beschlossen worden, hieß es in einer Stellungnahme nach der Unterredung. Die Minister hätten bekräftigt, dass alle Regierungen tun würden, was nötig sei, um die wirtschaftlichen Folgen einzudämmen. Scholz sagte, die Konferenz habe "gezeigt, dass Europa fest entschlossen ist, der Herausforderung Stand zu halten. Das wird uns auch gelingen, weil wir unsere Kräfte bündeln und solidarisch handeln". EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni sagte, die Aufgabe der Politik sei es nun, "Angst durch Vertrauen zu ersetzen". Die Europäische Investitionsbank (EIB), das Förderinstitut der EU, gab bekannt, durch Garantien und Geldspritzen an Bankenzusätzliche Darlehen von 40 Milliarden Euro für Mittelständler zu ermöglichen. In Deutschland versprach auch Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) weitere Hilfen, insbesondere bei den Lohnfortzahlungen für Eltern, die wegen der Schul- und Kitaschließungen zu Hause bleiben müssen. Heil teilte mit, sein Ministerium prüfe "Wege, wie unzumutbare Lohneinbußen im Falle zwingend notwendiger Kinderbetreuung für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vermieden werden können". Diese Prüfung schließe den gesamten Zeitraum der behördlich angeordneten Schließung von Schulen und Kitas ein. Heil verwies darauf, dass die Regelungen zum erweiterten Kurzarbeitergeld bereits "rückwirkend zum 1. März 2020 in Kraft treten" Das Geld werde rückwirkend ausgezahlt. Unternehmen könnten dies jetzt beantragen. Der Zugang zu dem Geld werde bereits erleichtert, wenn Unternehmen unter Lieferengpässen leiden würden oder behördlich geschlossen werden müssen.

Unternehmen, die nur wegen der Epidemie in Schieflage geraten sind, will die Bundesregierung eine Atempause geben, um sie vor einer Insolvenz zu bewahren. Dies kündigte Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) an. Sie sollen bis Ende September um einen Insolvenzantrag herumkommen. "Wir wollen verhindern, dass Unternehmen nur deshalb Insolvenz anmelden müssen, weil die von der Bundesregierung beschlossenen Hilfen nicht rechtzeitig bei ihnen ankommen", sagte die Ministerin. Normalerweise müssen Geschäftsführer binnen drei Wochen Insolvenz anmelden, wenn ihr Unternehmen zahlungsunfähig oder überschuldet ist. Das sei "für diese Fälle zu kurz bemessen", sagte Lambrecht.

Ähnliche Ausnahmen hatte die Bundesregierung schon nach den Flutkatastrophen in den Jahren 2002, 2013 und 2016 beschlossen. Damals betrafen sie allerdings nur regionale Unternehmen. Am Freitag hatten Scholz und Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) bereits einen unbegrenzten Schutzschirm für Unternehmen und Arbeitnehmer aufgespannt. Dazu gehören das verbesserte Kurzarbeitergeld, zinslose Steuerstundungen und ein unbegrenzter Kreditrahmen für Unternehmen, die wegen der Corona-Krise Probleme bekommen haben. Gewissermaßen auf dem kleinen Dienstweg erhöhten Altmaier und Scholz den Garantierahmen der staatseigenen KfW-Bankengruppe von 460 Milliarden Euro um weitere 93 Milliarden. Sollte das nicht reichen, müsste der Bundestag eine Ausweitung beschließen. "Es gibt keine Grenze nach oben bei der Kreditsumme, die die KfW vergeben kann", sagte Scholz. Man wolle nicht kleckern, sondern klotzen.

Für junge Firmen und Gründer werden die Regeln für Gründer- und Unternehmerkredite gelockert

Bisherige Instrumente werden damit erweitert.

Das Programm hilft vielen Branchen, aber nicht allen. Weil etwa Reiseanbieter, Hotels und Gaststätten oder Kultureinrichtungen ihr Geschäft fast komplett ausgesetzt und damit keine Einnahmen haben, helfen Kredite nur bedingt weiter. Wenn das Geschäft wieder anläuft, müssen sie mit Zinsen zwischen einem und sieben Prozent zurückgezahlt werden. Gerade kleinere Betriebe und Solo-Selbständige halten das für nicht machbar.

Die Finanzbranche ist mit dem bisher aufgespannten Schutzschirm zufrieden. Felix Hufeld, Präsident der Finanzaufsicht Bafin, sieht das Coronavirus bislang nicht als Gefahr für die Stabilität des Finanzsystems an. Das Virus sei eine erhebliche Belastung, stelle aber kein systemisches Risiko dar, sagte Hufeld. Er forderte Banken und Aufseher auf, wachsam zu bleiben. Die Bafin sei "natürlich an der Sache dran".

© SZ vom 17.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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