Als Hessens schwarz-rote Landesregierung unlängst ankündigte, trotz knapper Kassen enorme zwei Milliarden Euro in die örtliche Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) zu investieren und dafür neue Schulden aufzunehmen, da klang dies nach einer reinen „Win-Win“-Entscheidung: Hessen erhalte für seine Beteiligung an der Helaba Dividenden und Zinsen, daher trage sich diese Investition selbst, sagte Finanzminister Alexander Lorz (CDU). Die Helaba werde noch ein bisschen stärker sein. Durch das neue, nicht zweckgebundene Kapital könne sie sich zudem noch besser entwickeln. Davon profitierten nicht nur ihre Kunden, sondern auch das Land Hessen. Und eigentlich sei die Sache ja auch alternativlos gewesen: Schließlich habe die Bankenaufsicht die Helaba dazu gedrängt.
Der Landesrechnungshof Hessen sieht das nun in mehreren Punkten anders. Die Behörde monierte in einem am Mittwoch veröffentlichten Bericht unter anderem die fehlende Transparenz der Investition. Der Behörde liege keine Stellungnahme der Europäischen Bankenaufsicht (EBA) dazu vor, weswegen „eine Validierung“ der Sache nicht möglich sei, notieren die Prüfer. Aber nicht nur das: Nach Auskunft des Hessischen Finanzministeriums liege dem Ministerium ebenfalls keine schriftliche Stellungnahme der EBA vor, vielmehr gebe es nur mündliche Hinweise. Mit anderen Worten: Der Rechnungshof könne „nicht nachvollziehen“, wie das Land, „ohne Vorliegen einer schriftlichen Stellungnahme der Aufsichtsbehörde, solche Kapitalmaßnahmen beschließt“.
Wer trägt das Risiko der Landesbank?
Mehr noch: Die bisherige Risikoposition des Landes stehe zudem nicht im Verhältnis zu der Vertretung des Landes in den Gremien der Helaba, so der Rechnungshof. Eigentümer der Helaba sind das Land Hessen, Thüringen sowie mehrheitlich die Sparkassen in Hessen und Thüringen. „Wir bewerten nicht die politische Entscheidung, das Eigenkapital der Helaba um zwei Milliarden Euro zu stärken“, teilte die Behörde mit. „Wir sind jedoch der Auffassung, das Land sollte im Gegenzug hierzu angemessene Beteiligungsrechte erhalten“.
Will heißen: Wenn das Land die gesamten zwei Milliarden Euro als Bareinlage einbringt, müsste sich der Anteil des Landes eigentlich auf rund 38 Prozent erhöhen, anstatt wie geplant nur auf 30,08 Prozent. Haupteigentümer der Helaba bleiben die Sparkassen, deren Anteil am Stammkapital von rund 88 Prozent nur auf gut 66,4 Prozent verringern wird. Die Beteiligung des Freistaates Thüringen sinkt von 4,05 Prozent auf 3,50 Prozent. Hat sich das Land von den Sparkassen womöglich über den Tisch ziehen lassen? So deutlich formuliert es der Rechnungshof nicht, es klingt aber so: die übrigen Träger hätten sich ja ebenfalls an der Kapitalmaßnahme beteiligen können, um die Mehrheit nicht zu verlieren, so die Prüfer.
Finanzieren will die schwarz-rote Landesregierung die Stärkung des Eigenkapitals der Helaba durch neue Kredite im Nachtragshaushalt 2024, der vor den Sommerferien beschlossen werden soll. Im Hessischen Landtag lieferten sich Regierung und Opposition Medienberichten zufolge diese Woche eine heftige Debatte dazu. Umgesetzt werden sollen die Änderungen im August. Da er Neuverschuldung eine werthaltige Beteiligung gegenübersteht, ist sie nach Ansicht des Finanzministeriums auch im Rahmen der Schuldenbremse zulässig.
Schließlich verweist der Landesrechnungshof auch noch darauf, dass Zins und Dividende bei der Helaba auch ausfallen könnten, was sich dann direkt auf den Landeshaushalt auswirken würde. Ohnehin, so der Rechnungshof, reiche es nicht, bei der Prüfung der Helaba allein auf die Bankenaufsicht zu verweisen. Angesichts des Milliardeninvestments möchte der Rechnungshof künftig ein Prüfrecht bei der Landesbank in der Landeshaushaltsordnung verankert sehen.
Der Bericht des Rechnungshofs offenbare „eklatante Versäumnisse der Landesregierung“, sagte Marion Schardt-Sauer, haushaltspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion im Landtag, der Süddeutschen Zeitung. „Dass bis heute weder den obersten Rechnungsprüfern des Landes noch den Abgeordneten des Hessischen Landtags eine Stellungnahme der Europäischen Bankenaufsicht vorliegt, wirft Fragezeichen auf“, sagte sie. Die Landesregierung habe die Verschuldung in Milliardenhöhe als alternativlos dargestellt. Unabhängig überprüfen ließe sich das nicht. Nun hafte das Land mit mehr als zwei Milliarden Steuergeld für eine große Bank, finanziert aus Schulden. Gleichzeitig habe sie aber kaum Einfluss auf die Ausgestaltung der Geschäftstätigkeit. Auch hier sei der Rechnungshof außen vor, denn er habe kein Prüfungsrecht, obwohl das dringend geboten wäre.