Crowdlending:Fans leihen Hertha BSC eine Million Euro

Lesezeit: 2 Min.

Hertha-Fans unterstützen ihren Verein nicht nur im Stadion. (Foto: Odd Andersen/AFP)

Der Club leiht sich das Geld über eine Online-Plattform - und hat nach nur neun Minuten den gesuchten Betrag zusammen.

Von Andrea Rexer, München

Ein Kredit in nur neun Minuten und 23 Sekunden - das ist eine Kampfansage an die traditionellen Banken. An diesem Wochenende hat das junge Finanzunternehmen Kapilendo in dieser Zeit über seine Online-Plattform eine Million Euro für den Berliner Fußballklub Hertha BSC gesammelt. Die Branche der jungen Finanz-Firmen, auch genannt Fintech, feiert den Kredit als Durchbruch.

Bisher waren solch hohe Summen den traditionellen Banken vorbehalten. Sie haben ihre Konkurrenten aus dem Internet belächelt: Die jungen Firmen vergäben nur kleine Kredite und schafften es nicht, in kurzer Zeit Geld zu vergeben. Vor dem Fall Hertha trafen diese Argumente durchaus zu: Kredite, die über eine gemeinsame Initiative von vielen Menschen gegeben wurden, auch Crowdlending genannt, betrugen im Schnitt nur etwa 100 000 Euro. Der Hertha-Kredit ist zehn Mal so groß. Bei vielen Projekten brauchten die Online-Plattformen außerdem mehrere Wochen, bis die Gesamtsumme erreicht war - der Hertha-Kredit war in weniger als zehn Minuten beisammen.

"Dieser Kredit verändert den Markt, er hat Signalwirkung", sagt Fintech-Experte Peter Barkow. Der Markt für Crowdlending ist durchaus groß: Etwa 200 Milliarden Euro an Krediten sollen ausständig sein, schätzen Branchenexperten. Die größte Herausforderung war es bisher, ausreichend Investoren für die Kredite zu finden. "Da hilft es natürlich, dass Hertha bereits die Crowd hat, die man für Crowdlending braucht", sagt Barkow, die Crowd, das sind hier die Fans. Kapilendo hat das erkannt: Gerade im Fußball sehe man großes Potenzial, Kredite über den Beitrag vieler Menschen zu finanzieren, sagt der 29-jährige Kapilendo-Gründer Christopher Grätz. "Fußballklubs können so ihren Finanzierungsmix erweitern und sich weniger abhängig von Banken und Großinvestoren machen", sagt er.

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Doch waren es wirklich Fans, die Geld geliehen haben oder doch wieder Großinvestoren? Die versprochene Verzinsung von 4,5 Prozent sind gerade derzeit eine attraktive Rendite für Investoren. "Es kamen ausschließlich private Anleger zum Zug", sagt Grätz. Auffällig sei zudem die hohe Konzentration der Investoren auf Berlin - ein Indiz, dass tatsächlich Fans zum Zug gekommen sind.

Zwischen 100 und 10 000 Euro konnten sie dem Fußballklub für drei Jahre zur Verfügung stellen. Die durchschnittliche Summe lag im dreistelligen Bereich. Für die Anleger kann das Geschäft riskant sein: Normalerweise trägt die Bank das Ausfallsrisiko für einen solchen Kredit. Da Banken viel Geld vergeben, können sie einen Ausfall ausgleichen. Ein privater Anleger kann das nicht. Sollte Hertha in den nächsten drei Jahren pleite gehen, ist das Geld einfach weg. Für derartige Investitionen gilt keine Einlagensicherung.

Kapilendo ist zudem erst seit Mitte 2015 dabei. Wie verlässlich das Fintech die Risikobewertung vornimmt, lässt sich daher noch nicht beurteilen. Letztlich ist es jedoch für den Anleger unproblematisch, wenn Kapilendo in Schwierigkeiten käme. Da das Fintech nur vermittelnd tätig ist übernimmt im möglichen Pleitefall ein anderes Unternehmen die Zahlungsvorgänge.

© SZ vom 21.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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