Hauptversammlung:Altlasten bei Stada

Stada Arzneimittel

Eine Mitarbeiterin überprüft die Produktion von Kapseln bei der Arzneimittelfirma Stada.

(Foto: Frank Rumpenhorst/dpa)

Der Aufsichtsrat wirft ehemaligen Vorständen eine "schwerwiegende Verletzung" ihrer Pflichten vor. Der Verkauf der Markenrechte an Ladival wird untersucht.

Von Elisabeth Dostert, Frankfurt

Seit knapp zwei Wochen hat der Generikahersteller Stada einen neuen Mehrheitsaktionär, die Finanzinvestoren Bain Capital und Cinven. Ruhe kehrt nicht ein. Die Hauptversammlung am Mittwoch in Frankfurt begann mit einem Eklat. Anders als in der schriftlichen Einladung vorgesehen, kündigte der Stada-Aufsichtsrat zu Beginn des Aktionärstreffens an, die früheren Vorstände Hartmut Retzlaff, Matthias Wiedenfels und Helmut Kraft wegen "schwerwiegender Pflichtverletzungen" nicht entlasten zu wollen. Die Vorwürfe belege ein Untersuchungsbericht, der seit vergangener Woche vorliegt. Wer sich was genau zu Schulden hat kommen lassen, wollte Aufsichtsratschef Carl Ferdinand Oetker nicht sagen. Er redete viel und blieb vage. Es seien Beraterverträge abgeschlossen worden "ohne erkennbare Beraterleistung". Über Umsätze im Zusammenhang mit einer Transaktion, die der Wirtschaftsprüfer nicht nachvollziehen konnte, was zu einer Verschiebung der Bilanzpressekonferenz führte, sei der Aufsichtsrat "nicht transparent informiert" worden, so Oetker, der wie vier weitere Kontrolleure Ende September sein Amt niederlegen wird. Wiedenfels und Finanzvorstand Kraft waren Anfang Juli zurückgetreten. So freiwillig, wie der Rücktritt damals dargestellt wurde, war er wohl nicht. Das Vertrauen in ihre Integrität sei zerrüttet gewesen, sagte Oetker am Mittwoch. Dabei hatte Wiedenfels erst im Sommer 2016 seinen langjährigen Vorgänger Retzlaff abgelöst.

"Viele Angelegenheiten sind nicht nicht sauber gelaufen und müssen schonungslos aufgeklärt werden."

In einem während der Hauptversammlung verbreiteten Schreiben widerspricht Wiedenfels den Vorwürfen. Der Vorschlag des Aufsichtsrats, die Entlastung zu verweigern, sei nicht nachvollziehbar, lässt Wiedenfels über seine Anwälte ausrichten. Noch vor "wenigen Tagen" hat sich Oetker demnach gegenteilig geäußert; die in der Hauptversammlung genannten "lange bekannten geschäftlichen Themen" böten keinen Anhaltspunkt für Pflichtverletzungen.

In der Abstimmung setzte sich dann der neue Vorstand unter Führung von Engelbert Tjeenk Willink mit seinem Antrag durch. Die Abstimmung über die Entlastung des alten Vorstands wurde vertagt.

Die Protagonisten lieferten eine "Daily Soap" mit dem Titel "Alle zusammen - jeder für sich", kritisierte Winfried Mathes von der Investmentgesellschaft Deka Invest. Stada sei ein Lehrstück, was schlechte Unternehmensführung anrichte. Unruhe und Unordnung seien das Einfallstor für Finanzinvestoren gewesen, so Mathes. "Viele Angelegenheiten sind bei Stada nicht sauber gelaufen und gehören schonungslos aufgeklärt", sagte Peter Barth von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW).

Dazu gehört für ihn auch der Verkauf der Markenrechte am Sonnenschutzmittel Ladival für 30 Millionen Euro an eine Firma Ladival Ende 2013. Sie gehört, wie das Magazin Wirtschaftswoche zuerst berichtete, dem ehemaligen Investmentbanker Ingo Söhngen, der ein guter Bekannter von Ex-Vorstand Retzlaff sei. Seither muss Stada Lizenzgebühren zahlen. Den Verkauf hatte Stada nie öffentlich mitgeteilt. Intern war er mit "grundsätzlichen Finanzierungserwägungen" begründet worden. Daran, ob der Verkauf sinnvoll gewesen sei, gebe es mittlerweile Zweifel, so Finanzvorstand Bernhard Düttmann. Dazu gebe es eine Untersuchung. Barth hadert wie andere Aktionäre auch mit der Übernahme durch Bain und Cinven und dem angepeilten Beherrschungs-und Gewinnabführungsvertrag. "Das können sie sich nicht als unternehmerische Leistung ans Revers heften", so Barth. Für Vorstandschef Willink ist "Eigenständigkeit keine Option" für Stada. Im zweiten Versuch hatten sich die Finanzinvestoren über das Übernahmevehikel Nidda Healthcare 63,85 Prozent des Kapitals gesichert. Es könnte noch mehr werden, bis Freitagnacht können freie Aktionäre ihre Papiere andienen. Zu ihnen gehört der US-Investor Paul Singer, der über seinen Fonds Elliott 10,9 Prozent des Kapitals hält. Zocker wie er haben den Preis der Aktie in den vergangenen Tagen bis auf fast 84 Euro getrieben.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: