Martin Schulz sieht ein wenig traurig aus. Der Präsident des EU-Parlaments äußert sich im ZDF-Morgenmagazin mit Enttäuschung über das vorläufige Ergebnis der Verhandlungen auf dem EU-Gipfel: "Ein unglaubliches Täuschungsmanöver" sei der Kompromiss, auf den sich die EU-Mitgliedsstaaten im Laufe des Freitags wohl verständigen werden.
Hinter verschlossenen Türen, kritisiert Schulz, finde Folgendes statt: Die Staats- und Regierungschefs beschließen für 960 Milliarden in sieben Jahren Ausgaben, würden dann aber nur 908 Milliarden zur Verfügung stellen. Das wäre ein Defizit von 52 Milliarden Euro. "Verantwortungsbewusste Parlamentarier werden diese Defizitunion, die wir da anfangen, aufzubauen, nicht mitmachen", sagt Schulz. Es ist eine leise Drohung, die der Parlamentspräsident da ausspricht. Das EU-Parlament muss dem Kompromiss noch zustimmen.
Stundenlange, zähe Verhandlungen
Am Donnerstagnachmittag waren die Staats-und Regierungschefs zusammengekommen - und hatten die ganze Nacht hindurch über den neuen EU-Haushalt verhandelt: 960 Milliarden Euro soll die Obergrenze des Finanzrahmens in sieben Jahren von 2014 bis 2020 betragen. Bis zu dieser Summe darf die EU also Gelder zusagen. Tatsächlich ausgezahlt werden aber wahrscheinlich nur 908,4 Milliarden Euro. Bislang steht eine endgültige Entscheidung aus.
EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy hatte nach stundenlangen Verhandlungen und Gesprächen in kleinen Runden den Kompromissvorschlag von 960 Milliarden eingebracht. Damit kommt er vor allem den Geberländern wie Deutschland und Großbrittanien entgegen. Für Frankreich und Polen hingegen, die sich vor Kürzungen im Agrarsektor fürchten, ist die Summe der gerade noch tragbare Kompromiss.
Im vergangenen November hatte Van Rompuy noch eine Obergrenze von 1,01 Billionen Euro vorgeschlagen. Das war den Geberländern, allen voran Großbritannien, zu hoch. Eine Einigung kam nicht zustande. Mit dem neuen Kompromiss würde zum ersten Mal ein Finanzrahmen beschlossen, der kleiner ausfällt als in den Jahren zuvor.