Harold Hamm und der Ölpreis:Opfer des Booms

Harold Hamm

Harold Hamm und seine damalige Ehefrau Sue Ann Hamm im April 2012.

(Foto: dpa)

Eine Milliarde Dollar soll Harold Hamm an seine Ex-Frau zahlen. Doch der Öl-Magnat hadert nicht nur mit seiner Scheidung. Jetzt leidet er auch noch unter dem Ölboom - den er selbst mitproduziert hat.

Von Nikolaus Piper

Unter dem Verfall des Ölpreises müssen viele leiden: Russland, Iran, Venezuela, Exxon - und Harold Hamm. Der heute 69 Jahre alte Selfmademan aus Oklahoma gehörte bis vor Kurzem zu den erfolgreichsten "Wildcattern" der amerikanischen Ölindustrie. Wildcatter, so nennt man Unternehmer, die unter hohem Risiko auf eigene Rechnung nach Öl bohren. Seine Firma Continental Resources wurde groß, weil Hamm als einer der Ersten erkannte, welches Potenzial in der Technik des Frackings liegt, bei der Schiefergestein mittels Wasser, Sand und Chemikalien aufgesprengt und so Öl oder Gas freigesetzt wird. Im Bakken-Schieferfeld in North Dakota gehört Continental heute zu den wichtigsten Produzenten.

Jetzt allerdings wird Hamm zum Opfer des Ölbooms, den er selbst mitproduziert hat. Der Preis für den Rohstoff befindet sich wegen des Überangebots in freiem Fall, und der Aktienkurs von Continental hat sich binnen drei Monaten halbiert. Nach Schätzungen ist auch Hamms persönliches Vermögen in der fraglichen Zeit um 4,4 Milliarden Dollar geringer geworden.

Zu allem Überfluss muss sich Hamm auch noch mit einem der teuersten Scheidungsverfahren der Geschichte herumschlagen. Nach zweieinhalb Jahren Hin und Her hatte ein Gericht in Oklahoma City seiner Ex-Frau Sue Ann Arnall die Summe von 972,7 Millionen Dollar zugesprochen, von denen 320 Millionen noch vor Jahresende zu zahlen wären. Nun legte Arnall Berufung gegen das Urteil ein, weil der Richter das ihr nach 26 Jahren Ehe zustehende Vermögen "grob unterschätzt" habe. Angeblich möchte sie drei Milliarden Dollar haben. Das Verfahren hat bisher 600 000 Seiten Dokumente produziert.

"Mein größter Vorteil liegt darin, dass ich ohne Vorteile geboren wurde"

Harold Hamm stammt aus kleinen Verhältnisse. Er wuchs in Oklahoma als 13. Kind einer armen Kleinpächter-Familie auf. Seinen Aufstieg schaffte er mit Ausdauer, Risikobereitschaft und Rücksichtslosigkeit. Schon als Teenager verdiente er Geld als Jobber an einer Tankstelle. Seine erste Firma - ein Unternehmen für Tanklastzüge - gründete er 1966 mit 21 Jahren. Ein Jahr später stieg er ins Geschäft mit der Ölsuche ein und gründete den Vorläufer von Continental. "Mein größter Vorteil liegt darin, dass ich ohne Vorteile geboren wurde", sagte er einmal.

Beim Versuch, den Ölpreisverfall heil zu überstehen, geht Hamm auf volles Risiko. Anfang November kündigte er Terminkontrakte, mit denen sich Continental gegen weitere Preissenkungen geschützt hatte. Das brachte dem Unternehmen nach einer Kalkulation des Wall Street Journal zwar 433 Millionen Dollar ein, versperrte aber den Weg, zu einem gesicherten Preis unabhängig von der Marktentwicklung in den kommenden Monaten Öl zu verkaufen. Hamm verhielt sich wie einer, der die Feuerversicherung kündigt, wenn um ihn herum schon alles brennt.

Jedenfalls ist der Schritt eine riskante Wette darauf, dass der Ölpreis nicht mehr viel weiter fällt. Tritt die Preiswende tatsächlich ein, spart Continental viel Geld, wenn nicht, sieht es düster aus. Hamms Aktionäre waren von der Aktion nicht begeistert. Seit Continental den Verkauf der Terminkontrakte meldete, hat die Aktie 25 Prozent verloren, viel mehr als die konkurrierender Firmen. Kritik an der Aktion wehrte er ganz im Stile eines Wildcatters ab: "Sie können das nicht als Fehlentscheidung verdammen", sagte er in einem Interview. "Sie haben ja noch nicht gesehen, wie es ausgeht."

Am Donnerstag ging der Sturz des Ölpreises weiter. Ein Fass (159 Liter) der Sorte West Texas Intermediate (WTI) kostete an der Rohstoffbörse Nymex weniger als 60 Dollar, der Preis lag so niedrig wie im Juli 2009. Als Hamm seine Terminkontrakte im November verkaufte, waren es noch 80 Dollar gewesen.

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