Handy-Sparte:Siemens holt offenbar BenQ ins Boot

Zur Rettung des verlustreichen Mobilfunkbereichs hat sich der Konzern mit dem taiwanesischen Hersteller scheinbar auf ein Joint Venture geeinigt. Siemens soll auch weiterhin als eigenständige Handy-Marke erhalten bleiben.

Wie die Financial Times Deutschland berichtete, einigten sich die Konzerne auf ein Gemeinschaftsunternehmen.

BenQ AP

Der taiwanesische Hersteller BenQ erzielt 60 Prozent seines Umsatzes für andere Unternehmen.

(Foto: Foto: AP)

Eine Siemens-Sprecherin lehnte eine Stellungnahme ab und sagte lediglich, der Aufsichtsrat werde am Nachmittag in einer außerordentlichen Sitzung über den Stand der Dinge in der Mobilfunksparte beraten.

Deutschlands größter Elektronikkonzern sucht seit Monaten einen Partner für die defizitäre Handy-Sparte mit weltweit rund 10.000 Mitarbeitern.

Der neue Siemens-Chef Klaus Kleinfeld, der die Sanierung bei seinem Amtsantritt im Januar zu einer der wichtigsten Aufgaben erklärt hatte, kündigte im April die Ausgliederung des Geschäfts an. Nur wenige Tage später platzte dem Vernehmen nach der Verkauf an den US-Konzern Motorola, den zweitgrößten Handy-Hersteller der Welt.

Gespür für Branchentrends

Der Hersteller BenQ, eine Ausgliederung des Computerkonzerns Acer, könnte in ein Joint Venture laut Financial Times Deutschland neben guten Kenntnissen über die Märkte auch Gespür für Branchentrends einbringen. Die Taiwaner verfügen demnach über einen Marktanteil von 4 Prozent.

Siemens war zuletzt auf einen Anteil von rund 5,5 Prozent und damit auf Platz 6 zurückgefallen. Das Geschäft hatte sich nicht von einer Softwarepanne im vergangenen August erholt; damals ließ ein zu lauter Ausschaltton bei der 65er-Reihe Absatzzahlen und Preise einbrechen. Zudem wurde Siemens in der Vergangenheit vorgehalten, Trends im Handymarkt verschlafen zu haben. Marktführer Nokia hat einen Weltmarktanteil von gut 30 Prozent.

Handy-Sparte soll bleiben

Die Handy-Marke Siemens soll nach Kleinfelds Willen auch bei einem Joint Venture bestehen bleiben. BenQ erzielt der Zeitung zufolge derzeit 60 Prozent seines Umsatzes mit der Produktion für andere Unternehmen. Außerdem fertigt der Konzern Flachbildschirme und Laptops.

Siemens holt offenbar BenQ ins Boot

Siemens favorisiert langfristig den Ausstieg aus dem Handy-Geschäft, das dem Konzern im vergangenen Quartal einen Verlust von 138 Millionen Euro bescherte.

Dagegen sprechen sich allerdings die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat aus. Sie fürchten, dass der Rückzug aus dem Endkunden-Geschäft die gesamte Kommunikationssparte (Com) gefährdet. Siemens hatte Anfang Oktober die Festnetz- und Mobilfunkaktivitäten zum Bereich Com zusammengelegt. Für die größte Siemens-Sparte arbeiten insgesamt rund 60.000 Angestellte, die Hälfte davon in Deutschland.

Mahnungen der Gewerkschafter

Die IG Metall hat den Siemens-Konzern aufgefordert, bei einem Teilverkauf an BenQ selbst Mehrheitseigner zu bleiben. "Siemens darf sich nicht aus der Verantwortung stehlen", sagte der IG-Metall-Bevollmächtigte Heinz Cholewa.

Es sei fraglich, ob das Bocholter Siemens-Werk, wo 2000 Mitarbeiter schnurlose Festnetz- Telefone herstellen, Teil des Joint Ventures werden soll. Siemens- Mobiltelefone werden im benachbarten Kamp-Lintfort produziert.

Von einer Lösung im defizitären Handy-Geschäft sind in Deutschland rund 6.000 Mitarbeiter betroffen. Kleinfeld hatte kürzlich versichert, dass die Standortgarantie für die Werke Bocholt und Kamp-Lintfort bis 2006 und darüber hinaus gelte. Siemens hatte die Zusage 2004 gegeben.

Im Gegenzug akzeptierten die Beschäftigten unter anderem längere Arbeitszeiten ohne Lohnausgleich. Die Arbeitskosten sollten dadurch laut Siemens um 30 Prozent gesenkt werden und damit nicht mehr höher sein als in Ungarn.

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