Süddeutsche Zeitung

Handy-Markt:Nokia verwirft seine Ziele

Nokia gerät immer tiefer in die Krise. Der Handy-Hersteller findet einfach kein Rezept gegen Apple - und musste nun seine Geschäftsziele für das Gesamtjahr zurückziehen. Der Aktienkurs fiel auf den tiefsten Stand seit mehr als zehn Jahren.

Der angeschlagene finnische Handy-Hersteller Nokia taumelt tiefer in die Krise. Der einst unangefochtene Marktführer kann wegen der scharfen Konkurrenz durch iPhone & Co bei weitem nicht so viele Telefone verkaufen wie bislang erhofft und zog deshalb am Dienstag zum Schrecken der Anleger seine Geschäftsziele für das Gesamtjahr zurück. Der Aktienkurs der Finnen stürzte daraufhin um 15 Prozent ab und fiel dabei unter fünf Euro - der tiefste Stand seit mehr als zehn Jahren.

In seinem zunehmend verzweifelten Kampf gegen den Abstieg aus der Topliga der Handy-Hersteller hatte Nokia erst Ende April den Abbau von 7000 Stellen angekündigt. Zudem schmiedete die Firma eine Handysoftware-Allianz mit Microsoft. Doch bisher ist keine Besserung in Sicht.

Die Smartphones mit Microsoft-Betriebssystem sollen das Ruder auf dem boomenden Markt der Alleskönner-Mobiltelefone herumreißen, auf dem Apple mit seinem Trendsetter-Handy iPhone sowie Geräte mit der Google-Software Android dominieren. Branchenexperten zweifeln jedoch zunehmend an den Erfolgsaussichten dieses Plans. "Man kann sich immer schwerer vorstellen, dass Nokia eine Mobiltelefon-Generation überspringen kann und bis Anfang 2012 mit der Konkurrenz gleichzieht", sagte Thomas Langer von der WestLB. Jari Honko von der Swedbank fügte hinzu: "Jetzt kommt die ganze Wahrheit über die mangelnde Wettbewerbsfähigkeit von Nokia ans Licht."

Nokia räumte ein, derzeit deutlich weniger Telefone als erwartet loszuwerden und die Geräte zudem billiger als geplant anbieten zu müssen. Daher werde der Nettoumsatz in den zentralen Geschäftssparten Geräte und Dienstleistungen im zweiten Quartal unterhalb der bisher angepeilten 6,1 bis 6,6 Milliarden Euro liegen. Die Ziele fürs dritte und vierte Quartal sowie fürs Gesamtjahr seien damit ebenfalls hinfällig.

Der Nokia-Marktanteil verringerte sich bereits im ersten Vierteljahr auf 29 Prozent nach 33 Prozent ein Jahr zuvor. Dabei hat der Branchenprimus gleich an zwei Fronten mit Angreifern zu kämpfen: Zum einen jagen ihm asiatische Konkurrenten Kunden in dem eigentlich finnisch dominierten Segment für günstigere Handys ab. Zum anderen setzt der Mac-Computer- und iPod-Hersteller Apple - im Vergleich zu Nokia ein Neuling im Handy-Geschäft - in der oberen Preisklasse den Siegeszug mit seinem iPhone fort. Beim Handy-Gesamtumsatz hat Apple Marktforschern zufolge Nokia inzwischen überholt, obwohl Nokia bei der Zahl der verkauften Geräte weiter die Nase vorne hat.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.1103961
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
Reuters/SZ vom 01.06.2011
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.