Hausverkauf in Großbritannien:Fast tausendfache Wertsteigerung? Man muss sich nur die Zeit nehmen

Hausverkauf in Großbritannien: Bert und Nancy Gifford im Garten ihres Hauses. Fast ihr ganzes Leben hat Letztere hier verbracht.

Bert und Nancy Gifford im Garten ihres Hauses. Fast ihr ganzes Leben hat Letztere hier verbracht.

(Foto: Gifford Family/dpa)

Die Britin Nancy Gifford verkauft nach mehr als 100 Jahren ihr Elternhaus. Die Rendite kann sich sehen lassen - zumindest auf den ersten Blick.

Von Jakob Arnold

Finanzielle Voraussicht zahlt sich aus. Manchmal fruchten Investitionen schnell, manchmal dauert es länger. Nancy Giffords Fall zählt zur letzteren Sorte. Die Britin wird jetzt für ihre besondere Geduld belohnt. Den Grundstein haben schon ihre Eltern gelegt, quasi im wörtlichen Sinne. Im Jahr 1921 trafen die nämlich eine Entscheidung für die Zukunft. Die Mutter und der Vater der vierköpfigen Familie nahmen 200 Pfund in die Hand und kauften davon kurzerhand ein Haus. Wovon heute nicht viel mehr als die Anfahrt der Handwerker bezahlt werden kann, reichte für Briten in den goldenen Zwanzigern des vergangenen Jahrhunderts für ein Haus mit drei Schlafzimmern.

Im beschaulichen Örtchen Street, das - anders als es der Name vermuten lässt - nicht nur aus einer Straße besteht, sondern auch über kleine Pensionen, Einkaufsmöglichkeiten und eine alte Kirche verfügt, ließ sich das junge Glück nieder. Der Ort liegt im Südwesten Englands in der Grafschaft Somerset mitten im Dreieck zwischen den Städten Bristol, Bournemouth und Exeter.

Nancy hat dort ihre Kindheit verbracht und in der Schule ihren Mann fürs Leben kennengelernt. Zusammen blieben sie dem Elternhaus in The Mead in Street treu und zogen dort ihre eigenen beiden Kinder groß. Ihr mittlerweile 79 Jahre alter Sohn John findet im Interview mit dem Fernsehsender BBC nur lobende Worte für seine "fantastische" Kindheit. Jeder kannte jeden und die Tür habe auch offen stehen können, ohne Furcht vor Einbrechern. Alle seien zwar arm, aber glücklich gewesen. Er lebt auch heute noch in Street in der Nachbarschaft zu seinem Elternhaus.

Seine Mutter Nancy hat am Dienstag ihren 104. Geburtstag gefeiert und macht direkt einen Tapetenwechsel. Wegen ihres immer schlechter werdenden Gesundheitszustands ging es vom Haus in Street ins Altenpflegeheim im benachbarten Glastonbury, das rund zehn Minuten mit dem Auto entfernt liegt. Auf dem Weg nimmt sie jedoch noch die Rendite aus 102 Jahren am Immobilienmarkt mit. Das Haus, das ihre Eltern für 200 Pfund erwarben, verkauft sie heute zum stolzen Preis von 170 000 Pfund. Sie hat mit ihrer Immobilie so fast eine tausendfache Wertsteigerung erwirtschaftet. Respekt, Mrs. Gifford!

Ob sie mit dieser Referenz allerdings bei einer Bewerbung für einen Hedgefonds unter den Bewerbern hervorstäche, darf bezweifelt werden. Nach den Zahlen der britischen Notenbank war ein Pfund im Jahr 1921 knapp 39-mal so viel wert wie 2023. Umgerechnet heißt das: Nancys Eltern haben das Haus zu einem heutigen Preis von 7800 Pfund erworben. Über die Laufzeit von 102 Jahren ergibt sich so eine jährliche Wertsteigerung von etwas mehr als drei Prozent. Das ist solide - aber eben auch nicht Weltklasse.

Immerhin konnte sie ihr ganzes Leben lang den Wahnsinn des Mietmarktes ignorieren. Schlussendlich ist ein Haus vorrangig ein Rückzugsort für die Familie und keine Geldanlage. Deswegen sagt auch der für den Verkauf zuständige Makler Jack Bartram, der Häuser von Berufs wegen eigentlich kühl aus einer geschäftlichen Perspektive betrachten dürfte, seine Mandantin Gifford verbinde vor allem viele schöne Erinnerungen mit dem Haus. "Doch jetzt ist es Zeit, dass eine andere Familie für neue Erinnerungen sorge." Spannend bleibt, zu welchem Preis die Käufer das Haus dann in 100 Jahren weiterverkaufen können.

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