Süddeutsche Zeitung

Geschäft mit Tropenholz:Gartenmöbel aus der Hölle

  • Aus der Zentralafrikanischen Republik wird viel Holz nach Deutschland eingeführt. Möglicherweise werden damit Waffen in dem Bürgerkrieg finanziert.
  • Grund ist das deutsche Holzhandelsgesetz, in dem es keine Regelung zum Umgang mit Schmiergeldern gibt.
  • Für deutsche Kunden ist es fast unmöglich, die Herkunft von Tropenhölzern herauszufinden.

Von Katrin Langhans

Der Tisch könnte mit Holz aus der Zentralafrikanischen Republik geschreinert sein, mit Stämmen aus Bolivien oder mit Brettern aus Kanada, wer weiß das schon? Der Händler, der das Holz in die Bundesrepublik eingeführt hat, weiß es. Aber er muss dem Kunden keine Auskunft geben.

So könnte es sein, dass der Tisch, der in einem deutschen Möbelhaus verkauft wird, Waffen mitfinanziert hat, mit denen Rebellen im blutigen Bürgerkrieg in der Zentralafrikanischen Republik gekämpft haben. Mit dem Kauf könnte man das Risiko eingehen, das Leben von Rebellengruppen mitzufinanzieren, die in den vergangenen zwei Jahren Tausende Menschen ermordet und Hunderttausende in die Flucht getrieben haben.

Aber man weiß es nicht. Und wird es wohl auch in Zukunft nicht ausschließen können, Holz zu kaufen, an dem Blut klebt. Aber erst mal von vorne.

Mitte Juli hatte die Nichtregierungsorganisation Global Witness Holzfällerfirmen vorgeworfen, dass sie den Bürgerkrieg in der Zentralafrikanischen Republik in den vergangenen zwei Jahren über Bestechungs- und Schutzgelder mitfinanziert haben. Auch die Süddeutsche Zeitung hatte über den Report berichtet, aus dem hervorgeht, dass allein die Séléka-Rebellen über Checkpoints und Schutzgelder im Jahr 2013 mehr als drei Millionen Euro eingenommen haben sollen, die gegnerischen Anti-Balaka ein Jahr später mehr als 100 000 Euro. UN-Experten kamen in einem Bericht Mitte 2014 ebenfalls zu dem Schluss, dass wohl Schutzgelder gezahlt wurden. Auf Druck des Auslands gibt es zwar seit etwa einem Jahr eine Übergangsregierung, aber Global Witness geht davon aus, dass die Schmiergeldpraxis weiter anhält. Das Holz wird in den Wäldern im Süden des Landes geschlagen, die zum zweitgrößten Regenwald der Welt gehören, der sich vom Kongobecken über die Zentralafrikanische Republik bis nach Kamerun auf etwa 180 Millionen Hektar streckt. Per Trucks wird es zum Hafen nach Kamerun gefahren und schippert über den Ozean - auch bis nach Deutschland. Laut einer geleakten Präsentation des Forstministeriums der Zentralafrikanischen Republik soll die Bundesrepublik nach China mit 56 000 Kubikmetern Holz der zweitgrößte Abnehmer des Tropenholzes aus der Zentralafrikanischen Republik sein.

"Moralisch gesehen mag das fragwürdig sein."

Einer, der den Großteil seines Holzes aus der Zentralafrikanischen Republik bezogen hat, bevor er sein Unternehmen Anfang des Jahres liquidierte, ist der ehemalige Makler Jens Jarr. In den vergangenen zwei Jahren vermittelte er über seine Firma Johann D. Voss & Co. GmbH von Hamburg aus Holz an mindestens fünf Endkunden. Die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE), die in Deutschland die Einfuhr von Holz überwacht, hat vier dieser Unternehmen bereits geprüft. Zwei untersucht sie derzeit erneut, bei einem dritten ist eine Prüfung geplant.

Bisher sieht es aber so aus, als hätten sich weder Jens Jarr noch die Unternehmen juristisch etwas zuschulden kommen lassen. Eine absurde Situation: Denn Jens Jarr wusste sehr wohl, dass die Rebellen ihre Zölle verlangt und auch erhalten haben, wie er auf Anfrage der Süddeutschen Zeitung, schreibt.

Das Problem: Es gibt im Holzhandelsgesetz, das geltendes EU-Recht in Deutschland umsetzt, keine Regelung, die das Zahlen von Schmiergeldern klärt. "In der jungen Vergangenheit des Kontrollsystems hatten wir einen Fall mit Schutzgeldzahlungen noch nicht", sagt Barbara Moitz von der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung. Nun sei es aber prinzipiell so, dass sich derjenige, der Schutzgelder zahlt, gar nicht strafbar macht. "Wenn Sie mit Ihrem Lkw in den Wäldern unterwegs sind und es kommen bewaffnete Rebellen, ist das Zahlen der Schutzzölle aus Angst um Leib, Leben oder Eigentum nicht illegal. Illegal ist hingegen das Eintreiben von Schutzzöllen", sagt Barbara Moitz. "Moralisch gesehen mag das fragwürdig sein, ist aber nach einer ersten juristischen Beurteilung so aufzufassen."

Illegal ist die Einfuhr der Holzware, wenn der, wie es bei der BLE etwas sperrig heißt, "Erstinverkehrsbringer" die Gesetze des Herkunftslandes bricht, also die der Zentralafrikanischen Republik. So müssen die Unternehmen etwa nachweisen, dass sie alle Steuern gezahlt haben, eine Konzession für die Waldgebiete besitzen und die Ware verzollen. Bisher konnten die Unternehmen, die Jens Jarr beliefert hat, bei den Prüfungen alle nötigen Dokumente vorlegen.

Jens Jarr schickte der SZ per Fax eine Stellungnahme der Zentralafrikanischen Regierung. Darin schreibt die Forstministerin Charlotte Isabelle Gaudeuille, dass der Report von Global Witness dem Land wirtschaftlich schade. Die Zentralafrikanische Republik sei "kein Konfliktland" und auch das Holz, dass man exportiere, sei "kein Konfliktholz". Im zweiten Punkt hat die Ministerin wohl recht - zumindest juristisch gesehen.

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Quelle:
SZ vom 07.08.2015/jasch
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