Im Hamburger Stadtteil St. Pauli gibt es ein Weingeschäft mit Weinbar namens Weinladen. Es verkörpert, was der Weinversender Hawesko gerne sein möchte: jung und hip, auf allen Verkaufskanälen unterwegs, agil. Hawesko probiert dort aus, welche Weine junge Kunden trinken und vereint den Laden gleich noch mit einem Internetshop. Das kommt an und könnte ein Modell für die künftige Strategie von Hawesko werden.
Thorsten Hermelink, der das etwas angestaubte Unternehmen nach dem Ausstieg von Gründersohn Alexander Margaritoff seit Jahresbeginn führt, will es mit solchen Konzepten schaffen, dass die Zeiten fast stagnierender Umsätze (2015: 477 Millionen Euro) und sinkender Gewinne (26,9 Millionen Euro) vorüber sind. Er will dies auf dreierlei Weise erreichen, wie er bei seiner ersten Bilanzvorlage erläuterte. So möchte er Marken wie Jacques' Weindepot und Vinos mit weiteren Läden stärken, die Präsenz im Internet erhöhen und im Ausland wachsen. Dabei gilt: "Jede Marke hat ihre eigene Strategie und bleibt selbständig." So könnte er sich auch vorstellen, mit Jacques'-Geschäften in die europäischen Nachbarländer zu gehen oder dort Konkurrenten zu übernehmen. "Und wir schauen uns Länder ohne Weinanbau an, zum Beispiel in Nordeuropa."
Parallel dazu will Hermelink den Internethandel ausbauen, "wir wollen mobiler und agiler werden". Stichwort Multichannel. So werde es eine verbesserte App für Mobilgeräte geben, um mehr junge Kunden zu erreichen. Bislang macht Online bei Hawesko einen Umsatzanteil von 48 Prozent aus. Alles in allem bedeute der Umbau des Unternehmens einen "Kulturwandel", findet Hermelink. "Wenn Sie für die nächste Generation relevant sein wollen, dann müssen Sie die Geschwindigkeit der Kunden annehmen." Die Zahl der Mitarbeiter solle sich weder nach oben noch unten dramatisch verändern, versichert er. Eine weitere Reduzierung sei aber bei der Ausschüttungsquote denkbar. Derzeit beträgt sie 67 Prozent des Überschusses, mittelfristig könnte sie auf 60 Prozent absinken. Der neue Hawesko-Haupteigner Detlev Meyer hatte vor gut einem Jahr von 40 bis 50 Prozent gesprochen, um mehr Geld für Investitionen zu haben. Ganz so dramatisch wird es wohl nicht.