Hartz-IV:Regierung will weniger Geld für Langzeitarbeitslose ausgeben

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Langzeitarbeitslose haben es am Arbeitsmarkt meist besonders schwer. (Foto: Patrick Seeger/dpa)
  • Union und SPD kündigen in ihren Wahlprogrammen an, mehr für Langzeitarbeitslose tun zu wollen. Im Bundeshaushalt findet sich davon wenig wieder.
  • Der Etat für 2018 sieht für die sogenannten "Leistungen zur Eingliederung in Arbeit" sogar weniger Geld vor als bislang.

Von Thomas Öchsner, Berlin

Bundeskanzlerin Angela Merkel ist sich sicher: Um Vollbeschäftigung in Deutschland zu erreichen, sei es nötig, "die über eine Million Menschen anzuschauen, die dauerhaft langzeitarbeitslos sind". Ziel müsse es sein, "möglichst viele Menschen in Arbeit zu bringen". Das sagte die CDU-Chefin bei ihrem Wahlkampfauftritt in Dortmund. Auch in ihren Wahlprogrammen kündigen Union und SPD an, mehr für Langzeitarbeitslose tun zu wollen.

Programme sind das eine, sie durchzusetzen ist jedoch eine ganz andere Frage: Dies zeigt ein Blick in den mehr als 1000 Seiten starken Entwurf für den Bundeshaushalt für 2018, den die Bundesregierung Ende Juni beschlossen hat. Dort hat Brigitte Pothmer, arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Grünen, entdeckt, dass nicht mehr, sondern weniger Geld für die Förderung von Jobsuchern im Hartz-IV-System vorgesehen ist. Die Grünen-Abgeordnete sagt deshalb: "Union und SPD versprechen Langzeitarbeitslosen ein Füllhorn an Unterstützung, aber in Wirklichkeit regiert bei ihnen der Rotstift."

Wie viel gestrichen wird, ist in den Etatansätzen nachzulesen: 2017 waren 4,443 Milliarden Euro innerhalb des Hartz-IV-Systems für "Leistungen zur Eingliederung in Arbeit" vorgesehen. 2018 plant Schäuble mit 4,185 Milliarden Euro, also genau 258 Millionen Euro weniger. Bei den Verwaltungskosten für die staatliche Grundsicherung (Hartz IV) sind 2018 noch 4,55 Milliarden Euro vorgesehen. 2016 wurden aber etwa 5,13 Milliarden Euro ausgegeben. In den vergangenen Jahren wurden deshalb stets Hunderte Millionen aus dem Topf für die Förderung und Qualifizierung von Arbeitslosen herausgenommen, um steigende Ausgaben in den Jobcentern für Personal, Gebäude oder Energie auszugleichen. Für Pothmer ist klar: Bleibt es bei diesen Etatansätzen, müssen die Jobcenter wieder Geld umschichten.

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Geplant wurde das alles aber gegen den Willen von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD). Wäre es nach ihr gegangen, hätte Schäuble für die Arbeitsförderung und die Verwaltungskosten im Hartz-IV-System etwa eine Milliarde Euro mehr an Mitteln veranschlagen müssen, heißt es im Bundesarbeitsministerium. Mit dieser Forderung konnte sie sich aber bei Schäuble und Kanzlerin Angela Merkel nicht durchsetzen. Auch Nahles hält die Arbeit der Jobcenter für "strukturell unterfinanziert". Sie wolle nun dafür kämpfen, dass diese "den erforderlichen finanziellen Handlungsspielraum erhalten", sagte sie der Süddeutschen Zeitung. "Wenn Merkel sagt, wir schaffen das, muss sie auch sagen: Wir finanzieren das. Wenn Merkel sagt: Vollbeschäftigung, muss sie den Menschen auch ein Angebot machen und nicht kneifen, wenn es zum Schwur kommt."

In einem internen Papier hat das Bundesarbeitsministerin schon mal ausgerechnet, was es kosten würde, zum Beispiel das Modellprogramm "Soziale Teilhabe" als regelmäßiges Angebot einzuführen. Damit gäbe es im ersten Jahr für Arbeitgeber einen Lohnkostenzuschuss von 100 Prozent, wenn sie einen Arbeitslosen beschäftigen, der mindestens acht Jahre ohne Erfolg auf Jobsuche war. Den Zuschuss, der von Jahr zu Jahr sinkt, gibt es maximal fünf Jahre. Auch ein Coach wird dem früheren Arbeitslosen zur Seite gestellt. Die Mehrausgaben für so ein Programm mit 100 000 Teilnehmern beziffert das Arbeitsministerium mit 1,9 Milliarden Euro im ersten Jahr.

Ob es bei den Kürzungen bleibt oder mehr für die Förderung von Langzeitarbeitslosen investiert wird, muss die nächste Regierung entscheiden. Pothmer fordert jedenfalls schon mal "mehr Geld für Qualifizierungen, besser ausgestattete Jobcenter und einen verlässlichen sozialen Arbeitsmarkt. Sonst bleiben Langzeitarbeitslose abgehängt."

© SZ vom 14.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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