Hersteller nach der Pleite:Loewe kündigt schwarze Zahlen an

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Superdünn, superteuer: Loewe-Fernseher auf der IFA in Berlin (Foto: Getty Images)

Ein Jahr nach der Pleite rechnet das Traditionsunternehmen Loewe unter neuer Führung damit, rasch wieder profitabel zu sein. Die Fernseher will es vor allem in Kronach bauen. Ein ehrgeiziger Plan, denn die asiatische Konkurrenz ist hart.

Von Uwe Ritzer, Kronach

Die Neuheiten sind mit schwarzen Tüchern verhüllt. In wenigen Minuten beginnt bei Loewe eine interne Tagung von Managern der Auslandsniederlassungen. Ihnen soll die neue Generation hochauflösender Ultra-HD-Fernseher gezeigt werden, die Loewe bei der Internationalen Funkausstellung (IFA) Anfang September in Berlin präsentieren will. Jahrelang befand sich das Traditionsunternehmen aus Kronach in Oberfranken wirtschaftlich im freien Fall. Die Umsätze brachen dramatisch weg, die Verluste stiegen, das Eigenkapital war bald aufgezehrt, im Sommer 2013 dann die Insolvenz. Ein erster Übernahmeversuch durch einen Investor scheiterte. Dann kam Mark Hüsges, 44.

Er zieht die Tücher weg, streicht mit den Fingern über Alu-Kanten, schwärmt vom filigranen Design, von silbernen Rückwänden und zeigt, wie eine Farbleiste mühelos ausgetauscht und so der Fernseher ein bisschen individueller gestaltet werden kann. "Wir bauen zeitlos schöne Geräte, die in fünf Jahren immer noch ein tolles Bild und einen tollen Klang haben", sagt Hüsges. Bei der IFA werde man "ein klares Statement setzen, dass Loewe wieder voll da ist".

Das täte gut nach all den Jahren, in denen bei Loewe die Manager immer rasanter wechselten und die Geschäfte immer schlechter liefen. Nun ruht die Hoffnung auf Mark Hüsges und dessen Partner Boris Levin. Der ehemalige Investmentbanker und der Ex-Private-Equity-Manager aus München haben mit ihrer Firma Stargate Capital Loewe gekauft, diese 91 Jahre alte Ikone der deutschen Unterhaltungselektronik. Nach nur vier Monaten wagt Hüsges eine Vorhersage: "Wir werden unser erstes Geschäftsjahr profitabel abschließen", sagt er. "Wir wollen in fünf Jahren das Umsatzniveau erreichen, das Loewe in guten Zeiten hatte: etwa 400 Millionen Euro." Derzeit dürften die Jahreserlöse deutlich unter 100 Millionen Euro liegen.

Viel teurer als Samsung-Geräte

Das sind ehrgeizige Ziele angesichts einer Branche, die verrückt spielt. Seit Jahren sinken die Preise für Fernseher, weil vor allem asiatische Hersteller weit mehr Geräte produzieren, als der Markt benötigt. Der Preiskampf ist ruinös. Den Händlern fiel es zuletzt immer schwerer, den Kunden plausibel zu erklären, warum ein Loewe-Fernseher mitunter sogar ein Mehrfaches dessen kostet, was für ein Gerät vergleichbarer Größe von Marken wie Samsung oder Panasonic hingeblättert werden muss. Nun kündigt Mark Hüsges im SZ-Gespräch an, Loewe werde künftig "günstiger sein, aber keine Billigmarke werden". Die Preise würden "der technischen Leistungsfähigkeit unserer Produkte entsprechen". Was immer das heißen wird. Konkrete Zahlen will Loewe auf der IFA nennen.

Es ist ein Wagnis, auf das sich Hüsges und Levin eingelassen haben. Weniger als zehn Millionen Euro haben sie für Loewe bezahlt, doch um die Firma flottzumachen, ist weit mehr Geld nötig. Die Rede ist von einem mittleren zweistelligen Millionenbetrag, den Stargate bislang in die Firma investiert hat, die nun Loewe Technologies heißt. Weitere 30 Millionen Euro sollen vor allem in Forschung und Entwicklung fließen. "Dabei nehmen wir kein Geld aus dem Unternehmen raus, und es wird kurzfristig auch keine Dividenden geben", sagt Hüsges. "Uns geht es um langfristigen Wertzuwachs." Anders als bei klassischen Finanzinvestoren sei es "in erster Linie unser eigenes Geld, das wir investieren".

Stargate hat bereits mehrere angeschlagene Mittelständler wieder aufgepäppelt. Loewe ist für Hüsges vertrautes Terrain. Beim Börsengang der alten Loewe AG 1999 war er aufseiten einer Investmentbank mit dabei. Nach dem Kauf haben die neuen Eigentümer bei Zulieferern und Händlern Konditionen neu verhandelt und versucht, Vertrauen zurückzugewinnen. Sie haben das Management neu geordnet, dem neben Hüsges, Levin und dem neuen Produktchef Michael Pedersen nach wie vor Matthias Harsch angehört, der letzte Vorstandschef der alten Loewe AG. Der bisherige Finanzchef Rolf Rickmeyer wird das Unternehmen zum Monatsende verlassen.

Vor allem aber habe man "eine wettbewerbsfähige Fertigungskette aufgebaut", sagt Hüsgen. Gefertigt wird bevorzugt in Kronach. Bei Einkauf und Entwicklung hilft die neue Kooperation mit dem chinesischen Hisense-Konzern, welche Loewe zum Beispiel einen günstigeren Einkauf ermöglicht. Ähnlich wie die Autoindustrie bedient man sich bei der Endmontage der Geräte nun aus einer Art Baukastensystem. Das macht die Produktion günstiger.

Die Eigentümer würden "einen seriösen Eindruck" machen

In Kronach arbeiten noch 430 von ehedem weit mehr als 1000 Mitarbeitern. Im April war noch geplant, 70 der 160 Stellen in der Fertigung abzubauen, die derzeit nicht einmal zur Hälfte ausgelastet ist. Nun wird der Aderlass geringer ausfallen, da künftig allenfalls "Randbereiche des Sortiments" (Hüsges) im Ausland gefertigt werden sollen. Fertigung in Deutschland anstatt in Billiglohnländern - das findet den Beifall der Arbeitnehmer. IG-Metall-Bevollmächtigter Jürgen Apfel sagt, die neuen Eigentümer würden überhaupt "einen seriösen Eindruck" machen.

Die Branche verfolgt den Neustart mit großem Interesse. "Die große Frage ist, ob es Loewe auf einem gesättigten Markt gelingt, als Premiummarke in der Nische zu überleben und profitabel zu wirtschaften", formuliert es ein Branchenkenner. "Wir sehen ganz signifikante Marktchancen im Bereich Home-Entertainment, überhaupt bei der intelligenten Vernetzung von Unterhaltungselektronik und anderen Systemen im Haushalt", sagt Mark Hüsges. Angekurbelt werden soll auch das Auslandsgeschäft. Chancen sieht Hüsges vor allem in Russland und China.

© SZ vom 25.07.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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