Folgen des Ukraine-Kriegs:Henkel zieht sich aus Russland zurück

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Blick auf eine Henkel-Fabrik bei Moskau: Der Konzern zieht sich aus dem Land zurück. (Foto: Kirill Kallinikov/Imago/SNA)

Der Pril- und Persil-Hersteller findet nach langer Suche Käufer für seine dortigen Geschäfte. Das kommt den Dax-Konzern aber teuer zu stehen. Und manch Rivale bleibt vor Ort.

Von Björn Finke, Brüssel

Erst sollte die Scheidung bis vorigen Dezember gelingen. Später hieß es, bis März. Nun wurde es Mitte April: Der Düsseldorfer Konsumgüterkonzern Henkel trennt sich von seiner russischen Tochter. Am Donnerstagabend verkündete der Anbieter von Pril und Persil, Pattex und Schwarzkopf-Kosmetika, er habe den Verkauf an russische Finanzinvestoren besiegelt - für 54 Milliarden Rubel, was 600 Millionen Euro entspricht. "Die zuständigen russischen Behörden haben der Transaktion bereits zugestimmt", ist in der Mitteilung zu lesen. Das ist wichtig, denn komplizierte und sich gerne auch mal ändernde Auflagen der Verwaltung waren ein Grund dafür, dass sich Henkels Rückzug so lange hingezogen hat.

Schließlich versprach der Vorstandsvorsitzende Carsten Knobel den Verkauf schon im vergangenen April, zwei Monate nach Kriegsbeginn in der Ukraine. Er reagierte damit auf öffentliche Kritik und Forderungen nach einem Rückzug. Der Manager wollte das Geschäft zunächst bis Dezember abschließen, dann bis Ende des ersten Quartals. Knobel betont, dass viele von Henkels internationalen Rivalen in Russland blieben, trotz des Überfalls auf die Ukraine. Henkel sei unter den Konsumgüterherstellern "einer der wenigen oder der Einzige, der diesen Schritt vollzogen hat", sagte er vorigen Monat bei der Bilanzpräsentation.

Und dieser Schritt ist für Henkel teurer: Die Firma ist seit mehr als 30 Jahren in Russland tätig; die dortige Tochtergesellschaft namens Lab Industries erzielte mit 19 Standorten, davon elf Fabriken, und 2500 Beschäftigten zuletzt eine Milliarde Euro Umsatz. Der jüngste Geschäftsbericht weist den Wert der Sparte nur noch mit 526 Millionen Euro aus, aber der wahre Verkaufswert, den Henkel vor Kriegsausbruch hätte erzielen können, liegt deutlich höher. Die künftigen Eigentümer zahlen nun umgerechnet 600 Millionen Euro. Das übertrifft immerhin die 526 Millionen Euro aus der Bilanz, trotzdem erwartet das Dax-Unternehmen, dass es für den Verkauf am Ende einen Verlust ausweisen muss. Dessen Höhe hängt nach Aussage eines Sprechers auch vom Wechselkurs ab; Details wird Henkel wohl bei der Präsentation der Halbjahreszahlen im August mitteilen.

Zum Käuferkonsortium gehören die Gesellschaften Augment Investments, Kismet Capital Group und Elbrus Services. Henkel betont in der Mitteilung, dass alle Erwerber seit Langem Geschäfte mit westlichen Partnern tätigten und keinen Sanktionen der EU oder USA unterlägen.

Uniper braucht Putins Einverständnis

Henkel ist nicht der einzige Konzern, der Ärger und Probleme beim Abschied aus Russland hat. So klagt Michael Harms, Geschäftsführer des Ost-Ausschusses der deutschen Wirtschaft, dass die Regierung in Moskau den Rückzug westlicher Firmen behindere und die Regeln dafür "immer weiter verschärft" habe. Darunter leidet auch ein anderes Düsseldorfer Unternehmen: der verstaatlichte Gasimporteur Uniper. Der will seine russische Kraftwerkstochter verkaufen, aber dafür muss offenbar Präsident Wladimir Putin höchstpersönlich die Erlaubnis erteilen. Das bleibt bislang aus - zugleich hat der Krisenkonzern de facto keinen Zugriff mehr auf die russische Gesellschaft. Uniper musste daher den Wert des Geschäfts in der Bilanz auf null setzen.

Für Henkel ist die Einigung mit den russischen Käufern dagegen eine erfreuliche Nachricht, die passenderweise kurz vor der Hauptversammlung an diesem Montag kommt. Dort wird sich Vorstandschef Knobel manche Kritik anhören müssen. So bemängelt die Fondsgesellschaft Union Investment in ihrer vorab verbreiteten Rede für das Aktionärstreffen, dass Henkel profitabler sein könnte. Vom mittelfristigen Ziel einer Gewinnmarge von 16 Prozent sei der Konzern "derzeit weit entfernt", wird die Union-Investment-Vertreterin Vanda Rothacker laut Manuskript sagen. Das Russland-Geschäft will Rothacker auch ansprechen. Doch hier kann Knobel jetzt Vollzug melden.

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