Hartz IV:Ein bisschen Herz für Arbeitslose

In Berlin droht neuer Koalitionskrach: Nach Meinung der Union haben Arbeitslose bislang zuviel Unterstützung vom Staat kassiert. Die Christdemokraten wollen daher die Hartz IV-Leistungen kürzen. Doch Arbeitsminister Müntefering stellt sich quer.

Der Streit um Hartz IV entbrannte nach der Auswertung der neuesten so genannten Einkommens- und Verbrauchsstichprobe. Die Stichprobe legt das Statistische Bundesamt alle fünf Jahre vor. Sie gibt Auskunft über die Ausgaben deutscher Haushalte. Auf der Grundlage der Stichprobe errechnet die Regierung das soziokulturelle Existenzminimum. Dessen Höhe entspricht dem Arbeitslosengeld II.

Müntefering

Lehnt Kürzungen bei Hartz IV ab - Arbeitsminister Franz Müntefering.

(Foto: Foto: dpa)

Von dem errechneten Betrag für das Existenzminimum hängt die Grundsicherung im Alter sowie der Grundfreibetrag für die Einkommensteuer ab. Dem derzeit gültigen Regelsatz beim Arbeitslosengeld II liegt die Stichprobe von 1998 zugrunde, weil beim Start von Hartz IV die Zahlen von 2003 noch nicht ausgewertet waren. Dies ist erst in den vergangenen Monaten erfolgt.

Nach Auswertung der neuen Daten will Arbeitsminister Franz Müntefering den Regelsatz für Hartz IV künftig bundesweit auf 345 Euro festlegen, hieß es aus Koalitionskreisen. Der Satz gilt bereits in Westdeutschland, für den Osten hatte die große Koalition erst kürzlich die Anhebung auf diese Höhe beschlossen.

Angesichts der unerwartet hohen Kosten von Hartz IV halten insbesondere Unionspolitiker dies inzwischen für einen Fehler. Stattdessen hätte man besser eine Senkung auf den in Ostdeutschland gültigen Satz von 331 Euro beschließen sollen.

CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer erklärte, die Koalition müsse wegen der Milliardenausgaben für Hartz IV die Arbeitsmarktreform erneut korrigieren.

Unionsfraktion fordert Kürzungen

Angesichts der steigenden Kosten durch die Hartz-IV-Gesetzgebung forderte der haushaltspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Steffen Kampeter (CDU), die Kürzung der Leistungen für Langzeitarbeitslose. Im Gespräch mit der Chemnitzer Freien Presse verlangte Kampeter die Streichung der bislang gewährten Zuschläge für die Hartz-IV-Empfänger.

Es sei ungerecht, wenn die Hartz-IV-Bedarfsgemeinschaften inzwischen materiell erheblich besser gestellt seien als Beschäftige im Niedriglohnbereich, sagte Kampeter. Das Arbeitslosengeld II mit all den Zuschlägen dürfe nicht als dauerhaftes Grundlohnsystem fehl interpretiert werden. Die wenigsten Langzeitarbeitslosen müssten tatsächlich von 345 oder 331 Euro leben. Die Hartz-IV-Gesetze müssten daher grundlegend reformiert werden.

Söder: Hartz IV ist ein Milliardengrab

Kritik übte auch der CSU-Generalsekretär Markus Söder: "Hartz IV ist ein Milliardengrab mit rund zehn Milliarden Minus allein im letzten Jahr", sagte der bayerische Politiker der Berliner Zeitung. "Allen ist klar, dass das so wie bisher nicht funktioniert."

Eine grundlegende Überarbeitung der Reform lehnte Söder allerdings ab. "Es schafft kein Vertrauen in die Politik, wenn wir die Strukturen nach eineinhalb Jahren schon wieder völlig umkrempeln."

Das Bundeskabinett hatte Anfang Mai Korrekturen am Hartz-IV-Gesetz beschlossen. Die Regierung will damit vor allem die steigenden Kosten für das Arbeitslosengeld II begrenzen.

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