Klimaschutz:So soll Deutschland künftig heizen

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Mit den rauchenden Schornsteinen soll es bald vorbei sein: Die Ampelkoalition hat sich auf das Ende von Öl- und Gasheizungen geeinigt. (Foto: Peter Seyfferth/imago)

Der Heizungsstreit ist beigelegt: Vom nächsten Jahr an dürfen keine reinen Gas- und Ölheizungen mehr neu eingebaut werden. Kommt jetzt die Wärmepumpe für alle? Welche Ausnahmen gelten? Fragen und Antworten zum Ampelkompromiss.

Von Kerstin Lottritz und Nakissa Salavati

Es bleibt dabei, vom nächsten Jahr an will die Ampelkoalition vorschreiben, dass möglichst jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben wird. Das soll zumindest mittelfristig das Ende von Gas- und Ölheizungen in Deutschland sein, die Wärmeversorgung soll klimafreundlicher und das Land von Gasimporten unabhängiger werden. Nach vielen Stunden Diskussion über das Gebäudeenergiegesetz einigten sich SPD, Grüne und FDP am Freitagabend allerdings auch auf eine Vielzahl von Ausnahmen, um "Planungssicherheit für Haus- und Wohnungseigentümer, Hersteller und Handwerker" zu schaffen, wie es hieß.

Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Kompromiss im Überblick.

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Zwar bleibt es dabei, dass vom kommenden Jahr an jede neu eingebaute Heizung zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden muss. Es gibt aber sehr viele Ausnahmen.

Muss ich ab Januar meine alte Öl- oder Gasheizung austauschen?

Nein. Die Regierung hat sich den Angaben zufolge darauf geeinigt, dass funktionierende Öl- und Gasheizungen weiterlaufen dürfen - sogar dann, wenn sie mal ausfallen und wieder repariert werden können. Eine sofortige Austauschpflicht für alle funktionierenden Heizungen war aber auch nie geplant. Es ging von Anfang an vor allem um Vorgaben für neue Anlagen. Die Bundesregierung hat nun zudem Ausnahmen für die Umrüstpflicht erweitert.

Wie lange dürfen die alten Heizungen noch laufen?

Grundsätzlich gilt: Wer eine Öl- oder Gasheizung im Keller hat, die älter als 30 Jahre ist, muss diese austauschen. In dem Punkt bleibt das bisherige Gesetz unverändert, auch mit seinen Ausnahmen: Umrüsten muss man also zum Beispiel nicht Niedrigtemperatur- und Brennwertkessel. Zusätzlich gibt es nun aber eine weitere zeitliche Obergrenze: Heizkessel dürfen nur noch bis 2044 mit fossilen Brennstoffen betrieben werden, anschließend müssen die vorhandenen Gasheizungen zu 100 Prozent Gase nutzen, die mit erneuerbaren Energien hergestellt sind.

Und wenn meine Öl- oder Gasheizung so kaputt ist, dass ich eine neue brauche?

Jede neu eingebaute Heizung muss zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Um Hauseigentümern entgegenzukommen, hat sich die Regierung allerdings auf eine Übergangslösung geeinigt: Ist die alte Heizung nicht mehr zu reparieren, darf kurzfristig wieder ein Öl- oder Gaskessel eingebaut werden. Erst innerhalb von drei Jahren muss dann eine Heizung her, die die 65-Prozent-Vorgabe erfüllt. Diese Regelung soll verhindern, dass man im Winter frieren muss, weil etwa die Lieferung einer neuen Wärmepumpe lange dauert. Sie dürfte aber oft zu höheren Kosten führen, wenn erst ein neuer Kessel gekauft und anschließend doch auf erneuerbare Energien umgerüstet wird.

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Grundsätzlich dürfen vom kommenden Jahr an keine neuen Öl- und Gasbrenner mehr eingebaut werden. Doch bei den Details gehen die Vorstellungen von Grünen und Liberalen auseinander - etwa bei den geplanten Übergangsfristen.

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Gibt es weitere Ausnahmen?

Ja. Wer älter als 80 Jahre ist, muss seinen neuen Kessel nicht auf die 65-Prozent-Vorgabe aufrüsten. Erst wenn das Haus vererbt oder verkauft wird, greift die neue Regelung. Innerhalb von zwei Jahren muss dann auf eine Heizung umgerüstet werden, die den neuen Anforderungen gerecht wird. Eine Härtefallausnahme soll zudem möglich sein, wenn der Wert des Gebäudes und die Kosten der Umrüstung in keinem angemessenen Verhältnis stehen. Allerdings ist bisher unklar, wie diese Ausnahme genau aussehen soll.

Muss es unbedingt eine Wärmepumpe sein?

