Hannover Messe:Fang Hongbo trägt Orange

In Hannover zeigt sich der Chef des chinesischen Konzerns Midea zum ersten Mal öffentlich nach der Übernahme des Roboterhersteller Kuka.

Von Elisabeth Dostert, Hannover

Hannover Messe 2017

Bekenntnis: Hongbo Fang, Chef des chinesischen Midea-Konzerns, hat sich eine Krawatte in der Farbe des erworbenen Roboterherstellers Kuka umgelegt.

(Foto: Silas Stein/dpa)

Farben sind ein Signal. Hongbo Fang, Chef des chinesischen Hausgeräteherstellers Midea, trägt eine leuchtend orangefarbene Krawatte zum schwarzen Anzug. Orange ist die Firmenfarbe des Augsburger Roboterherstellers Kuka, der seit Anfang des Jahres zu Midea gehört. Die Krawatte signalisiert: Ich gehöre zu dir oder du gehörst zu mir oder beides. Zum ersten Mal seit Abschluss der Übernahme Anfang 2017 stellt sich Fang, der sich außerhalb seines Kulturkreises mit Vornamen Paul nennt, in Hannover den Fragen von Journalisten. Nachher trifft er sich noch mit Kuka-Vorstandschef Till Reuter, von dem hat er die Krawatte. Der trägt auch so eine: Du gehörst zu mir, ich gehör' zu dir." Sie zeigen, Kuka und Midea sind eins.

Du gehörst zu mir. Ich gehör zu dir. Oder beides

Wenn Fang über Kuka spricht, dann redet er, so jedenfalls lautet die Übersetzung, von einem Schulterschluss. Ganz so ist es nicht. Midea hat Kuka für 115 Euro je Aktie übernommen, insgesamt rund 4,5 Milliarden Euro. Das Angebot aus China hatte in Deutschland eine heftige Diskussion ausgelöst. Der damalige Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel und EU-Kommissar Günther Oettinger fürchteten den Ausverkauf deutscher Spitzentechnologie. Kuka wurde zum Symbol für Industrie 4.0 und die Digitalisierung der Industrie. Genau deshalb hat Midea das deutsche Unternehmen auch gekauft. China treibt mit Macht die Digitalisierung der Industrie voran, sie ist ein zentraler Bestandteil des staatlichen Programms Made in China 2025.

"Wir hatten mit Widerstand gerechnet", sagt Fang in Hannover freundlich. Midea und Kuka, das sei eine Win-Win-Situation, beide haben etwas davon. Kuka sei zwar global aufgestellt, aber noch kein globales Unternehmen. Sie haben sich die Firma lange angeschaut, bevor sie ein Angebot eingereicht haben. China ist das bevölkerungsreichste Land der Erde und der größte Absatzmarkt für Industrieroboter. Kuka sei nur eine von vielen Übernahmen und auch nicht die letzte. Die Globalisierung ist nicht zu stoppen. Fang sieht sich weiter um: "Es gibt in Deutschland viele Hidden Champions", sagt er. Fang sammelt Unternehmen, die Kollektion seiner Krawatten wächst.

Chinesische Investoren sind nicht die einzigen, die sich für die heimlichen Weltmarktführer aus Deutschland interessieren. Viele davon gehören Familien. Erst vor wenigen Wochen kündigte der US-Investor Warren Buffet, der vor zwei Jahren sein Faible für den deutschen Mittelstand entdeckte, die Übernahme der Wilhelm Schulz GmbH aus Krefeld an, das Unternehmen mit 200 Millionen Euro Umsatz und rund 500 Mitarbeitern stellt Rohre her, Esso und Shell gehören zu den Kunden. Tesla-Chef Elon Musk übernahm im November die Maschinenbaufirma Grohmann aus der Eifel. Die Firma ist auf automatisierte Produktion spezialisiert, genau das, was Tesla braucht, um seine Elektroautos in großen Stückzahlen herzustellen. Musk lernt gerade, was es heißt, sich mit deutschen Gewerkschaften anzulegen. Die IG Metall fordert höhere Löhne und droht mit Streiks. Musk bietet Jobgarantien und Tesla-Aktien für alle.

"Bei Transaktionen in Deutschland müssen wir die Spielregeln einhalten."

Um Kuka ist es still geworden. Die im Zuge der Übernahme geschlossene Investorenvereinbarung sieht unter anderem Job- und Standortgarantien bis 2023 vor. "Bei Transaktionen in Deutschland müssen wir die Spielregeln einhalten. Das sage ich jedem", sagt Fang. Er ist nach Hannover gekommen, um für seine Heimatstadt Foshan und die neue Robotation Academy auf dem Messegelände zu werben. Das deutsche Vorbild gibt es seit 2009 und ist eine Tochter der Deutschen Messe AG, die Kopie in China gehört der Stadt Foshan und ihrem Stadtbezirk Shunde. In einem Pavillon auf dem Messegelände in Hannover können Firmen das ganze Jahr zeigen, was ihre Roboter und Maschinen schon können. Viele, die das in Hannover tun, wie die Firmen Phoenix Contact, Lenze, Kuka oder Harting, wollen das auch in Foshan tun. Dem Tross aus China gehört auch Tang Zheng von der Investitionsförderung des Handelsministeriums an. "Wir müssen begreifen, dass Übernahmen aus China etwas Stinknormales sind", sagt er energisch.

Foshan liegt im Süden Chinas am Perlflussdelta. Sie ist die "Hauptstadt der Fertigungsindustrie" in China und das "weltgrößte Möbelhandelszentrum", heißt es in einem kleinen Werbefilm voller Superlative. Für jeden ist etwas dabei, auch für Menschen, die keine Maschinen bauen und kaufen.

Midea entstand in Shunde, als der Bezirk noch eine selbständige Stadt war. "Wir waren mal ein Start-up", sagt Midea-Chef Fang. Die Firma wurde 1968 von He Xiangjian gegründet und stellte Kunststoffverschlüsse für Flaschen her. 1976 brachte sie den ersten Ventilator heraus. 1993 ging es an die Börse. Die Geschichte liest sich wie die eines deutschen Familienunternehmens, nur das alles viel, viel schneller ging und größer wurde. Midea setzte im vergangen Jahr knapp 19 Milliarden Dollar um. "Wir gehören heute zu den 500 größten börsennotierten Unternehmen der Welt", sagt Fang weiter.

Die Quartalszahlen von Kuka seien gut und belegten, welche positiven Effekte auf dem Markt ein attraktiver Investor habe, sagt Fang. Der Augsburger Konzern, immer noch börsennotiert, veröffentlicht seinen Bericht für die ersten drei Monate erst am Donnerstag. Auch die Feinheiten deutscher Publizitätspflichten muss Fang erst noch lernen.

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