Nein, es gibt Alternativen. Wo verfügbar, kann und soll Fernwärme genutzt werden, die Anbieter müssen sich dann darum kümmern, dass diese Wärme grün erzeugt wird. Auch eine Stromdirektheizung ist in gut gedämmten Gebäuden erlaubt. Möglich ist zudem ein Hybridsystem in dem eine Wärmepumpe die Grundversorgung abdeckt und eine Gasheizung an kalten Tagen einspringt. Allerdings dürfte der steigende CO₂-Preis das Heizen mit fossilen Brennstoffen künftig verteuern. Solarthermie-Anlagen erreichen dagegen in Deutschland voraussichtlich nicht die 65-Prozent-Quote, wenn sie mit einer fossilen Heizung kombiniert werden. Sie könnten aber zusammen mit einem Holzkessel oder einer Wärmepumpe genutzt werden.

Und für Gebäude im Bestand gibt es zusätzliche Optionen: den Einbau einer Biomasseheizung oder einer Gasheizung, die erneuerbare Gase wie Biomethan oder Wasserstoff nutzt. Möglich sind auch sogenannte H₂-Ready-Heizungen, die auf 100 Prozent Wasserstoff umgerüstet werden können. Dafür muss es aber einen "rechtsverbindlichen Transformationsplan für Wasserstoffnetze" geben, und die Heizungen müssten 2030 mit mindestens 50 Prozent Biomethan und spätestens von 2036 an mit mindestens 65 Prozent Wasserstoff betrieben werden.

Fachleute warnen allerdings, dass die Umrüstung solcher H₂-Ready-Heizungen für die Verbrennung von reinem Wasserstoff teuer ist. Zudem sind die Gasnetze in Deutschland oft nicht auf Wasserstoff ausgelegt. Die größte Einschränkung aber ist, dass es noch nicht genügend grünen Wasserstoff gibt und auch die Stahl- und Chemieindustrie davon künftig enorme Mengen benötigen werden.

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Und was für eine neue Heizung soll ich also jetzt kaufen?

Verbraucherschützer empfehlen, sich unabhängig beraten zu lassen. Immobilien unterscheiden sich enorm: Was im einen Haus funktioniert, kann für die andere Wohnung unpassend sein. Es kommt außerdem sehr darauf an, wie alt und wie gut isoliert ein Gebäude ist. Einen unabhängigen Energieberater schicken die Verbraucherzentralen vorbei, das kostet 30 Euro. Der erstellt einen Bericht und listet die Heizoptionen auf, die aus seiner Sicht sinnvoll erscheinen. Deutlich umfangreicher und entsprechend teurer ist ein sogenannter individueller Sanierungsfahrplan. Nach Angaben der Verbraucherzentralen kostet der einen Hauseigentümer in der Regel 300 bis 900 Euro, dafür gibt es aber auch staatliche Fördermittel beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa).

Bekomme ich auch für die Anschaffung der neuen Heizung Geld vom Staat?

Die Regierung plant ein Förderprogramm, das Geld dafür soll aus dem Klima- und Transformationsfonds kommen. Die Details sind allerdings noch offen, sie werden derzeit verhandelt. Aus dem Bundesfinanzministerium heißt es, es solle eine Art Abwrackprämie für alte Heizungen geben, die nach dem Alter der auszutauschenden Anlage gestaffelt ist.

Erhalten Mieter einen Schutz vor hohen Kosten?

Ja. Die Bundesregierung will verhindern, dass Vermieter hohe Betriebskosten umlegen, wenn die neue Gasheizung zum Beispiel Biomethan nutzt. Sie dürften dann nur den Betrag verlangen, der für die gleiche Menge Wärme mit einer Wärmepumpe anfiele. Vermieter dürften außerdem in älteren Gebäuden nur dann die Kosten für eine Wärmepumpe umlegen, wenn diese effizient genug arbeitet.

Ist das neue Gebäudeenergiegesetz schon beschlossen?

Nein. Die drei Koalitionsparteien haben sich erst mal nur auf den Gesetzentwurf geeinigt, tragen ihn aber alle mit, betonen das Bundeswirtschafts- und das Bundesbauministerium. Der Entwurf soll noch im April in die Länder- und Verbändeanhörung und gehen und anschließend ins Kabinett kommen. Es besteht also noch die Möglichkeit, dass sich Dinge ändern. Noch vor der Sommerpause möchte die Regierung das Gesetz dann im Bundestag diskutieren und beschließen lassen.

Wie heizt Deutschland eigentlich gerade?

Die Haushalte heizen noch überwiegend mit fossilen Energieträgern. Etwa die Hälfte nutzt Erdgas, ein Viertel Heizöl und etwa 14 Prozent Fernwärme. Kleinere Anteile machen Anlagen für Kohle, Holz, Pellets oder andere Biomasse aus.

Stromdirektheizungen und Wärmepumpen haben bisher nur einen Anteil von weniger als drei Prozent. Wärmepumpen nutzen Wärme aus Luft, Boden oder Abwasser und benötigen dafür Strom - der im Idealfall aus erneuerbaren Energien stammt. 2021 waren noch 70 Prozent aller neu eingebauten Anlagen Gasheizungen.

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